Armenversorgung nicht mehr wegzudenken
Die Armenversorgung wie sie die „Tafel”, die Suppenküche Kana oder das Sozialkaufhaus anbieten, die mittlerweile in Dortmund institutionalisiert sind, ist aus Dortmund nicht mehr wegzudenken.
Es sei nicht absehbar, ob man überhaupt jemals wieder auf sie verzichten kann. Das geht aus einer empirischen Studie hervor, die Irina Vellay von der Forschungsgruppe „workfare state” an der Fachhochschule Dortmund veröffentlicht hat.
Man werde heute wesentlich schneller als früher mit dem Thema Armut konfrontiert. Rund ein Fünftel der Bevölkerung sei von Armut betroffen, so auch in Dortmund. „Die meisten sind dauerhaft aus der Gesellschaft ausgeschlossen, bilden eine Kaste der Unberührbaren”, so Irina Vellay. Die müssten von Resten und Müll der Gesellschaft leben, das woanders aussortiert werde. Egal, ob es sich um Essen, Kleidung, Hausrat, Dienstleistungen oder medizinische Versorgung handelt.
Die Gesellschaft will mit den Armen nichts zu tun haben, grenzt sie aus. „Die Zone der Ausgeschlossenen erlaubt den Leuten allerdings nur ein Lebensniveau als bares Überleben”, so Vellay.
Irina Vellay hat 13 Expertengespräche geführt mit Menschen, die in der von ihr bezeichneten Nothilfe oder Armenhilfe arbeiten - wie eben der Tafel, der Suppenküche etc. Diese haben aus ihrer Praxis berichtet. Die 13 Hilfsangebote wurden mit ihren Angeboten und Leistungen in der Studie empirisch erfasst (Zahlen aus 2009). Verschärft worden sei das Problem noch durch Hartz 4. Der eigentlich positive Impuls des Helfen treibe eine Entwicklung an, „dass sich der Staat aus der Verantwortung zieht”. Die Zahl derer, die auf solche existenziellen Angebote angewiesen sind, werde immer größer.
In vielen Bereichen sei diese Arbeit nur durch das Ehrenamt zu leisten, „oder durch 1 Euro-Jobs”, so Irina Vellay. „Der größte Teil wäre ohne die 1 Euro-Jobs gar nicht mehr leistbar.” Dabei werde auch bei der Armenhilfe eine Hierarchie deutlich. Nach dem Hauptamt komme das Ehrenamt, dann die 1 Euro-Jobber.
Doch auch die Anbieter der existenzunterstützenden Angebote seien an ihre Grenzen gestoßen, da sie ja auf die Spenden der Mehrheitsgesellschaft angewiesen seien.
Auswege aus der Situation sieht Irina Vellay nur durch eine politisch Veränderung der Arbeitswelt. Zum anderen stellt sie die These auf, dass die Recyclingmentalität Teil des normalen Handels werden sollte. So sollte aufgearbeitet Kleidung auch ins Sortiment der Kaufhäuser kommen.
Ein weiterer Schritt sei ein Ausbau der öffentlichen Dienstleistungen, der allerdings derzeit wohl nicht zu bezahlen sei. Hilfe zur Selbsthilfe sieht sie in einer Art genossenschaftlich organisiertem Lebensmittelanbau - genügend Brachflächen in Dortmund gebe es. Wie Prof. Wolfgang Richter erklärte, sei die Studie von der Partei „Die Linke im Rat” unterstützt worden. Man werde die Ergebnisse der Studie der Politik vorstellen.
Quelle: WR vom 15.04.10