Fristlose Kündigung: Zwei Brötchen und eine Frikadelle
Über zwei Brötchen und eine Frikadelle sind jetzt zwei Sekretärinnen der Geschäftsführung des Bauverbands Westfalen gestolpert. Weil sie hungrig zugriffen, wurden die beiden langjährigen Angestellten fristlos gefeuert.
Beide Fälle landen jetzt vor dem Dortmunder Arbeitsgericht: Am 6. und 12. Oktober. Die Sekretärinnen klagen gegen ihre Kündigungen, handelten „ohne jedes Unrechtsbewusstsein“, wie einer der beiden Rechtsanwälte betont. Die beiden Verbands-Angestellten, 34 Jahre beim gleichen Arbeitgeber beschäftig die eine, fast 20 Jahre die andere, waren mit der Zubereitung des Mittagessens für einen Ausschuss beschäftigt. Dann bedienten sie sich unangekündigt selbst. Zwei halbe Brötchen mit Aufschnitt und eine Frikadelle verputze eine der Frauen, zwei halbe Brötchen die andere.
Erst Gespräch, dann der Rausschmiss
Über welchen Weg der Arbeitgeber feststellte, dass die Beschäftigten selbst zulangten, bleibt einem ihrer Rechtsvertreter unklar. Jedenfalls wurden die Sekretärinnen einzeln zum Gespräch gebeten. Dann folgte ihr Rausschmiss.
Ein „gestörtes Vertrauensverhältnis“ konstatiert der Vertreter der Arbeitgeberseite zu den Vorkommnissen. Rechtsanwalt Prof. Dr. Jürgen Weidemann findet: „Es wäre ein Leichtes gewesen, nachzufragen, ob sie ihren Hunger stillen könnten.“
So aber stehe ihr Arbeitgeber auf dem Standpunkt, es komme nicht auf den Wert der ungefragt und somit unrechtmäßig zu sich genommenen Dinge an, sondern einzig auf den Vertrauensverlust. Der Anwalt sieht sich auf gutem Weg, dass die fristlose Kündigung unanfechtbar bleibt und verweist auf ähnliche Fälle in der Rechts-Literatur.
Reich der Fabel
Mutmaßungen, fristlose Kündigungen aufgrund solcher Bagatellen auszusprechen, mit denen womöglich Arbeitgeber teure, alte Kräfte in wirtschaftlich schwerer Zeit los werden wollen, rückt Prof. Weidemann ins Reich der Fabel: Gleich gelagerte Fälle von Vertrauensverlust, die zu fristlosen Kündigungen führten, habe es zu jeder Zeit gegeben.
Im ersten Verfahren ist ein Gütetermin am 6. Oktober vor der 3. Kammer des Arbeitsgerichts Dortmund anberaumt.
Quelle: RN vom 25.09.09
Nächste Runde im Streit um Brötchenhälften
Im Kündigungsverfahren um den Verzehr von zwei halben Brötchen und einer Frikadelle ist gestern vor dem Arbeitsgericht der Gütetermin geplatzt.
Wie berichtet, ist einer Chefsekretärin des Baugewerbeverbandes nach fast 35 Jahren Arbeit fristlos gekündigt worden, weil sie sich von einem Imbissteller bedient hatte, den sie eigentlich für die Mitglieder einer Ausschusssitzung zubereitet hatte. Im Übrigen folgt noch ein weiteres Verfahren: Aus den gleichen Gründen hatte man noch einer weiteren Mitarbeiterin gekündigt - nach 24 Jahren Verbandsarbeit. Der Prozess ist noch anhängig.
Man sei konsterniert, dass die langjährige Mitarbeiterin zugegriffen habe, der Verband gehe schließlich mit sensiblen Daten seiner Mitgliedsbetriebe um, wenn da das Vertrauen einmal erschüttert sei, sei eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich. Und man müsse bedenken: Der Verband habe Brötchen und Frikadellen aus Mitgliedsbeiträgen finanziert.
