Hände weg vom Sozialticket !
In die Auseinandersetzung um das Dortmunder Sozialticket ist seit Anfang letzter Woche Bewegung gekommen.
Vorstand des Arbeitslosenzentrums Dortmund e.V. (ALZ)
Sozialforum Dortmund
SprecherInnenkreis der Montagsdemo Dortmund
Presseerklärung
In die Auseinandersetzung um das Dortmunder Sozialticket ist seit Anfang letzter Woche Bewegung gekommen.
Wir begrüßen den Beschluss der Rathauskoalition aus SPD und Grünen, zunächst am vergünstigten Monatsticket von 15 Euro festzuhalten, als Schritt nach vorn. Ein halber Schritt, weil Zweifel bleiben, ob es sich bei dem Beschluss um ein grundsätzliches Abrücken von Positionen seitens der SPD-Fraktion handelt, die in den Monaten Juli und August auf die Verteuerung des Sozialtickets auf 25 Euro abzielten.
Den Versuch der CDU-Fraktion, auf der morgigen Ratssitzung (11.09.08) das Dortmunder Sozialticket vollständig abzuschaffen und darüber hinaus alle weiteren Sozialleistungen für Erwerbslos-Gemachte und deren Kinder in Frage zu stellen, verurteilen wir aufs schärfste.
Das, was die CDU-Fraktion auf ihrer Homepage mit eigenen Worten an ”sozialpolitischen Pflöcken” einschlägt, bedeutet das Ende jeder Sozialpolitik. Wenn sich ausgerechnet die CDU hier als Anwalt der NiedrigverdienerInnen aufspielt und diese gegen die Erwerbslos-Gemachten in Stellung zu bringen sucht, ist das eine Verhöhnung nicht nur der Erwerbslosen, sondern auch der vielen Menschen, die mit Niedriglöhnen abgespeist werden. Diese Partei hat bislang noch jede Forderung nach effektiven Lohnerhöhungen und Mindestlöhnen als ”wirtschaftsfeindlich” abgeschmettert und den boomenden Niedriglohnsektor maßgeblich mitzuverantworten.
Wenn das Dortmunder Arbeitslosenzentrum, das bisher Tausenden Erwerbslosen und Prekarisierten Unterstützung bot, aufgrund der Streichung der Landesgelder (die übrigens zum großen Teil aus EU-Töpfen refinanziert wurden), wie alle anderen unabhängigen Beratungsstellen für Arbeitslose in NRW kurz vor dem Aus steht, geht das ebenfalls auf das Konto dieser Partei.
Die SPD-Fraktion reicht mit dem Beschluss, am 15-Euro-Ticket festzuhalten, den "Schwarzen Peter" nun an den DSW-Aufsichtsrat weiter. Für den Fall, dass dieser von sich aus den Vertrag zum Sozialticket kündigen sollte, wird sie - so der SPD-Fraktionsgeschäftsführer beim DGB-Ratschlag am 04.09. - u.U. auf ihren Plan, das Ticket um 10 Euro zu verteuern, zurückkommen. Variante B: Der VRR soll für die Sozialticket-Kosten in die Pflicht genommen werden (angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse aber ein hoffnungsloses Unterfangen).
Wir beobachten eine Tendenz, die DSW-Belegschaft gegen das Sozialticket in Stellung zu bringen, indem das Sozialticket für mögliche künftige Ausgliederungen, Spartentarife und Lohnkürzungen bei der DSW verantwortlich gemacht wird. Dazu stellen wir fest: das Sozialticket bringt den Stadtwerken eine höhere Auslastung im Nahverkehr und sichert damit Arbeitsplätze. Und fragen: Warum werden hier die vergleichsweisen niedrigen Kosten des Sozialtickets ins Feld geführt, nicht aber die um ein Vielfaches höheren Kosten des Flughafens und des Phoenix-Sees, an denen die DSW21 beteiligt ist? Und weiter: Soll hier nur für die Neuauflage alter Pläne des DSW21-Vorstands ein Sündenbock gesucht werden, praktischerweise bei denen, die sich am wenigsten wehren können?
Wir lehnen dieses durchsichtige Taktieren auf dem Rücken der DSW-Beschäftigten und der in Verarmung gedrückten Menschen unserer Stadt ab.
Ungeachtet der notwendigen Überprüfung der dubiosen Marktforschungsstudie des DSW21-Vorstands kann es nicht angehen, dringendste soziale Bedarfe von über 100.000 Dortmundern und Dortmunderinnen, die unter Armutsverhältnissen leben müssen und von sozialer Teilhabe weitgehend ausgeschlossen sind, unter das Diktat von ”Kostenneutralität” zu stellen. An dieser Frage entscheidet sich, wie ernst es der Stadtspitze und den Ratsfraktionen mit dem Projekt “Soziale Stadt” ist.
Diese 100.000 Menschen in unserer Stadt – Erwachsene, Jugendliche, Kinder, die existenziell auf Arbeitslosengeld II und andere Transferleistungen angewiesen sind, verstehen nicht, wenn die Kosten für ein Sozialticket als “zu hoch” angeprangert, die jährlich 5 Millionen für das Konzerthaus aber nie zur Disposition gestellt werden (um nur ein Beispiel zu nennen; selbst die so subventionierten Eintrittspreise kann sich niemand der Betroffenen leisten!).
Angesichts von 14,26 Euro, die im Hartz-IV- und SGB XII-Regelsatz monatlich für Verkehrsleistungen, Nah- und Fernverkehr, zugestanden werden, darf ein 25-Euro-Ticket nicht mehr als ”Sozialticket” bezeichnet werden. An diesem - von der Politik selbst vorgegebenem - Maßstab gemessen liegt selbst das 15-Euro-Ticket - nur für den innerstädtischen Nahverkehr – im Preis viel zu hoch.
Das ALZ, das Sozialforum Dortmund und der SprecherInnenkreis der Montagsdemo rufen die Sozialticket-NutzerInnen und – Berechtigten sowie alle übrigen DortmunderInnen, die in einer sozialen, solidarischen Stadt leben wollen, auf, gemeinsam gegen sämtliche Pläne, das Sozialticket zu verteuern oder gar ganz zu beerdigen, einzutreten. Sozialpolitik darf nicht zur Restgröße kommunaler Haushaltspolitik verkommen!
Unter der Losung “Hände weg vom Sozialticket!” rufen wir für den kommenden Montag, den 15.09., um 18 Uhr ab Reinoldikirchplatz, zu einer Demonstration in der Innenstadt auf im Rahmen der traditionellen Montagsdemo.
Dortmund, den 10.09.2008