Unternehmenssteuern noch weiter senken?
Was so Unternehmen tatsächlich zahlen
Unternehmenssteuern runter? Steuern wie in der Slowakei!?
Die Gewinne der Konzerne sind 2004 gesprudelt wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr. Aber selbst Supergewinne reichen der Wirtschaft nicht. Der Präsident des BDI, Thumann, fordert weitere Steuersenkungen. Kaum war dies ausgesprochen, da ließ der Wirtschaftsminister verkünden: „Wir sind nominell in der Unternehmensbesteuerung zu hoch geraten.“
Die Diskussion dreht sich ausschließlich um die nominellen Sätze der Unternehmenssteuern. Dabei liegt Deutschland nach Auskunft des Bundesfinanzministeriums mit 38,7 Prozent mit an der Spitze in Europa. Die Steuern sind doppelt so hoch wie beispielweise in der Slowakei. Mit solchen Zahlen wird Politik gemacht, werden Ängste geschürt. Wegen der angeblich „zu hohen“ Unternehmenssteuern würde Kapital aus Deutschland abwandern usw.
Tatsache ist, dass die Unternehmen in Deutschland trotz Riesengewinnen immer weniger an den Fiskus zahlen. Ein Grund dafür sind die vielen Abschreibungsmöglichkeiten. Damit können die Firmen ihre zu versteuernden Gewinne klein rechnen. Darüber hinaus nutzen die Konzerne die niedrigeren Steuersätze andere Länder, entweder um Teile der Produktion zu verlagern und/oder um ihre Gewinne über die Grenzen zu transferieren. „Die Deutsche Bank, BASF, Daimler-Chrysler, Infineon, aber auch Post, Deutsche Telekom und viele andere multinationale Konzerne drückten ihre Gesamtsteuerlast auch dadurch auf unter zwölf Prozent.“ (Spiegel, 7/2005, S 87). Experten erklären, dass mehr als 60 Prozent des gesamten Welthandels mittlerweile innerhalb von Konzernen oder Firmenkonglomeraten stattfindet.
Tatsache ist, dass Deutschland bei den tatsächlich gezahlten Steuern Schlusslicht in Europa ist. In Deutschland zahlen die Kapitalgesellschaften gerade einmal zwischen 10 und 11 Prozent auf den Gewinn. Der renommierte Wirtschaftsprofessor Lorenz Jaras stellt fest: „Wenn die deutschen Unternehmen so viel Steuern zahlten wie in der Slowakei, nämlich 19 Prozent, dann hätte der Finanzminister 2004 gut zehn Milliarden Euro mehr in der Kasse gehabt.“
Die Finanzmisere ist vor allem eine Folge der Großen Steuerreform 2000, die zu einem massiven Einbruch der Unternehmenssteuern geführt hat. Arbeitsplätze wurden nicht geschaffen. Weitere Geschenke an die Unternehmen sind deshalb abzulehnen. Wir haben in Deutschland nicht ein Problem zu hoher Unternehmenssteuern, sondern ein Problem zu geringer Steuereinnahmen.
Quellen: Rheinische Post vom 08.02.05, Spiegel, 7/2005, S. 87.
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Dieser Artikel erschien in der Reihe Dichtung und Wahrheit des ver.di Landesbezirks NRW, Abt. Wirtschafts- und Strukturpolitik – März 2005