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während wir hier stehen, um Druck zu machen dafür, dass erwerbslos Gemachte, prekär Beschäftigte und Niedriglöhner sich auch in der ZWEITEN Monatshälfte noch die Fahrt zum Facharzt in die Stadt leisten können, zu Bekannten und Verwandten, die Fahrt zu Beratungsstellen, Veranstaltungen, Behörden, die Fahrt zum Einkauf, zur Tafel, Suppenküche, Kleiderkammer oder einfach mal die Fahrt ins Grüne ...

... während wir hier also stehen, knallen andernorts die Sektkorken. Gestern ging durch die Medien wieder der Bericht von einem neuen Rekord: „Größter BRD-Finanzkonzern feiert mit sechs Milliarden Euro ein Gewinnplus von 70 Prozent und eine Eigenkapitalrendite von 25%“. Die Rede ist von der Deutschen Bank, die in den letzten Jahren weltweit 30.000 Arbeitsplätze abgebaut und damit IHREN Teil zur skandalösen Massenerwerbslosigkeit beigetragen hat. Sie ist keineswegs ein Einzelfall. Die im Deutschen Aktienindex geführten großen Unternehmen sahnten allesamt kräftig ab.

Zwei Seiten der gleichen Medaille. Das Volkseinkommen, die Gesamtheit aller Einkommen stieg im letzten Jahr um 42 Milliarden € und unsere Gesellschaft - als Ganzes betrachtet - wird immer reicher. Aber dieser Reichtum wird immer einseitiger auf dem einen Pol dieser Gesellschaft angehäuft, dem der Kapitalbesitzenden, während auf dem anderen Pol die Armut immer drastischere Ausmaße annimmt.

Doch nicht diese unleugbare Tatsache wird von den Hartz-IV-Parteien in Berlin, Düsseldorf und Dortmund angegriffen! In Frage gestellt werden vielmehr die Löhne, soziale Standards und Sozialleistungen, die über Jahrzehnte hinweg erkämpft wurden. Finanzminister Steinbrück forderte im August letzten Jahres, wir sollten im Interesse unseres Landes weiteren Sozialabbau durch Verzicht auf Urlaubsreisen ausgleichen. Übersehen hat er dabei wohl, dass sich Millionen von Menschen Urlaubsreisen schon längst nicht mehr leisten können.  Während der Bevölkerung in diesem Jahr Steuern und Abgaben um über 30 Milliarden € erhöht werden, wandert ein Drittel davon direkt in die Taschen der Unternehmer in Form von Steuersenkungen. Ein weiterer Teil geht in die Rüstung und Auslandseinsätze der Armee.

Die Reichen werden reicher, weil die Lohnabhängigen ärmer gemacht werden. Die Regierung hilft dabei. Nicht etwa, weil sie inkompetent und zu blöd ist oder falschen Wirtschaftslehren hinterherläuft. Diese Politik hat System und Methode und lässt sich auf einen Nenner bringen:  die Kapitalverwertung, siehe Eigenkapitalrendite von 25% bei der Deutschen Bank, muss maximal gefördert werden, um im globalen Konkurrenzkampf die Nase vorn zu haben, die Nase der Konzerne. Das geht nur, wenn den Lohnabhängigen, den erwerbstätigen wie den erwerbslosen, die Nasen noch tiefer in den Dreck gesteckt werden.

Doch zurück zu unserem heutigen Thema: Es gibt Leute, die die Forderung nach einem Soliticket zum Nulltarif nicht unterstützen wollen, weil das ja nur ein Tropfen auf den heißen Stein sei, es müsse vielmehr Arbeitslosengeld und Sozialhilfe in einer Höhe gefordert werden, dass sich ein Soliticket erübrige. Recht haben sie: Arbeitslosengeld II und die Leistungen nach dem SGB XII müssen tatsächlich massiv erhöht werden, um denen, die ins Heer der – für die Kapitalverwertung - Überflüssigen gezwungen werden, ein einigermaßen erträgliches Leben und ein Mindestmaß an sozialer Teilhabe zu ermöglichen.

In den neuen sozialen Bewegungen hat sich inzwischen weitgehend durchgesetzt, als ersten Schritt eine Erhöhung auf mindestens 500 € plus Miete und HK zu fordern. Diese Forderung ist gut begründet. Am Stand des Sozialforum Dortmund liegt ein Argumentationsblatt dazu aus.Die Durchsetzung sollte mit aller Kraft angegangen werden, ist aber sicher kein sehr kurzfristiges Unternehmen, wäre immer noch ein Armutseinkommen, und erübrigt damit keineswegs die Forderung nach einem Sozialticket zum Nulltarif im ÖPNV hier und jetzt. Ein Sozialticket kann bei entsprechendem politischen Willen, sprich Druck von unten, sehr schnell vor Ort realisiert werden, würde den Berechtigten zumindest auf einem Teilgebiet, dem sehr wichtigen der sozialen Mobilität, Entlastung bringen. Sie würde im übrigen die Kommune mit Sicherheit nur einen Bruchteil dessen kosten, was jährlich allein in die Subventionierung des Flughafens geht.Lasst uns gemeinsam den notwendigen Druck machen!

Warum aber ein Sozialticket zum NULLtarif? Weil im Arbeitslosengeld II und Eckregelsatz des SGB-XII gerade mal  14,03 €  pro Monat für sogenannte „fremde Verkehrsleistungen“ vorgesehen sind.Wenn ich einmal im Jahr meine Kinder und meine Eltern besuche, sagen wir in Frankfurt und Bremen (so weit ist das ja nicht), ist schon der gesamte JAHRESsatz für Verkehrsleistungen futsch. Da bleibt für den ÖPNV NullKommaNichts über. Wer das nicht berücksichtigt, geht m.E. an der üblen Hartz-IV-Realität vorbei.

Ein zusätzliches Argument für den Nulltarif auf Dortmund-Pass ist die Tatsache, dass er so gut wie keine Verwaltungskosten nach sich zieht. Den Dortmund-Pass gibt’s eh schon bei den Sozialämtern der Stadtbezirke und damit hätte es sich dann. Allerdings muss viel besser und breiter über den Dortmund-Pass informiert und aufgeklärt werden!

Durchsetzen werden wir unsere Forderungen nur, wenn sehr viele aufstehn und aktiv werden - insbesondere auch die unmittelbar Betroffenen, und wenn wir uns vor allem nicht auseinanderdividieren lassen. Die Grenzen verlaufen nämlich nicht zwischen Erwerbslosen und Erwerbstätigen, nicht zwischen Jungen und Alten, nicht zwischen Eingeborenen und Menschen ausländischer Herkunft, nicht zwischen den Völkern!  Die Grenzen verlaufen zwischen oben und unten.

In diesem Sinne:  Glück auf!

Redebeitrag von Sturmi Siebers zum Aktionstag des Sozialforum Dortmund für ein "Sozialticket zum Nulltarif" am 03.02.2007

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