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Hände Weg vom Sozialticket

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Zur gesellschaftlichen Teilhabe: Sozialticket erhalten! Unter diesem Motto fand am Donnerstag den 05.11.2009 im Wichern-Haus eine Veranstaltung für den Erhalt bzw. die Fortentwicklung des Sozialtickets statt. Wir haben die Vorträge und Diskussionsbeiträge aufgezeichnet:


anhören (Dauer 2 Stunden, im ogg-Format, knapp 40 MB groß)


Eine kurze Zusammenfassung:


Einführung und Moderation: Heiko Holtgrave, Akoplan

Daniel Kreutz, Köln (ab Minute 7:45)
Damit ein Sozialticket seinen Zweck erfüllen kann sind 5 Punkte wichtig:

  1. Der Preis muss stimmen. Ein Sozialticket darf nicht teurer sein, als der Anteil für Mobilität der im Regelsatz vorgesehen ist.
  2. Die Mobilitätsbedarfe der Menschen sind sehr unterschiedlich. Nicht jede/r muss so oft mit Bus oder Bahn fahren, dass sich ein Monatsticket lohnen würde. Deshalb sind wie z.B. in Köln auch verbilligte Einzel- bzw. 4er-Tickets erforderlich.
  3. Auch Menschen mit geringem Einkommen müssen einen Anspruch auf verbilligte Tickets haben, wie z.B. in Köln.
  4. Kein gesondertes Antragsverfahren für das Sozialticket, es sollte automatisch bei der Bewilligung eines Fürsorgeantrages erteilt werden.
  5. Es gibt auch Bedarf über die Stadtgrenzen hinaus zu fahren, dass muss auch möglich sein.

Sozialtickets sind allerdings nur die zweitbeste Lösung. Sie gehören zu einer Sonderstruktur zur Versorgung der Armen. Besser wären ausreichende Regelsätze die vor Armut und Ausgrenzung schützen. Die Tarife des öffentlichen Nahverkehrs müssen von allen bezahlt werden können - ohne Regel- und Armentarife. Ein positives Beispiel ist die belgische Stadt Hasselt. Dort gibt es den Nulltarif schon seit 1996 für alle.

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Stefan Pfeifer, DGB-Bezirk NRW (ab 23:46)
Stefan Pfeifer befürwortet ein landesweites Sozialticket. Er beschreibt die drastische Verteuerung der Preise für die öffentliche Daseinsvorsorge (Energie, ÖPNV, usw.). Die Preise für diese Leistungen sind in den letzten Jahren stärker gestiegen als die allgemeinen Verbraucherpreise. Ursache sind die Kürzungen der Gelder von Land und Bund.

Immer mehr Menschen können die Preise für die öffentliche Daseinsvorsorge nicht bezahlen. Die Realeinkommen sinken. Immer mehr Erwerbstätige beantragen Hartz 4-Leistungen, da ihr Einkommen zur Sicherung des Existenzminimums nicht reicht. Sehr viele Erwerbstätige die einen Anspruch auf ergänzende Hartz 4-Leistungen haben, stellen allerdings keinen Antrag. Der Niedriglohnsektor wird immer breiter und tiefer. Immer mehr Menschen müssen für immer weniger Geld arbeiten. Die Löhne im Niedriglohnbereich sind in den letzten Jahren besonders stark gesunken.

Ein Sozialticket muss abhängig vom Einkommen sein, nicht vom SGB II-Status.

Zur Finanzierung von Sozialtickets:
Weder in Dortmund, Köln oder beim VRR wurde jemals geklärt welche Kosten tatsächlich durch das Sozialticket entstehen. Auch eventuelle Mehreinnahmen wurden nicht erfasst. Es gibt keine realistischen Kostenerfassungen. Das muss sich ändern. Eine solide, realistische Finanzierungsrechnung muss her.

An der Finanzierung eines Sozialtickets sollen sich auch Land und VRR beteiligen. So wie für jeden Schüler könnte das Land auch für jedes Sozialticket 4 Euro pro Monat übernehmen. Der VRR-Großkundenrabatt von 16% muss auch für die Sozialtickets gelten. Wenn die Kommunen den Rest übernehmen sollen kann es zu dem Ergebnis kommen, dass das Sozialticket evt. auch teurer wird. Dafür sollte es dann aber auf alle Fälle qualitativ verbessert werden, d.h. flexibler - also auch Tickets für einzelne Monate oder 4er-Tickets.

Marianne Schobert, 'Der Paritätische in Dortmund' (ab 41:04)
Auch der Paritätische in Dortmund ist für den Erhalt des Sozialtickets. Die Forderungen des Sozialforums sind allerdings zu wenig und zu kurzfristig.

