Niedriglöhne für Arbeitslose
Westfälische Rundschau vom 23.02.2004 / POLITIK / MANTEL
Düsseldorf. Die Hartz-Reformen sollen das Land aus der Beschäftigungskrise ziehen. Mit der Insolvenz von Maatwerk, der Arbeitnehmer-Verleihfirma in Diensten der Bundesagentur für Arbeit (BA), erleben sie jetzt eine erste Pleite. Die BA hält am Konzept fest - es ermöglicht der Behörde die Vermittlung in den Niedriglohn-Sektor.
Durchschnittlich 1056 Euro pro Arbeitslosen überweisen die örtlichen Agenturen für Arbeit in NRW, die früheren Arbeitsämter, pro Monat an Arbeitnehmer-Verleihfirmen wie Maatwerk. Diese offiziell Personal-Service-Agenturen (PSA) genannten Unternehmen haben Arbeitslose vom Amt übernommen und versuchen, diese Männer und Frauen, die jetzt auf ihrer Gehaltsliste stehen, mit Gewinn auszuleihen. Dabei drängt die Zeit: Ab dem vierten Monat sinkt die Überweisung des Arbeitsamts auf gut 750 Euro, zwischen dem sechsten und neunten Monat halbiert sich der Zuschuss des Arbeitsamts. Vermittelt die PSA den Arbeitslosen dagegen in eine Festanstellung, so erhält sie in den ersten drei Monaten eine "Integrations-Prämie" von 200 Prozent des Zuschusses, zwischen dem dritten und sechsten Monat von 150 Prozent und ab dem sechsten Monat von 100 Prozent.
"Wir wollen über die PSA Arbeitslose kurzfristig in Jobs bringen", heißt es beim Arbeitsamt. Bei den "Tarifen" von durchschnittlich gut 1000 Euro, die als Zuschuss der BA fließen, sind dies allerdings in der Regel nur gering bezahlte Jobs. Dieser Effekt ist durchaus gewollt; spätestens wenn ab 2005 Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammen gelegt werden, sinken die Zuschüsse der BA. Weil zudem Höherqualifizierte nahezu alle Jobs annehmen müssen, werden viele Arbeitnehmer Beschäftigung nur noch zu geringen Bezügen finden.
Während bis vor zwei Jahren Arbeitslose in der Hoffnung qualifiziert wurden, dass sich anschließend auch entsprechende Jobs finden würden, so geht es jetzt um Vermittlung in Arbeit - ohne große Rücksicht auf Qualifikation und frühere Bezahlung der Arbeitslosen. 2003 finanzierte die BA in NRW 44 600 Arbeitslosen eine berufliche Qualifizierung. Das waren 44 Prozent weniger als 2002. Die Ausgaben sanken binnen Jahresfrist um 224 Millionen Euro auf eine Milliarde Euro.
"Der entscheidende Erfolgsfaktor beruflicher Qualifizierung ist die Arbeitsaufnahme", sagt Karsten Koppe, Leiter des Landesarbeitsamts NRW. "Viele teure Neuorientierungen haben sich nicht gerechnet." Jetzt wird "gefordert und gefördert" - allerdings um den Preis gesicherter hoher Entgelte und hin in Richtung auf einen Niedriglohn-Bereich, für den vor Jahren kaum deutsche Arbeitnehmer zu finden waren.
Von Martin Rothenberg