Verkehrsverbund Rhein Ruhr: VRR-Sozialticket vor dem Aus
Das für den Sommer erwartete Sozialticket des Verkehrsverbundes Rhein Ruhr (VRR) steht offenbar in seiner bisher geplanten Form vor dem Aus. Geringfügig Verdienende sollten ein Ticket für 22,50 Euro monatlich für den gesamten VRR-Raum erhalten.
„Nach jetzigem Stand der Dinge ist das nicht finanzierbar“, sagte VRR-Vorstand Klaus Vorgang am Mittwoch. Das Land wolle 30 Millionen Euro für Sozialtickets in ganz NRW bereitstellen. Diese Summe benötige aber allein der VRR für seines.
Vorgang betonte, falls das Ticket dennoch in seiner ursprünglichen Form eingeführt werden sollte, müssten die am VRR beteiligten Kommunen mit erheblichen finanziellen Belastungen rechnen, die sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Lage nicht stemmen könnten. Das Land sei nicht bereit, seinen Beitrag aufzustocken. „Man kann unter diesen Voraussetzungen nicht ausschließen, dass das Sozialticket gänzlich scheitern wird“, machte Klaus Vorgang deutlich.
Zweifel von den Grünen
Ein leise Hoffnung, es in abgewandelter Form einführen zu können, gebe es aber noch. Aus VRR-Kreisen war zu hören, dass der geplante Einführungstermin 1. Juli utopisch ist. Auch deshalb, weil völlig unklar ist, wer letztendlich die Antrags-Prüfung übernimmt. Die Arbeitsagenturen haben wegen des erheblichen Verwaltungsaufwandes bereits abgewunken.
Für Mario Krüger, Sprecher der Grünen in der VRR-Verbandsversammlung, die das Sozialticket gemeinsam mit der CDU auf den Weg gebracht hatten, ist in Sachen Sozialticket noch nicht das letzte Wort gesprochen. Die Grünen zweifeln das Gutachten, das Grundlage für die Kalkulation des Verkehrsverbundes ist, an.
Kritiker hoffen auf Klarheit
Vieles in dem Gutachten sei „nicht ganz nachvollziehbar“, merkt Mario Krüger, Grünen-Sprecher in der VRR-Verbandsversammlung, etwa mit Blick auf prognostizierte Wanderungsverluste von bisherigen VRR-Abo-Kunden in Richtung Sozialticket an. Krüger hofft auf Klarheit in den nächsten vier bis fünf Wochen.
VRR-Chef Martin Husmann hat unterdessen bei der Vorstellung des Jahresberichtes noch einmal Stellung zum Vertragsstreit mit der Bahn genommen. Der BGH hatte das Vertragswerk für ungültig erklärt, das unter anderem auch Verbesserungen auf den S-Bahn- und Regionalexpress-Linien bringen sowie die Anschaffung neuer Fahrzeuge regeln sollte. „Wir werden das Gerichtsurteil genau lesen“, sagte Husmann gestern.
Möglicherweise gestatte es, bestimmte S-Bahn-Linien, die der Bahn zugestanden wurden, vorzeitig auszuschreiben und andere dafür zu verlängern. „Aber: Die Bahn muss auch Geld mitbringen.“ Den Streit mit DB Regio bezeichnete Husmann als notwendig: „Ohne ihn hätte es keine neuen Fahrzeuge gegeben, keinen Wettbewerb auf der Schiene und keine Verbesserungen auf den Strecken des Regionalverkehrs.“
Kritik ignoriert
Die Bahn habe auf Kritik früher überhaupt nicht reagiert, weil sie sicher war, Strecken trotz schlechter Leistungen weiter fahren zu können: „Das ist vorbei, und die Bahn reagiert immer öfter“, so Husmann. Der „Kriegszustand“ müsse aber beendet werden.
Scharfe Kritik äußerte er an den Leistungen der Bahn im Winter. Für den geplanten Börsengang habe der Konzern „auf Kosten der Fahrgäste Personal eingespart.“ Zudem seien Weichenheizungen abgebaut worden, ebenso wie Überholgleise und ähnliches.
DB-Regio-Chef Heinrich Brüggemann versprach gestern für den kommenden Winter den Einsatz von mehr Personal und Ersatzfahrzeugen: „Wir werden da besser“, sagte er. Zum Vertragsstreit mit dem VRR, den Husmann bis zum Sommer endgültig beenden will, wollte sich Brüggemann nicht äußern.
Der VRR beklagte in seinem Qualitätsbericht weiter mangelnde Pünktlichkeit auf der Schiene – lobte aber auch Verbesserungen. So sei durch die neuen S-Bahn-Fahrzeuge und eine zum Teil andere Linienführung „eine deutliche Entspannung festzustellen“, sagte Martin Husmann.
2010 gab es im NRW-Verkehrsverbund insgesamt rund 1,1 Milliarden Fahrten – das entspricht dem Vorjahresniveau. Der Kostendeckungsgrad lag im Schienenverkehr nur bei knapp mehr als einem Drittel. Den Rest zahlt die öffentliche Hand über Zuschüsse. Der VRR steigerte seinen Umsatz insgesamt um rund 1,4 Prozent.
Tickets werden teurer
Ab 2012 könnten Bahnfahrten auf längeren VRR-Strecken – etwa von Dortmund nach Düsseldorf – teurer werden, sagte der VRR-Chef. Dies liege an der Zusammenlegung mit der Verkehrsgesellschaft Niederrhein (VGN). Die Maßnahme mache eine neue Tarifstufe für Langstrecken nötig.
Die VGN-Kunden hätten bislang deutlich höhere Preise als die im VRR bezahlt, so Husmann. Dies werde jetzt angeglichen. Dafür müssten VRR-Kunden dann auf längeren Touren mehr bezahlen. Wieviel genau, soll erst in einigen Wochen feststehen.
Quelle: Ruhr Nachrichten vom 16.02.11
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32,80% - Das Sozialticket ist nicht die Lösung. Der VRR und die Bahn sollten ihre Preise lieber grundsätzlich senken.
2,68% - Mir ist das egal, ich fahre eh nie mit der Bahn.
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Quelle: Ruhr Nachrichten