Immer an der Basis
Ruhr Nachrichten, 20. Januar 2004
Es ist eine Rückkehr zu den Wurzeln. Weil das eigentliche Domizil des Kreuzviertel-Vereins renoviert wird, ist das Büro provisorisch in den Räumen der Kreuz-Gemeinde untergebracht. Da, wo für Theo Hengesbach vor 25 Jahren alles begann. 1979 war das, als der gebürtige Sauerländer nach dem Studium der Sozialarbeit sein Anerkennungsjahr bei der Caritas leistete " einen Teil davon in der Altenarbeit der Heilig Kreuz-Gemeinde. Nach dem Probejahr blieb Hengesbach " bis heute.
Und er prägte in dieser Zeit (nicht nur) die Entwicklung des Kreuzviertels " damals wie heute eines der beliebtesten Wohnquartiere der Innenstadt, nicht nur für Studenten und Akademiker, sondern nach wie vor auch für ältere Menschen. Da lag es nahe, Alten- und Stadtteilarbeit zu verbinden. 1980 initiierte Hengesbach die "Dortmunder Altentreffen", bei denen zwei Mal im Jahr gesellschaftspolitische Themen aus Sicht der Älteren diskutiert werden. 1982 entstand dann mit Unterstützung der Heilig Kreuz-Gemeinde und der benachbarten evangelischen Nicolai-Gemeinde der "Verein für Gemeinwesen und Sozialarbeit Kreuzviertel e.V."
Solides Viertel
Ein Name, der bald weit über das Viertel hinaus bekannt wurde. Denn die Wohnungsspekulation ging um im beliebten Kreuzviertel. "Als immer mehr ältere Leute zu uns kamen und nach Wohnungen fragten, wurden wir stutzig", erzählt Hengesbach. Weil Miet- in Eigentumswohnungen verwandelt wurden, sollten viele ältere Bewohner weichen. Der Kreuzviertel-Verein machte gemeinsam mit Bürgerinitiativen und Mietervereinen dagegen mobil. Und hatte " zumindest langfristig " Erfolg. "Anfangs wurden wir von der Politik nicht richtig ernst genommen", erinnert sich der Sozialarbeiter. Doch das änderte sich, als die Wohnungsumwandlung immer weitere Kreise zog. Heute zeichnet sich das Kreuzviertel durch eine gesunde Bewohnermischung aus. "Ein bürgerliches und solides Viertel", sagt Hengesbach.
Ähnlich erfolgreich wie der Kampf gegen Wohnungsspekulation war der Einsatz für den Erhalt der Tremonia-Siedlung, der ältesten Arbeitersiedlung der Stadt, die in den 70er Jahren einem neuen Stahlwerk (!) weichen sollte. Oder für den Südwestfriedhof. Er sollte geschlossen werden. Gegen den erbitterten Protest der Anwohner, die ihre Verstorbenen weiterhin in der Nähe wissen wollen. Am Ende sprach sich die Politik dafür aus, alle Friedhöfe zu erhalten. "Damit haben wir selbst nicht gerechnet", freut sich Hengesbach.
Natürlich hat er diese Erfolge nicht allein errungen. "Es sind alles Beispiele, wie man durch Kooperation, Ausdauer und Beharrlichkeit viel erreichen kann", betont der 49-Jährige. "Und unser Vorteil ist, dass wir parteipolitisch unabhängig und mit beiden Beinen an der Basis sind." Inzwischen ist der Kreuzviertel-Verein für Politik und Verwaltung ein anerkannter "Markenname" " speziell wenn es um Wohnberatung geht. Vor 15 Jahre wurde die Wohnberatung für ältere Menschen in Dortmund vom Kreuzviertel-Verein aufgebaut. Wie kann man mit einfachen Hilfsmitteln Unfälle im Haus vermeiden und den Verbleib in den eigenen vier Wänden für Ältere langfristig sichern" lautet die zentrale Frage. Ein Thema, zu dem Hengesbach und seine Kollegin Petra Bank seit 1989 mehr als 1000 Vorträge gehalten, ungezählte Beratungsgespräche geführt, Ausstellungen organisiert und Hausbesuche absolviert haben. Nicht nur im Kreuzviertel, sondern stadtweit.
Finanzierung
Inzwischen ist die Wohnberatung Bestandteil des Landesaltenplans, gibt es fast 100 Wohnberatungsangebote in NRW. Klar, dass der Kreuzviertel-Verein Initiator und Sprecher der 1999 gegründeten Landesarbeitsgemeinschaft Wohnberatung NRW ist. "Unser Ziel ist eine flächendeckende Wohnberatung in jeder Stadt und in jedem Kreis," erklärt Hengesbach. Doch leider hat sich die Erkenntnis, dass durch solche Angebote dem Sozialsystem langfristig Kosten erspart werden können, noch nicht überall durchgesetzt. Hengesbachs Wunsch zum 25-jährigen Jubiläum ist deshalb klar: endlich finanzielle Sicherheit für die Wohnberatung.
von Oliver Volmerich