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Einigung beim Sozialticket für den VRR

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Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Politik und Verkehrsbetriebe geeinigt: Zum 1. November führt der VRR ein Sozialticket für monatlich 29,90 Euro ein. Im Herbst 2012 werde entschieden, ob das Ticket langfristig bezahlbar ist.

Politik und Verkehrsbetriebe haben sich gestern geeinigt: Zum 1. November wird im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) ein Sozialticket für monatlich 29,90 Euro eingeführt. Es basiert auf dem Ticket 1000 der Preisstufe A. Das bestätigte die CDU auf WAZ-Anfrage. Berechtigt sind Bezieher von Hartz IV, Sozialgeld, Grundsicherung, Asylbewerberleistungen und Wohngeld.

Nach 19 Uhr und an Wochenenden dürfen Ticketbesitzer bis zu drei Kinder bis 14 Jahren mitnehmen. Im Herbst 2012 werde entschieden, ob das Ticket langfristig bezahlbar ist. VRR-Städte, die das Ticket ablehnen, können aus dem Projekt aussteigen.

Quelle: Der Westen vom 12.07.2011

VRR-Sozialticket kostet 29,90 Euro pro Monat

Nach einer monatelangen Hängepartie haben sich Politik und Verkehrsbetriebe im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) darauf geeinigt, ein Sozialticket für Menschen mit wenig Einkommen einzuführen. Am nächsten Dienstag wird entschieden. Die Zustimmung gilt als sicher.

Was kostet das Ticket?
29,90 Euro pro Monat – das ist etwa die Hälfte des regulären Tarif-Preises.

Was bietet das Ticket?
Es basiert auf dem Ticket 1000 für die Preisstufe A und ist einen Monat lang rund um die Uhr gültig. In der Regel gilt die Preisstufe A für innerstädtische Fahrten oder für Fahrten in angrenzende Stadtteile. Montags bis freitags ab 19 Uhr, an Wochenenden und Feiertagen dürfen Ticket-Inhaber maximal drei Kinder bis zu 14 Jahren kostenlos mitnehmen. Ebenfalls erlaubt ist die Gratis- Mitnahme eines Fahrrades. Wer in eine weiter entfernte Stadt im VRR fahren will, muss für 2,70 Euro ein Zusatzticket lösen.

Wer hat Anspruch auf das Sozialticket?
Etwa 1,2 Millionen Bezieher von: Hartz IV, Sozialgeld, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfe zum Lebensunterhalt, Leistungen für Asylbewerber, Hilfe vom Jugendamt für junge Erwachsene oder Wohngeld.

Wer gibt das Ticket aus?
Die Verkehrsbetriebe der Städte. Berechtigte brauchen ein vom Jobcenter oder Sozialamt gestempeltes Dokument. Die zunächst geplante Verwaltungsgebühr von zehn Euro entfällt. Das Land begrüßt diese unbürokratische Regel.

Machen alle Verkehrsbetriebe im VRR mit?
Nicht zwingend. Weil einige Betriebe Mehrkosten befürchten, hatten sie ihr Veto eingelegt. Bis Dienstag soll geprüft werden, ob das Restrisiko eingedämmt werden kann. Am Ende entscheiden die Städte und Kreise, ob ihre Verkehrsbetriebe das Ticket anbieten werden. Zu einem Ausstieg aus dem Projekt braucht es einen entsprechenden Beschluss von Kreistag oder Rat.

Ist die Regelung des Sozialtickets endgültig?
Nein. Das Ticket gibt es zunächst in einer Pilotphase bis zum 31. Dezember 2012. Bis August 2012 sollen Wirtschaftsprüfer untersuchen, ob die von der rot-grünen Landesregierung zugesagten Subventionen von 30 Millionen Euro für NRW ausreichen, um das Sozialticket im VRR ohne Mehrkosten für die Verkehrsbetriebe zu bezahlen. Das Ticket endet sofort, wenn die Landesmittel ausbleiben.