Gründe für ein Sozialticket sind die wachsende Armut, zu geringe Hartz 4-Sätze, prekäre Arbeitsbedingungen, der wachsende Niedriglohnbereich und auch die Arbeitslosigkeit.

Um diese Probleme zu lösen sind alle gefordert: Bund, Land und die Kommunen. Eine gesellschaftliche Debatte um soziale Gerechtigkeit und sozialen Zusammenhalt muss endlich geführt werden.

Bei den dortmunder Sparmaßnahmen wird leider nicht über Inhalte gesprochen. Wichtiger sind eher haushaltstechnische Argumente.

Der Paritätische ruft zu einem Bündnis für eine soziale Stadt Dortmund auf und fordert:

  • Der Aktionsplan soziale Stadt muss aktiv weiter geführt werden. Und zwar transparent und nachprüfbar ob die Aktionen erfolgreich waren.
  • Die wegen der Haushaltslage erforderlichen Sparmassnahmen müssen sozial gestaltet werden. Beispiel Wirtschaftsförderung: Für eine Veranstaltung wurden 100.000 Euro veranschlagt. Mit diesem Geld kann ein Mitgliedsverein des DPWV 2 Jahre lang seine Arbeit finanzieren.
  • Ein Bündnis für die Kommunalfinanzen muss her. Die Kommunen bekommen immer mehr Aufgaben und gleichzeitig weniger Geld.
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Wortmeldung von Wolf Stammnitz - Ratsmitglied, DIE LINKE (ab 52:43)
Er bzw. DIE LINKE fordern ein Nullticket und zwar für alle. So lange sich Dortmund einen Flughafen leisten kann und jedes einzelne Flugticket mit 11 Euro subventioniert kann sich Dortmund doch wohl auch ein Nullticket im ÖPNV leisten. Was sich die Stadt in der aktuellen Lage aber gar nicht leisten kann, ist den Massenkonsum kaputt zu sparen.

Ursula Schulze, Kana-Suppenküche Dortmund (ab 58:00)
Sie beschreibt die zunehmende Verarmung. Nach Aktionen gehen die Leute beispielsweise immer seltener gemeinsam noch irgendwo etwas trinken, weil sich das immer weniger Menschen leisten können.

Viele der Kana-Gäste sind Fußkrank, haben offene Beine. Deshalb ist ein Sozialticket für die Kana-Gäste besonders wichtig um Hilfsangebote wahrnehmen zu können. Für die Kana-Gäste wäre ein Nullticket optimal. Das Sozialticket ist für die Kana-Gäste eine Möglichkeit am Leben teil zu haben. Die Menschen kommen mit so einem Ticket viel besser durch den Winter.

Ein Kana-Gast war wegen schwarz fahren 3 Wochen im Knast. Ein Tag Knast kostet die Steuerzahler 78 Euro (ohne Verwaltungs- und Gerichtsgebühren). Es wäre interessant wie viele jetzt weniger schwarz fahren und was dadurch gespart wird.

Peter Strube, Arbeitslosenzentrum Dortmund (ab 69:44)
Dass ein Sozialticket sein muss ist klar. Aber: wer bezahlt es?
Die Sozialhaushalte steigen. Die Kommunen können für die Finanzierung nicht die einzigen Ansprechpartner sein.

Er geht auf die gesellschaftliche Lage ein. Die zunehmende Spaltung zwischen arbeitenden Niedriglöhnern und Arbeitslosen ist skandalös. Die Mittelschicht schrumpft zusehends. Es gibt nur noch ganz Reiche und ganz Arme.

In Dortmund gibt es sicher Sparmöglichkeiten außerhalb des Sozialbereichs, z.B. der Flughafen. Im Bundeshaushalt könnte beispielsweise der sog. Verteidigungshaushalt gestrichen werden.

Das Unternehmerprinzip der Profitmaximierung führt zu steigenden Sozialhaushalten. Beispiel Banker: die sind erfolgreich wenn sie viel Gewinn erzielen. Das bedeutet üblicherweise steigender Arbeitsdruck und Entlassungen. Es findet seit Jahren eine Umverteilung von unten nach oben statt.

Was den Kommunen an Geld vorenthalten wird, verschleudert der Bund für vollkommen unsinniges (z.B. Rüstung). Deshalb ist Berlin die richtige Adresse für Forderungen. Aber auch das Land. Es geht doch eigentlich um lächerliche Beträge, z.B. 250.000 Euro pro Jahr zur Finanzierung des Arbeitslosenzentrums. Skandalös ist, das für solche Dinge bereit gestellte EU-Mittel vom Land zurück gehalten werden.

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Wortmeldungen aus dem Publikum ab 83:16
Schlussrunde des Podiums ab 108:04

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