Eine Argumentation, die Rechtsanwalt Wolfgang Pinkepank, der die Frau vertrat, einigermaßen erschütterte. Pinkepank versuchte, dem Vorgang eine Verhältnismäßigkeit zu geben. Bemerkenswert sei ferner, dass es ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung gekommen sei.
Weiterhin gehöre das Schmieren von Brötchen nicht zu den Aufgaben einer Chefsekretärin, außerdem sei bei solchen Sitzungen immer etwas übriggeblieben und aus der Tatsache, dass seine Mandantin die Ware im Vorhinein verzehrt habe, ließe sich ebenfalls kein Eigentumsdelikt herleiten. Schließlich hätten früher auch andere Mitarbeiter zugegriffen. Und außerdem: An jenem Tag seien trotz des Zugriffs noch vier Brötchenhälften und drei Frikadellen übriggeblieben.
Pinkepank gab aber zu, dass seine Mandantin „das Recht des ersten Zugriffs verletzt hat”. Nach den ganzen Jahren sei sie einfach davon ausgegangen „dass sie das durfte, und dass sie (die Geschäftsführung, d. Red.) davon wusste”. Was Verbands-Jurist Prof. Dr. Jürgen Weidemann anders sah. „Ich klau' zehn Jahre, und im elften Jahr darf ich das”?, fragte er provokant zurück.
Richterin Monika Geller gab zu erkennen, dass es sich beim Brötchenaufessen schon um „eine starke Form der Aneignung” handele. Gleichwohl sei hier nicht von einer klassischen Form eines Diebstahls auszugehen. Und auch nicht von einem besonderen Wert. Um den Wert gehe es nicht, meinte Schulte-Hiltrop, „sondern um Vertrauen”. Immer wieder Vertrauen.
„Vertrauen kann ja wieder hergestellt werden”
Der Vorschlag von Pinkpank, man solle sich nochmal zusammensetzen und nach einer Lösung suchen („Meine Mandantin bringt dann auch Brötchen und Frikadellen mit”), hinterließ keinen großen Eindruck. Auch Richterin Geller lotete aus, ob nicht doch etwas möglich sei. „Vertrauen kann ja auch wieder hergestellt werden”, meinte sie. Ob man das jetzt nicht als Abmahnung auffassen könnte. Nein, beschied ihr Weidemann: „Das Vertrauen ist unwiederbringlich verloren.” Nächster Termin und Beweisaufnahme am 14. Januar 2010.
Eine völlig erschütterte Frau verließ den Gerichtssaal. Auch Schulte-Hiltrop bekannte Probleme: „Ich fühl mich nicht wohl dabei.” Wenigstens das.
Quelle: WR vom 06.10.09
Brötchen-Prozess: Bauverbände entschuldigen sich für Kündigung
Überraschende Wendung im "Brötchen-Prozess": Der Hauptgeschäftsführer der Bauverbände Westfalen, Hermann Schulte-Hiltrop, hat sich in einem offenen Brief an eine langjährige Chefsekretärin für seine "unsensible Vorgehensweise" entschuldigt.
Zum Hintergund: Die 59-jährige Magdalene H. hatte am 21. Juli den Auftrag bekommen, Brötchen für die Sachverständigen zu schmieren. Dabei verzehrte sie zwei Brötchen-Hälften und eine Frikadelle selbst. Für diese Selbstbedienung wurde ihr nach 34 Jahren Tätigkeit für die Bauverbände fristlos gekündigt. Magdalena H. zog vors Arbeitsgericht. Am 14. Januar sollte der Richterspruch erfolgen. Nach dem offenen Brief von Hermann Schulte-Hiltrop dürfte jedoch alles anders kommen.
