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Zur Lage von Senioren mit Migrationshintergrund

Berichterstatterin: Alessandra Alberti (Verein für Internationale Freundschaften e.V./Projekt „Internationale Altenbegegnungsstätte)

Der Verein für Internationale Freundschaften e.V. (VIF)

Der VIF entstand im Jahr 1987 als Nachfolge des Vereins „Mach meinen Kumpel nicht an“ in der Dortmunder Innenstadt-Nord.

Ziele des Vereins sind

  • die am Stadtteil auftretenden sozialen Prozesse wahrzunehmen und zu begleiten,
  • das solidarische Zusammenleben und die wechselseitige Integration aller Wohnbürger zu fördern.

Der VIF ist ein Selbsthilfevereins und verfügt über keine hauptamtlichen MitarbeiterInnen.

Die Aktivitäten werden durch Zuschüsse des DPWV (2.000 bis 4.000 € im Jahr), sonstige Kosten (Büro, Versicherungs-, Fahrtkosten usw.) durch Preisgelder sowie durch Mitgliedsbeiträge und Spenden mehr schlecht als recht gedeckt! Die Zuschüsse des Ausländerbeirates für ausländische Vereine wurden 2003 eingestellt.

Das Projekt „Internationale Altenbegegungsstätte“

Schon im Gründungsjahr (1987) fiel innerhalb des VIF auf, dass sich eine immer größer werdende Zahl von Menschen der Generation der „Gastarbeiter“ darauf einrichtete, in Dortmund alt zu werden.

Es wurde deutlich, dass mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess die Deutschkenntnisse unserer Freundinnen und Freunde immer schlechter wurden. Die Scheu vor Behörden und Einrichtungen wurde immer größer und, damit zusammen hängend, machten sich Desinformation und Ängste breit. Die gleichen Probleme haben heute auch ältere Spätaussiedler, Asylbewerber und Eingewanderte aus den ehemaligen Ostblockländern. Gezielte Angebote für ältere Ausländer/innen waren im Stadtteil nicht vorhanden.

Die Stadt Dortmund gab 1993 dem Verein die Möglichkeit, eine städtische Altenbegegungsstätte an zwei Tagen der Woche mitzunutzen. So entstand am Borsigplatz, dem Quartier mit dem höchsten Ausländeranteil in Dortmund (46% der Bewohner/innen) das Projekt „Internationale Altenbegegnungsstätte“. Unter dem Motto „praxisnah, international und die Selbsthilfe stärkend“ bot der Verein älteren Migranten/innen im Stadtteil die erste und bis heute einzige Chance

  • Deutsch nicht zu verlernen,
  • den Kontakt zur „deutschen“ Außenwelt nicht zu verlieren,
  • Informationen zu bekommen und auszutauschen,
  • Kontakte zu knüpfen,
  • sich mit eigenen Ideen, anderen Kulturwerten bei Einrichtungen der Altenhilfe einzubringen.

Zusammensetzung der Gruppe

Die Tagesstätte Flurstraße 70 wird regelmäßig im Winter von etwa 40 Personen und im Sommer von etwa 20 Personen besucht. Je nach Angebot steigt die Zahl der Besucher/innen auf 60 bis 70, dann ist die Tagesstätte brechend voll. Es handelt sich um Menschen zwischen 50 und 80 Jahren aus Chile, Deutschland, Indonesien, Kambodscha, Spanien, Italien, Uruguay, Marokko, Russland, dem Iran, der Ukraine und, vor allem aus der Türkei. Sie sind Gläubige (Christen, Buddhisten, Juden und Muslime) und Atheisten, Arbeitsmigranten/innen, Aussiedler/innen und Asylbewerber/innen.

Gemeinsamkeiten

Armut
Bei den Arbeitsmigranten ist die Zahl der Frührentner und Langzeitarbeitslosen im Durchschnitt höher als bei deutschen. Dadurch dass sie in Deutschland schlecht bezahlte Berufe übernahmen und in der Heimat selten Rentenansprüche erworben haben, verfügen sie über geringe Renten. Unsere Kolleginnen leben von Renten zwischen 200 und 600 €, die Kollegen von Renten zwischen 400 und 600 €. Einige von Ihnen leben von der Sozialhilfe.
Gesundheit
Oft genug übten sie gesundheitsgefährdende Berufe aus. Hinzu kommt, dass ihr Gesundheitszustand durch Sprachprobleme, Unkenntnis und Desinformation zu speziellen – insbesondere altersbezogenen - Krankheitsbildern unnötig gefährdet wird. Dies betrifft vor allem präventive Maßnahmen sowie Hilfsmittel.
Isolation
Dieses Problem zeigt sich weniger bei Türkischsprechenden, die über viele ethnisch bezogene Verbindungen verfügen, als vielmehr bei kleineren Minderheiten wie Asylbewerber/innen, die kaum eine Chance haben, Deutsch zu erlernen und Kontakte zu knüpfen. Dies betrifft auch Aussiedler.

Mit Hilfe der Vereinigten Kirchenkreise – zuletzt Dank einer Förderung der Robert Bosch Stiftung – bemüht sich unser Verein, Informationsveranstaltungen und Informationsmaterialen in fünf Sprachen anzubieten (z.B. zur Grundsicherung und zur Gesundheitsreform). Die Kräfte und Mittel unseres Vereins reichen jedoch gerade aus, um nur einen kleinen Teil der Betroffenen in Dortmund zu erreichen: Leider viel zu wenig ! Schon heute ist absehbar, dass durch die Reformen im Sozial- und Gesundheitswesen viele ältere Einwanderer weiter verarmen werden.

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Ältere Migranten erkranken häufiger als ihre deutschen Altersgenossen
16.02.2004 / LOKALAUSGABE / DORTMUND
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