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FH will Studiengebühr boykottieren

Ratlosigkeit, Zweifel und Unmut herrschen in den Rektoraten der beiden Dortmunder Hochschulen nach der Bekanntgabe der CDU/FDP-Koalition, zum Sommersemester Studiengebühren einzuführen. Die Studentenvertretungen planen Proteste.

Zum derzeitigen Zeitpunkt verweigert sich die Fachhochschule den Landesplänen. FH-Rektor Prof. Eberhard Menzel verweist auf einen Senatsbeschluss vom 5. Januar gegen die Einführung von Studiengebühren. "Und dabei bleibt es", hieß es gestern. "Die Hochschulen sollen selbst entscheiden. Nach derzeitiger Sachlage würden wir uns gegen Gebühren entscheiden", so FH-Sprecher Jürgen Andrae.

Rektor Menzel hält die Pläne der künftigen Landesregierung für "völlig unausgegoren" und bezweifelt gleichzeitig die Umsetzbarkeit, wenn die Einführung der Gebühren der jeweiligen Hochschule überlassen bleibe. Dann komme es nämlich zu einer "ungeheuren Verschiebung der Konkurrenzsituation".

Die FH will wissen, wer denn den immensen Verwaltungsaufwand stemmen soll. Schon die Bearbeitung der Studienkonten für die gut 1000 Langzeitstudenten habe die Verwaltung an ihre Grenzen geführt. "Wenn wir künftig alle Studienkonten bearbeiten sollen, dann gute Nacht", sagt Andrae. Wie sollen Stipendien oder Kredite vergeben werden? Das seien fundamentale Fragen, auf die es derzeit noch keine Antworten gebe. Aber die Zeit dränge, wenn die Gebühren bereits zum Sommersemester 2006 eingeführt werden sollen. Man müsse jetzt dringend in einen Abstimmungsprozess mit der CDU und FDP treten, so die FH.

Viele Fragen bleiben auch bei der Uni Dortmund offen. In der aktuell angekündigten Form hält Uni-Sprecher Ole Lünnemann die Studiengebühren "für sehr unglücklich". Wenn jede Hochschule für sich Gebühren erheben müsse, werde es einen Wettbewerb der Fächer unterein-ander sowie eine Konkurrenz der Hochschulen geben. Rabatte für weniger nachgefragte Fächer und Preisaufschläge für überlaufene Fachbereiche? So wohl kaum.

"Wir sind für einen Wettbewerb der Qualität von Forschung und Lehre, nicht aber der Studiengebühr," so Lünnemann.

Für die Uni Dortmund ist es auch wichtig, "Mechanismen zu finden, die eine soziale Benachteiligung auschließen". Stipendien könnten ein Weg sein. "Aber wie sollen wir die Stipendien bewältigen? Wo soll das Geld herkommen?" Als sozial unverträglich bezeichnen auch die AStAs die Gebühren-Pläne.

Von Gerald Nill

Quelle: WR vom 07.06.2005

DGB begrüßt die Weigerung der FH

Ausdrücklich begrüßt der DGB Östliches Ruhrgebiet den Beschluss der FH Dortmund, zukünftig keine Studiengebühren zu erheben.

Kreisvorsitzender Eberhard Weber: "Jede Kopplung von Bildungschancen an materielle Ungleichheiten in der Gesellschaft bewirkt eine weitere Ungleichheit auch in der Bildung. Eine solche Politik weist eher in die Vergangenheit einer Klassengesellschaft als in die Zukunft einer demokratischen Wissensgesellschaft." Studiengebühren führten zu einer bildungspolitischen Fehlsteuerung, da nicht mehr Wissen, Fähigkeiten und Begabungen über den Hochschulzugang entscheide, sondern Einkommen und ökonomische Stärke.

Bildungskürzungen und der ständige Rückgang der Bildungsausgaben am gesamten Sozialprodukt in den letzten Jahrzehnten müssen nach Auffassung des DGB heute als Begründung für die Einführung von Studiengebühren dienen. Studiengebühren seien aber nichts anderes als eine schrittweise Privatisierung der bisher öffentlich finanzierten Bildungskosten. "Bildung ist ein öffentliches Gut, auf das alle Menschen ein gleiches Recht haben", so Weber.

Internationale Vergleiche zeigten außerdem, dass nicht die marktmäßige Steuerung des Bildungssystems gesellschaftlich die besten Ergebnisse erziele, sondern das öffentlich finanzierte.

Die von interessierter Seite erhobenen Behauptung, Studiengebühren seien eine Voraussetzung für internationale Konkurrenzfähigkeit sei falsch, so Weber in einer Mitteilung.

Quelle: WR vom 08.06.2005

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