Benutzerspezifische Werkzeuge
Sie sind hier: Startseite über uns SoFoDo-Aktionen / -Veranstaltungen Hearing "Zur sozialen Lage in Dortmund" Artikel zum Thema Perspektive für Jugendliche wird düster

Perspektive für Jugendliche wird düster

WR: 18.03.2003 / LOKALAUSGABE / DORTMUND

Die volle Bezeichnung ist sperrig: Lehrgang zur Verbesserung beruflicher Bildungs- und Eingliederungschancen - kurz BBE. Dahinter verbirgt sich die zumeist allerletzte Chance für junge Menschen, die auf dem desolaten Arbeitsmarkt keine Chance haben: Jugendliche ohne Schulabschluss, Schulverweigerer, Straffällige. Ausgerechnet sie sollen jetzt ganz durchs soziale Netz rutschen. Fürchten die Träger der BBE-Maßnahmen. 840 Plätze gab es 2002 im Arbeitsamtsbezirk Dortmund in solchen Lehrgängen, knapp 9 Mio. E betrug das Budget. Jetzt drohen Einschnitte.

Peter Freund, Geschäftsführer der Dortmunder Dienste (DoDi), hat zwei BBE-Projekte beantragt. Eines, mit Altenpflege und Hauswirtschaft als Inhalt, wurde bereits genehmigt. Die andere Maßnahme, im Bereich Baugewerbe, lehnte das Arbeitsamt ab. "Sie läuft Ende Mai aus", so Freund. Betroffen seien etwa 40 junge Menschen. "Und zwar gerade die ganz schwer vermittelbaren, die besonders dringend Hilfe brauchen, um überhaupt eine Perspektive zur Integration in den Arbeitsmarkt entwickln zu können".

Arbeitsamt warnt vor Panikmache

Für den DoDi-Chef ist es "unglaublich, was in Deutschland zurzeit passiert. Sämtliche Systeme werden zerschlagen - und Alternativen gibt es weit und breit nicht". Zudem löse der Wegfall von BBE-Maßnahmen auf eine Kündigungswelle bei den Trägern aus. Wo keine Projekte mehr durchgeführt werden, wird auch kein Personal mehr benötigt.

So stehen bei der Dortmunder Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbildungsgesellschaft (dobeq) nicht nur die 15 Plätze im Freiwilligen Sozialen Trainingsjahr auf der Kippe, sondern auch die Stellen von drei Mitarbeitern. Dabei genießt gerade diese Maßnahme mit ihrem extrem niedrigschwelligen Ansatz bundesweiten Modellcharakter. "Wir gehen an Jugendliche heran, die man anders gar nicht mehr zu packen kriegt", sagt dobeq-Projektleiter Joachim Thiele. So sind u.a. fünf Plätze für Schulverweigerer reserviert.

Konkrete Aussagen des Arbeitsamtes gebe es zwar noch nicht, so Thiele. Aber Hinweise, die das Schlimmste befürchten ließen. Andrea Klaßen-Hillebrand, Leiterin des Freiwilligen Sozialen Trainingsjahres, ist jedenfalls "schleierhaft, was mit den Jugendlichen passieren soll".

Derweil warnt Frank Neukirchen-Füsers, beim Arbeitsamt für den Bereich BBE zuständig, vor verfrühter Panik. Richtig sei, dass man bereits Maßnahmen abgelehnt habe. Gleichwohl seien das "Einzelfallentscheidungen, die nicht auf eine generalle Spar-Linie hindeuten". Zwar hätten sich die Vorzeichen negativ verändert ("Es ist enger in diesem Jahr"). Auch würde in einigen Arbeitsamtsbezirken gerade bei den BBE-Maßnahmen gespart. Doch liefen die Etatverhandlungen zurzeit noch, und er sei "guter Dinge, dass wir den Jugendlichen auch künftig Angebote machen können".

Bei der Entscheidung über beantragte Maßnahmen spiele vor allem die Vermittlungsquote in den ersten und zweiten Arbeitsmarkt eine wichtige Rolle. Die sei bei DoDi durchaus erfreulich, versichert Geschäftsführer Peter Freund. Und die dobeq beziffert die sogar auf 50 bis 70 Prozent.

Auf der Streichliste stehen sie dennoch.

Von Frank Fligge

Artikelaktionen