Und rechts, zwo, drei, vier
Eine lange zurückgehaltene Studie zeigt: Jeder achte Offiziersanwärter hat antidemokratische, der Neuen Rechten entlehnte Ansichten.
Lange wurde die Studie über die politischen Ansichten der deutschen Offiziersanwärter unter Verschluss gehalten, vor wenigen Tagen wurde sie nun endlich veröffentlicht. Das Ergebnis: Zwar steht die überwältigende Mehrheit der Befragten auf dem Boden des Grundgesetzes und nur vier Prozent sehen ihre politische Heimat bei der NPD, der DVU oder den Republikanern. Allerdings fanden die Forscher des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr bei 13 Prozent klare Sympathien mit der Ideologie der Neuen Rechten. Für die Untersuchung befragten sie im Jahr 2007 an den Bundeswehruniversitäten in München und Hamburg 2.300 Studenten.
Die Ende der Sechzigerjahre entstandene "Neue Rechte ist", so schreiben die Verfasser der Studie, ein "komplexes, dabei eher loses Netzwerk aus Verlagen, Instituten, Seminaren, Burschenschaften sowie Einzelpersonen". Das ideologische Spektrum umfasse antiparlamentarische, demokratiefeindliche, antiliberale, ausländerfeindliche und völkisch-nationale Elemente.
Der Verfassungsschutz sieht die Neue Rechte als geistige Strömung, die sich um eine Intellektualisierung des Rechtsextremismus bemühe und sich dabei auf antidemokratische Denker der sogenannten Konservativen Revolution der Zwanzigerjahre berufe - gemeint sind Autoren wie Oswald Spengler, Arthur Moeller van den Bruck, Edgar Julius Jung oder Carl Schmitt. Letztlich, so der Verfassungsschutz, wollten die neurechten Aktivisten den demokratischen Verfassungsstaat delegitimieren und das politische System grundlegend verändern.
Zur Ehrenrettung der Offiziersanwärter führen die Autoren eine Vergleichsstudie unter jungen Zivilisten an, bei denen die Sympathie mit der Neuen Rechten noch deutlich höher liege. Gleichwohl ist die Zustimmung zu einzelnen politischen Zielen der Neuen Rechten auch unter den Offiziersanwärtern erschreckend hoch.
So stimmen 44 Prozent von ihnen der Aussage zu, dass deutsche Interessen gegenüber dem Ausland "hart und energisch durchzusetzen" seien; 38 Prozent wollen dafür sorgen, "dass Deutschland wieder von einer starken Elite geführt wird". Und ein Viertel will die "Zuwanderung von Ausländern nach Deutschland stoppen".
Beunruhigt sind die Autoren der Studie vor allem darüber, dass etwa die Hälfte der Studierenden an den Universitäten der Bundeswehr "deutliche Zweifel an der Ausgestaltung unseres parlamentarischen Systems erkennen lässt".
Auch der kürzlich aus dem Amt geschiedene Wehrbeauftragte Reinhold Robbe (SPD) hat in seinem letzten Jahresbericht vor wenigen Tagen besorgt auf die Ergebnisse der Studie hingewiesen. Die Zustimmung der Soldatinnen und Soldaten zu politischen Zielen der Neuen Rechten sei "ernstzunehmen", schrieb er - und beklagte, dass der Bericht so lange unter Verschluss gehalten worden sei.
Quelle: taz vom 01.04.10
Erich Vad ist Angela Merkels wichtigster Militärberater. Ein Text für ein neurechtes Blatt rückt ihn ins Zwielicht Erich
Vad, 53, ist ein wichtiger Mann für Angela Merkel. Er ist der oberste
militärische Berater im Kanzleramt. Er ist zuständig für den
Bundessicherheitsrat. Und er soll im Kundus-Untersuchungsausschuss, vor
dem er in den kommenden Wochen aussagen soll, allen Unbill von Merkel
fernhalten. Oberst Vad ist Merkel so wichtig, dass sie den
Leiter der Gruppe 22 im Kanzleramt nun zum General befördern lässt, um
so dessen ursprünglich geplanten Weggang zu verhindern. Einen General
auf dieser Planstelle gab es seit Helmut Schmidts Zeiten nicht mehr;
zahlreiche Vorgänger Vads bemühten sich vergeblich um eine Beförderung. Im
politischen Berlin genießt der CDU-Mann Vad einen ausgezeichneten Ruf.
Beobachter halten ihn für klug und integer. Selbst von
Verteidigungspolitikern aus der Opposition ist zu hören, er sei ein
politisch versierter und stets gut informierter Berater, der für die
Kanzlerin "offenbar so unentbehrlich ist, dass sie ihn unbedingt halten
will". Doch die geplante Beförderung Vads löst Beifall von unerwarteter Seite aus: Die Rechtsaußenzeitschrift Sezession
bejubelt die Beförderung euphorisch. "Erich Vad", heißt es auf deren
Homepage, "wird - so Gott will und die Alliierten es zulassen - am 1.