Was sagt die Politik?
CDU und Grüne im VRR haben die jetzige Ausgestaltung des Tickets beantragt. Entsprechend groß fällt ihr Lob aus. Die SPD, die ähnliches beantragt hatte, hat sich bisher nicht geäußert. Von einer „Mogelpackung“ hingegen spricht die Linke. Bei einem Preis von knapp 30 Euro könne man nicht von einem bedarfsgerechten und flächendeckenden Sozialticket sprechen, wie es Gewerkschaften und Sozialverbände gefordert hätten.

Quelle: Der Westen vom 13.07.2011

Grüne sehen das Ticket erst als Einstieg

Die Grünen feiern die Einführung des Sozialtickets als Fortschritt. Auf der anderen Seite wünschen sie sich einen deutlich niedrigeren Preis als jene 29,90 Euro, die die Monatskarte spätestens ab November kosten soll.

„Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ – Grünen-Chefin Hilke Schwingeler bringt es auf den Punkt: Einerseits feiern die Grünen die Einführung des Sozialtickets als Fortschritt. Auf der anderen Seite würden sie sich einen deutlich niedrigeren Preis als jene 29,90 Euro wünschen, die die Monatskarte spätestens ab November in jeder Stadt kosten und dann das Dortmunder Sozialticket (Preis: 30 Euro) ablösen soll.

Fraktionschef Mario Krüger, der sich in den VRR-Gremien maßgeblich für das Ticket stark gemacht hat, unterstreicht die Vorteile: Nutzer können vor 9 Uhr in Busse und Bahnen steigen, ab 19 Uhr eine bzw. an Wochenenden weitere Personen mitnehmen. Allerdings geht auch Krüger nicht davon aus, dass die Zahl der Nutzer (derzeit 7600) wieder auf alte Höhen klettern werde, als das Ticket in Dortmund die Hälfte kostete, 15 Euro. Damals zählten die Stadtwerke (DSW) 24 000 Abonnenten.

Nicht kostendeckend

DSW-Verkehrsvorstand Hubert Jung, der sich am Mittwochmorgen zu Gesprächen beim VRR in Gelsenkirchen aufhielt, geht davon aus, dass auch die neue Variante für 29,90 Euro nicht kostendeckend sein wird. Jung rechnet mit „einem Delta von 800 000 bis zwei Millionen Euro“. Entscheidend sei am Ende, wie viel Kunden von der vergleichbaren Monatskarte (Preis: 61,60 Euro) auf das billigere Ticket umstiegen.

Krüger indes ist sicher, dass an den örtlichen Verkehrsunternehmen nichts hängenbleibt: In dem Fall werde der VRR für Ausgleich sorgen. Das sieht man im Hause der Stadtwerke etwas anders. Mögliche Verluste blieben zunächst einmal beim „Auftraggeber hängen“ - und das werde die Stadt sein, heißt es. Nach Schätzung von Krüger gibt es in Dortmund 100 000 Anspruchsberechtigte. Wie die zu ihrer Fahrkarte kommen? Mit Hilfe von Anträgen, die in den DSW-Kundencentern ausliegen und vom Jobcenter bzw. vom Sozialamt bewilligt werden. Peter Strube, Vorsitzender des Arbeitslosenzentrums, glaubt nicht an einen Ansturm: „Dafür ist die Hürde mit 29,90 Euro einfach zu hoch.“ Die Grünen sehen das Sozialticket als Einstieg und bauen darauf, dass der Preis nach dem einjährigen Probelauf möglicherweise sinkt.

Quelle: Der Westen vom 13.07.2011

Sozialticket wechselt schon wieder die Farbe

In Dortmund hatten die Christdemokraten Zeter und Mordio geschrien, als sich die SPD zwei Jahre vor der Kommunalwahl 2009 von den Grünen, ihren damaligen Mehrheitsbeschaffern im Rat, zu dem Modellversuch mit einem ÖPNV-Billigticket für Arme hinreißen ließ. Ab 1. Februar konnten Inhaber des Dortmund-Passes ein Ticket1000 (ab neun Uhr, keine Mitnahme) im Jahres-Abo für 15 Euro im Monat beziehen.

