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Frauenhaus und Hartz IV

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Auch Frauen, die vorübergehend in einem Frauenhaus Zuflucht gefunden haben, sind ab 1. Januar von den Hartz IV-Regelungen betroffen - was einige bislang ungelöste Probleme mit sich bringt. --- Artikel vom 28.12.04 aus WAZ und WAZ-Online



Quelle:   WAZ vom 28.12.04

Keine generelle "Schonfrist" im Frauenhaus bei Hartz IV
Doch Verbände haben einige Nachbesserungen durchgesetzt

Von Britta Heidemann

WAZ Essen. Der Umzug in ein Frauenhaus geschieht gemeinhin überstürzt; und auf dem Weg aus einer Gewaltbeziehung lauern Stolpersteine. Ab 2005 heißt ein weiterer: Hartz IV.

40 000 Frauen suchen jährlich Schutz im Frauenhaus, die meisten von ihnen sind im so genannten "erwerbsfähigen" Alter. "72 Prozent der Frauen sind zwischen 20 und 40 Jahre alt", weiß Eva-Maria Bordt von der bundesweiten Frauenhaus-Koordinierungsstelle in Frankfurt; zumeist hätten sie vom Einkommen ihres Mannes gelebt - sind also im Frauenhaus auf Soforthilfe angewiesen.

Bisher haben die betroffenen Frauen Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz erhalten. Nun aber werden Sozialhilfe und Arbeitslosenhilfe zusammengelegt - und die Leistungen des neuen SGB II sind auf Wiedereingliederung in die Arbeitswelt ausgerichtet. Die Frauenministerinnenkonferenz begrüßt dies, grundsätzlich - hat doch Arbeit viel mit Eigenständigkeit zu tun. Allerdings, so ihre Forderung, sollten die Frauen drei Monate Zeit haben, bis sie sich aktiv bemühen, Arbeit zu finden.

Dies aber nennt das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eine "Schonfrist", die "nicht erforderlich" sei - sondern "im Einzelfall" und "individuell" in der Eingliederungsvereinbarung festgelegt werden könne. Ob Arbeit unzumutbar sei, solle im Zweifelsfall ein Amtsarzt diagnostizieren. "Aber es geht ja auch um psychische Probleme, die kann ein Arzt ja nicht unbedingt feststellen", bemängelt Marion Steffens von der Landesarbeitsgemeinschaft autonomer Frauenhäuser in NRW.

Auch an einigen anderen Stellen drangen die Verbände scharf auf Nachbesserung . Mit Erfolg: Einigkeit besteht nunmehr darüber, dass der Umzug der Frau in ein Frauenhaus eine "Manifestation des Trennungswillens" darstellt - das wird wichtig im Kontakt mit der Arbeitsagentur, die die Frau bei der Vermittlung damit nicht mehr als Teil eines Paares behandelt. Geklärt ist zudem, dass das Frauenhaus als "gewöhnlicher Aufenthaltsort" anerkannt wird. Das heißt, dass die Frau nicht in ihren Heimatort zurückkehren muss, um Leistungen zu beantragen. "Oft reisen Frauen bewusst in entfernt liegende Städte", so Eva-Maria Bordt, "weil sie Angst haben, von ihrem gewalttätigen Partner verfolgt zu werden."

Allerdings könnte dieser ihren Aufenthaltsort erfahren, wenn ihm die Rechnung der Arbeitsagentur ins Haus flattert - das fürchten die Verbände. Denn die Agentur kann beim Ehemann, dem "Unterhaltsverpflichteten", ihre Kosten rückwirkend einfordern. Eine Ermessensentscheidung, betont das Arbeitsministerium und lehnt daher weitere Regelungen ab. "Es ist richtig, dass die Unterhaltsansprüche gegenüber dem Ehemann übergehen auf die Arbeitsagentur", betont Ulrich Waschki, Pressesprecher der Bundesagentur in Nürnberg - die aber hat drei Jahre Zeit, die Ansprüche geltend zu machen. "Ich gehe davon aus, dass wir warten." Allerdings: "Die Frau muss ihre Beweggründe deutlich machen - die Kollegen vor Ort haben einen stressigen Job, sie sind darauf angewiesen, dass man ihnen solche Dinge sagt."

27.12.2004   Von Britta Heidemann



Quelle:   WAZ-Online am 28.11.04

Frauen angewiesen auf Barzahlung

Auch Frauen, die vorübergehend in einem Frauenhaus Zuflucht gefunden haben, sind ab 1. Januar von den Hartz IV-Regelungen betroffen - was einige bislang ungelöste Probleme mit sich bringt.

So sieht Hartz IV keine Barzahlungen als Vorschuss vor. "Ich weiß aber gar nicht, wie Frauen im Frauenhaus ohne diese Barzahlungen zurecht kommen sollen", sagt Beate Kaupen. Denn viele der Frauen, die aus den ehelichen Wohnungen flüchteten, stehen zunächst einmal völlig mittellos da.

Ebenso könne nicht von jeder Frau erwartet werden, dass sie sich - wie bei Hartz IV gefordert - sofort dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellt. "Einige können das, aber andere brauchen eine längere Schonfrist", sagt Beate Kaupen. Für unbedingt erforderlich hält sie eine "Orientierungsphase", in der sich solche Frauen mit ihrer neuen Situation auseinandersetzen können. "Das muss auch ohne ärztliches Attest möglich sein", fordert die Frauenhaus-Mitarbeiterin.

In Herne habe man sich darauf geeinigt, dass voraussichtlich bis Mitte nächsten Jahres das Sozialamt Ansprechpartner für die Frauen aus dem Frauenhaus bleibt. Beate Kaupen legt Wert darauf, dass es auch künftig nur einen Ansprechpartner für die Frauen gibt, der sich mit der speziellen Thematik auskennt.

Regelungsbedarf besteht auch für Fälle, in denen die Arbeitsagentur ihre entstandenen Kosten vom Ehemann als dem Unterhaltspflichten einfordert. Er könnte auf diesem Umweg entschlüsseln, wo sich seine Ehefrau aufhält. "Wir hoffen", so Beate Kaupen, "dass sich für solche wie auch für die anderen offenen Fragen vernünftige Lösungen finden lassen."   Hei

28.12.2004

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