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Das neue Schulgesetz spaltet

Das neue Schulgesetz, auf dessen Eckpunkte sich das schwarz-gelbe Landeskabinett am Dienstag verständigt hat, sorgt für kontroverse Diskussionen:

Die klare Beschränkung des Elternwillens bei der Frage, auf welche weiterführende Schule ihr Kind gehen soll. Statt dessen ein dreitägiger Prognoseunterricht, um die Eignung der Neun- bis Zehnjährigen festzustellen. Demnächst womöglich sogar eine Aufnahmeprüfung zum Gymnasium. Dazu jährliche Aufstiegsmöglichkeiten für Schüler mit einem Notenschnitt von 2,0 oder besser. Die Aufhebung der Grundschulbezirke. Und, und, und.

Was nach Ansicht von CDU und FDP in Düsseldorf den Weg aus dem Pisa-Dilemma bahnen soll, ist nach Ansicht von SPD, Grünen, Lehrergewerkschaft und Elternvertretern ein Rückschritt in die Steinzeit. Wir haben Prof. Dr. Wilfried Bos, geschäftsführender Leiter des Instituts für Schulentwicklungsforschung an der Uni Dortmund, und Monika Landgraf, Elternsprecherin aller Schulformen, um ihre Einschätzung gebeten.

Der Elternwille wird total gebrochen

Folgendes sagen Prof. Dr. Wilfried Bos, geschäftsführender Leiter des Instituts für Schulentwicklungsforschung, und Monika Landgraf, Elternsprecherin aller Schulformen zur Einschränkung des Elternwillens bei der Wahl der weiterführenden Schule:

Bos: - Kinder aus sozial besseren Verhältnissen haben deutlich bessere Chancen, eine Empfehlung für das Gymnasium zu bekommen. Eltern aus dieser Schicht neigen aber auch dazu, ihre Kinder gegen die Empfehlung aufs Gymnasium zu schicken, während sozial schwächere Eltern ihre Kinder oft trotz Empfehlung fürs Gymnasium auf Real- oder Hauptschule anmelden. Grundsätzlich gilt: Die Empfehlungen der Lehrer sind weniger ungerecht als die Entscheidungen der Eltern.

Landgraf: - Der Elternwille wird total gebrochen. Das neue Gesetz greift in Erziehung und Privatsphäre ein. Ich halte es auch juristisch für fragwürdig. Eine andere große Gefahr besteht darin, dass sich viele Eltern noch mehr aus der Verantwortung stehlen könnten. Dabei müssten sie im Gegenteil stärker als bisher mit Lehrern ins Gespräch kommen und sich beraten lassen; Lehrer müssten genau dafür besser ausgebildet werden. Ich sehe da beide Seiten in der Pflicht.

zum Prognose-Unterricht

Bos: - Wenn man ein pädagogisch vernünftiges Konzept erarbeitet, das auch spielerische Elemente enthält und die Kinder nicht unter Druck setzt, kann er eine weitere Verbesserung der Lehrerempfehlung bringen. Eine Testphase wäre wünschenswert.

Landgraf: - Ehrgeizige Eltern werden ihre Kinder vor diesen Eignungstests massiv unter Druck setzen. Ich sehe meinen Eindruck bestätigt, dass Kinder nicht mehr als junge Menschen gesehen werden, sondern als Experimentierfelder für Politiker, die sich selbst verwirklichen wollen. Kinder haben zu funktionieren. Wie soll man binnen drei Tagen besser herausfinden, für welche Schule Kinder geeignet sind als Lehrer und Eltern zuvor in vier Jahren"!

zur Aufstiegschance bei einem Notenschnitt unter 2,0

Bos: - Die Aufstiegsmöglichkeit muss vergrößert werden, die ist viel zu schlecht. Man braucht aber vergleichbare Standards, um messen zu können, ob ein Realschüler mit dem Schnitt 2,0 auf dem Gymnasium mitkommt.

Landgraf: - Ich bin für mehr Durchlässigkeit, die Grenze scheint mir aber zu ehrgeizig gewählt. Wie wär"s mit 2,5"

Aufhebung der Grundschulbezirke

Bos: - Ich bin nie begeistert, wenn solche Änderungen gleich flächendeckend eingeführt werden. Man sollte das in einer Stadt oder einem Kreis testen, flankiert durch Begleitforschung, um empirische Ergebnisse zu erhalten.

Landgraf: - Ein völlig falscher Schritt, der zu einem total ungesunden Ranking führen wird. Es geht nur ums Aussortieren. Schulen, die sich nicht top präsentieren, werden geschlossen. - eFeF

Quelle: Ruhr-Nachrichten vom 14. Dezember 2005

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