April zum General befördert und bleibt in der Nähe Angela Merkels." Die Sezession
wird der Neuen Rechten zugeordnet, einer Strömung, der Experten eine
"Scharnierfunktion" zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus
zuschreiben. Herausgegeben wird die Zeitschrift vom Institut für
Staatspolitik, einem neurechten Thinktank mit Sitz auf dem Rittergut
Schnellroda in Sachsen-Anhalt, das sich als eine Art "Reemtsma-Institut
von rechts" versteht. "Right is right and left is wrong", lautet das
Motto der Sezession. Der skurrile
Zwischenruf von Rechtsaußen kommt nicht von ungefähr - und rückt den
angesehenen Oberst ins Zwielicht. Denn Vad war selbst als Autor für die
Sezession tätig. Im April 2003 schrieb er einen Text mit dem Titel "Freund oder Feind: Zur Aktualität Carl Schmitts". Allein
dass sich Vad mit Carl Schmitt, dem Kronjuristen der
Nationalsozialisten, beschäftigt, wird man ihm nicht zum Vorwurf machen
können - schließlich befassen sich noch heute angehende
Politikwissenschaftler bereits im Grundstudium mit dessen Schriften. Doch
bemerkenswert ist, wo Vad den Aufsatz veröffentlicht hat. Denn zum
damaligen Zeitpunkt stand das Institut für Staatspolitik noch im
Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen - und zwar im
Kapitel Rechtsextremismus. Das Institut sei als "Teil des Projekts Junge Freiheit"
einzuschätzen, heißt es in dem im Frühjahr 2003 vorgestellten Bericht
für 2002, schließlich hatten Personen aus dem engsten Umfeld der
Rechtsaußen-Wochenzeitung es im Mai 2000 gegründet: Götz Kubitschek und
Karlheinz Weißmann, bis heute zentrale Figuren der neurechten Szene. Von
einer zeitweisen Beobachtung des Instituts durch den Verfassungsschutz
habe er nichts gewusst, sagt Vad dazu heute. Er habe auch das
Sprachrohr des Instituts, die Sezession, nicht gekannt und
zunächst gezögert. Schließlich habe er aber zugesagt, weil auch ein ihm
bekannter israelischer Militärhistoriker in der Ausgabe vertreten
gewesen sei. "Aus heutiger Sicht würde ich es nicht mehr machen",
beteuert Vad im Gespräch mit der taz. Allerdings
hat es auch der Text, den er für die neurechte Zeitschrift schrieb, in
sich: "Die gestiegene Wahrscheinlichkeit eines Ernstfalls, die für
Deutschland nach den Angriffen vom 11. September 2001 sehr deutlich
geworden und die Tragweite der Außen- und Sicherheitspolitik deutlich
gemacht zu haben schien, hat tatsächlich vor allem die
Handlungsunfähigkeit einer nachbürgerlichen politischen Klasse gezeigt,
deren Weltbild sich primär aus reeducation, aus den erstarrten
Ritualen der Vergangenheitsbewältigung und Achtundsechziger-Mythologie
speist", schreibt Vad. "Diese geistigen Verirrungen bedürfen eines
Gegenmittels, und in der politischen Philosophie Carl Schmitts könnte
das zur Verfügung stehen." Der zutiefst Antiliberale Carl Schmitt als "Gegenmittel" gegen angebliche Verirrungen der Achtundsechziger? Schmitts
Denken, so schrieb Vad weiter, stehe "im Gegensatz zur idealistischen
Utopie einer weltweiten Entfaltung der Menschenrechte, eines
friedlichen Ausgleichs der Kulturen und Zivilisationen sowie
freizügiger, offener und multikultureller Gesellschaften. Anders als
viele hoffen, sind gerade diese Gesellschaftskonzepte potenzielle
Konfliktherde." Dieser Beitrag ist nicht der
einzige Ausflug Vads in das neurechte Lager geblieben. So hielt er im
Jahr 2003 auch einen Vortrag bei der Winterakademie des Instituts für
Staatspolitik, über den die Junge Freiheit berichtete. Wenige
Wochen später referierte er bei der Berliner Burschenschaft Gothia, die
dem strammrechten Zusammenschluss Burschenschaftliche Gemeinschaft
angehört und sowohl Neurechten als auch Rechtsextremisten wie Horst
Mahler schon ein Forum geboten hat. Auch über diesen Vortrag Vads
berichtete die Junge Freiheit voller Lob. Er
habe zu der Zeit sehr viele Anfragen bekommen, sagt Vad dazu heute, der
damals außen- und sicherheitspolitischer Referent der CSU-Landesgruppe
im Bundestag war. Und im Detail könne er sich an den Vortrag bei der
Burschenschaft vor sieben Jahren auch nicht mehr erinnern. "Ich bin
kein Rechter", sagt Vad. Dennoch weckt der
Vorgang ungute Erinnerungen. Im Jahr 2005 mussten zwei junge Berliner
CDU-Mitglieder die Partei verlassen, nachdem sie sich im Umfeld des
Instituts für Staatspolitik und der Jungen Freiheit betätigt hatten. Und
im Jahr 2008 musste in Thüringen der CDU-Politiker Peter Krause auf das
Amt des Kultusministers verzichten, weil bekannt geworden war, dass er
zehn Jahre zuvor für eine kurze Zeit als Redakteur für die Junge Freiheit gearbeitet hatte. Dass
der General in spe Erich Vad nun ähnlich große Schwierigkeiten bekommt,
ist kaum zu erwarten. Dafür ist er für Merkel zu wichtig. Quelle: taz vom 01.04.10Merkels rechte Hand