Selbst dem damaligen OB Dr. Gerhard Langemeyer (SPD) passte die Wohltat ins Konzept. Hatte er sich doch gerade von den Gewerkschaften davon überzeugen lassen, dass es seiner Wiederwahl nicht schaden könnte, ein Programm „Soziale Stadt“ aufzulegen. Da kam das Millionen verschlingende Sozialticket als Zugpferd gerade recht.

Unmittelbar nach der Kommunalwahl platze der städtische Doppelhaushalt, kurz darauf auch das rot-grüne Bündnis im Rat. Ab sofort ließ sich die größte Ratsfraktion (SPD) in allen wichtigen Fragen von den Schwarzen den Steigbügel halten; die nahmen kleinere Preise als die Grünen.

Konsequenz: Der Preis fürs Sozialticket verdoppelte sich. Die Zahl der Nutzer, die zwischenzeitlich auf 24 500 hochgeschnellt war, fiel auf 7600 zurück. Nun waren es die Grünen, die im Chor mit den Gewerkschaften, aufschrien.

Inzwischen hat sich der Wind erneut gedreht. Nicht im Dortmunder Stadtparlament, wohl aber in der Verbandsversammlung des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr.

Da wollte die CDU den machtverwöhnten Roten mal richtig die rote Karte zeigen und tat sich mit den Grünen zusammen. Was selbstverständlich auch politische Preise kostet. Nicht der Geringste: Die CDU im VRR stimmte einem verbundweiten Modellversuch mit einem Sozialticket zu. Jede Mitgliedskommune kann es einführen, muss aber nicht.

Zum 1. November könnte ein ebenfalls stadtweit gültiges Sozialticket kommen, dessen Preis mit 29,90 Euro zwar nur geringfügig fällt, das aber weitaus bessere Konditionen bietet. Man muss es nicht im Jahres-Abo kaufen, es gilt rund um die Uhr und gestattet etwa, bis zu drei Kinder kostenlos mitzunehmen. Der Kreis der Berechtigten dürfte sich auf etwa 100 000 Dortmunder vergrößern. Die Entscheidung wird vermutlich erst nach der Sommerpause im Rat fallen.

Spannende Frage: Welche Mehrkosten und Mindereinnahmen entstehen an welcher Stelle, wie wird das zusätzliche Defizit gedeckt? Welche Rechnung OB Ullrich Sierau dem Rat aufmachen wird, ist noch ungewiss.

Klar ist: Auch das neue Sozialticket wird Mehrkosten verursachen. Wieder weiß niemand, wie viele von einer teureren Monatskarte umsteigen. Seinerzeit hatten Stadt und Stadtwerke mit 6000 bis 10 000 Käufern des 15-Euro-Tickets gerechnet; es wurden mehr als doppelt so viele, wie für den teuersten Fall prognostiziert waren.

Aus welcher Kasse?

Auch weiß niemand, wie viele VRR-Städte mitmachen. Sind es viele oder gar alle, dann dürfte der Landeszuschuss hinten und vorne nicht reichen. Sind es nur wenige, könnte der Preis des neuen Ticket die Kosten decken. Weil viele Fragen noch offen sind, kalkuliert Verkehrsvorstand Hubert Jung die Kosten mit kaufmännischer Vorsicht: Sie könnten bei 800 000, aber auch bei zwei Mio Euro liegen.

Wer soll das bezahlen?

Vor allem für die CDU dürfte das die Gretchenfrage werden. Denn sie erweckt mitunter den Eindruck, als liege ihr insbesondere die Kasse des Stadtwerke-Konzerns eher am Herzen als der Etat der Stadt.

Kann sie dann - mit Rücksicht auf eine schwarz-grüne Machtoption - dabei mitmachen, dass die Stadt-Mutter ihren Energie-, Wasser-, Verkehrs- und Immobilienkonzern durch öffentlich vorgeführten Rückgriff auf den eigenen Haushalt schadlos stellt, sich das Geld aber bei nächster Gelegenheit - wie es beim ersten Dortmunder Modellversuch mit den Sozialticket praktiziert worden sein soll - auf verschlungenen Wegen in den Etat zurückholt?

Quelle: Der Westen vom 14.07.2011



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