SPD Dortmund will jetzt Sozialticket für Arme lösen
Der SPD-Unterbezirk will sich in Berlin stark für die Schwächsten in der Gesellschaft machen. In Dortmund ist überdies die Einführung eines "Sozialtickets" geplant, mit dem zumindest die Nutzung von Bus und Bahn gratis sein soll.
In einer lebendigen Diskussion empfahl Franz-Josef Drabig im Unterbezirk, dass die Genossen wieder ihr Augenmerk auf ihre "traditionell ureigenste Domäne" richten sollten: die Sozialpolitik. Die "notwenigen Anpassungen in Sachen SGB II und Hartz IV" sollten in Berlin nicht nur in den Hinterzimmern diskutiert werden, empfahl Unterbezirksvorsitzender Drabig.
"Wenn sich in der Praxis Fehlentwicklungen zeigen, muss die Bundesregierung gegensteuern und nacharbeiten!" fordert die SPD. "Die krassen Unterschiede in der Einkommensentwicklung dürfen nicht dazu führen, dass wir Menschen von der gesellschaftlichen Entwicklung ausschließen."
Dabei zielt die SPD auf die wachsende Kinderarmut, ein ungerechtes Bildungssystem, wie sie sagt, sowie die Bedrohung der Kitas durch das geplante Kinderbildungsgesetz der Landesregierung in NRW. Die Ausbildung der Kinder dürfe nicht vom Einkommen und sozialer Stellung der Familie abhängig sein.
In einem ersten Schritt will die SPD nun eine Arbeitsgruppe einrichten, die die Einzelheiten zur Einführung eines Sozialtickets erörtert.
"Das Sozialticket soll besonders Bedürftigen ermöglichen, kostenlos mit Bus und Bahn im Stadtgebiet Dortmund zu fahren", plant die SPD. Dabei werde nicht nur auf Hartz IV-Empfänger abgehoben, sondern auf alle Menschen mit vergleichbar geringem Einkommen, so die SPD gestern.
Ziel: Mehr Gerechtigkeit
Ziel sei es, mehr Gerechtigkeit zu schaffen.
Der Arbeitskreis, dem Landtagsabgeordnete Gerda Kieninger und der stellvertretende Parteivorsitzende Dortmunds, Armin Jahl, angehören, sollen jetzt das Sozialticket mit Leben füllen. Für externen Sachverstand sorgen DGB-Chef Eberhard Weber und Arge-Geschäftsführer Frank Neukirchen-Füsers.
Jahl: "Wenn, dann wollen wir ein gerechtes Sozialticket und nicht nur populistisch eines fordern, bei dem unter Umständen diejenigen nicht in den Genuss kommen, die es mindestens genauso gut oder sogar nötiger gebrauchen könnten."
In Entsprechung mit dem Landesparteirat möchte der SPD-Unterbezirk noch im Herbst einen Antrag an die Bundes-SPD nach Berlin auf den Weg bringen. (GN)
DER KOMMENTAR Die "Herzkammer" der SPD, wie der Unterbezirk Dortmund gerne genannt wurde, beginnt wieder zu schlagen. In einer Zeit, in der soziale Belange unter die Räder zu geraten drohen, ist es gut, dass die SPD sich darauf besinnt, dass ihr Herz links schlägt.
Auch wenn die SPD in Berlin mitregiert, darf sie ihr soziales Profil nicht aus den Augen verlieren. Genau dieser Umstand hat einer Linkspartei erst den Aufschwung beschert.
Vielen Menschen geht es schlechter. Da braucht man sich nur die Schlangen vor der Dortmunder Tafel anzusehen. Sie kann gar nicht alle Bedürftigen mit günstigen Lebensmitteln versorgen. Diese Menschen sehen in der SPD den Schuldigen, der ihnen Hartz IV erst eingebrockt hat.
Eine Million Kinder in Deutschland gelten als arm. Diese Armut hat zweifelsohne Folgen für das Bildungssystem. Und von Chancengleichheit kann spätestens dann nicht mehr geredet werden, wenn fürs Studium bezahlt werden muss.
Weniger gut ausgebildete Menschen bedeuten aber - wirtschaftlich gesehen - weniger qualifizierte Jobs. Und damit auch weniger Steuereinnahmen und im Zweifel mehr Hartz IV-Empfänger.
Es ist also gut, dass sich die SPD jetzt für die Schwächeren einsetzen will und das Feld nicht extremen Parteien überlässt
Quelle: Westfälische Rundschau vom 07.09.07