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Der Stromkunde zahlt

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Teurer Strom trotz gesunkener Rohstoffpreise? Die für das kommende Jahr angekündigten Preiserhöhungen der deutschen Energieversorger stoßen bei den Grünen im Bundestag auf Protest. Eine Studie kommt zu dem Ergebnis: Die Marktmacht der Konzerne treibt Gewinne und Kosten.

Nach einer Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes im Auftrag der Grünen liegt es vor allem an der Marktmacht der vier großen Stromkonzerne, dass die Gewinne und Strompreise in den vergangenen Jahren nur eine Richtung gekannt hätten: nach oben.

Laut Studie haben sich die Gewinne von Eon, RWE, EnBW und Vattenfall seit 2002 verdreifacht und den Energiekonzernen einen Gesamtgewinn von knapp 100 Milliarden Euro beschert. Auch nach dem Rekordjahr 2007 und trotz der Finanzkrise hätten die Unternehmen in den ersten drei Quartalen ihre Gewinne um durchschnittlich elf Prozent steigern können. 85 Prozent der Gewinne entfielen dabei auf die Stromriesen Eon und RWE.

Bezahlt hätten das vor allem die privaten Haushalte, folgert der Autor der Studie, Prof. Uwe Leprich: Seit 2000 habe sich für sie der Strompreis um rund 50 Prozent verteuert. Industriekunden müssten heute mehr als das Doppelte zahlen. „Doch nur weniger als die Hälfte des Anstiegs geht dabei auf Steuern oder Abgaben zurück“, so Leprich.

Nach Meinung der Saarbrücker Ökonomen ist diese Entwicklung vor allem auf die marktmächtige Stellung der vier großen Konzerne zurückzuführen. Deren Anteile bei der Stromerzeugung lägen deutlich über 80 Prozent, heißt es in der Untersuchung, die ein Moratorium für die vier Konzerne beim Bau neuer Kraftwerke in Deutschland empfiehlt. „Es herrscht nach wie vor kein echter Wettbewerb bei der Erzeugung von Strom. Deswegen können die Konzerne vielfach schalten und walten”, kommentiert Bärbel Höhn, stellvertretende Fraktionschefin der Grünen, die Studie.

Strom könnte billiger sein

Dabei könnte Strom in Deutschland günstiger sein, behaupten die Grünen angesichts der Saarbrücker Recherchen, die sich auf die Jahresberichte der Energieversorger stützen. Neben den gesunkenen Rohstoffpreisen – vor allem für Kohle, die zur Stromerzeugung verfeuert wird – seien die in den letzten beiden Jahren um bis zu 29 Prozent gekürzten Netzentgelte nicht als Preissenkung an die Verbraucher weitergegeben worden. Gleiches gelte für die gefallenen Börsenwerte der Emissionszertifikate, die bis 2007 kostenlos an die Energieversorger ausgeteilt und eingepreist wurden.

Dass Deutschlands größter Energieversorger Eon sich im Zuge der Finanzkrise kräftig verspekuliert haben könnte, vermutet Co-Autor Prof. Andy Junker. Mit fünf Milliarden Euro seien im letzten Quartalsbericht die Verluste aus Währungskursdifferenzen sowie aus „derivativen Finanzinstrumenten“ beziffert worden, worunter laut Junker „alles jenseits der klassischen Finanzgeschäfte” zu verstehen sei. Um 77 Prozent seien dadurch im Vergleich zum Vorjahr die Verluste gestiegen. Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn jedenfalls hat einen Verdacht: „Es ist nicht hinnehmbar, dass Spekulationsverluste auf die Verbraucher abgewälzt werden.”

Quelle: WAZ vom 28.12.08

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