"Mehr Fingerspitzengefühl"
In dem Schreiben heißt es: „Es gibt sicher viele Gründe, in besonderen Härtefällen eine fristlose Kündigung aussprechen zu müssen, aber im vorliegenden Einzelfall war ich mit einer fristlosen Kündigung juristisch nicht besonders gut beraten. Selbst wenn meine Vorgehensweise einer rechtlichen Bewertung stand hält, so hätte ich mit mehr Fingerspitzengefühl handeln können. Ich habe die öffentliche Entschuldigung der Mitarbeiterin vor Gericht angenommen und möchte, dass sie auch meine Entschuldigung akzeptiert.“
Kein "kaltes Klima"
Der Hauptgeschäftsführer hebt in seinem offenen Brief aber auch hervor, dass es noch nie in der Geschichte des Verbandes zu einer fristlosen Kündigung gekommen sei. Auch herrsche kein „kaltes Klima“. Das Gegenteil sei der Fall, denn im Schnitt blieben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über zwei Jahrzehnte für den Verband tätig. Verträge, die über 30 und 40 Jahre hielten, seien keine Einzelfälle.
Der Verband sei sich seiner sozialen Verantwortung voll bewusst. Die Anwälte haben bereits Kontakt untereinander aufgenommen, um eine außergerichtliche Vereinbarung herzustellen. Schulte-Hiltrop: „Ich werde eine Lösung anstreben und umsetzen, die für beide Seiten annehmbar ist.“ Die Kündigung bleibt jedoch bestehen.
Quelle: RN vom 11.10.09
Brötchen-Prozess: Diebstahl-Vorwurf ist aus der Welt
Zwei Brötchen-Hälften und eine Frikadelle wurden einer Sekretärin der Baugewerbeverbände Westfalen zum Verhängnis. Magdalena H. erhielt die fristlose Kündigung. Jetzt gibt es eine außergerichtliche Einigung.
Den Diebstahlsvorwurf erhält der Arbeitgeber nicht aufrecht. „Die außergerichtlichen Verhandlungen waren sehr fair“, betont Rechtsanwalt Wolfgang Pinkepank, der die Sekretärin vertritt. Die Aufbereitung des Sachverhalts habe ergeben, dass auf beiden Seiten Missverständnisse vorlagen, ohne die es nicht zu der Auseinandersetzung gekommen wäre. Daher werde der Diebstahlsvorwurf gegenüber der 59-Jährigen zurückgenommen.
Kein weiteres Arbeitsverhältnis
„Dennoch entsprach es dem Wunsch beider Seiten, das Arbeitsverhältnis nicht fortzusetzen, sondern durch eine für beide Seiten tragbare Vereinbarung sozial verträglich zu beenden“, so der Anwalt. Wie diese sozialverträgliche Lösung aussieht, dazu mochte er nichts sagen. „Wir haben absolutes Stillschweigen vereinbart.“
Für seine Mandantin sei es eine große Erleichterung vom Makel des Diebstahls befreit zu sein. Darüber hinaus sei sie auch froh, dass es nach 34 Jahren der Zusammenarbeit mit ihrem Arbeitgeber zu einer gütlichen Einigung gekommen sei.
Richtiger Weg
„Das ist für beide Seiten der richtige Weg“, meint auch Norbert Breidenbach, stellvertretender Geschäftsführer der Bauverbände. Hauptgeschäftsführer Hermann Schulte-Hiltrop hatte sich bereits im Vorfeld für sein „unsensibles Vorgehensweise“ entschuldigt.
Im Exklusivgespräch mit den Ruhr Nachrichten hatte er auch gesagt, dass, könnte er die Zeit zurückdrehen, versuchen würde, die Sache ohne Gerichtstermin zu regeln. „Aber das Arbeitsverhältnis würde ich auch heute noch beenden.“
Keine Kündigung wegen Nichtigkeiten
Pinkepank fragt sich generell, ob es bei Verfehlungen von Arbeitnehmern immer gleich die Höchststrafe, also die fristlose Kündigung sein müsse. Eine Abmahnung sei auch eine Möglichkeit.
Die Arbeitgeber sollten mal in sich gehen und überlegen, wie oft sie kostenlose Leistungen ihrer Mitarbeiter – etwa in Form von unbezahlten Überstunden – in Anspruch nähmen. Eine Kündigung wegen Nichtigkeiten passe da nicht.
Quelle: RN vom 19.11.09
Brötchen-Prozess: 2. Sekretärin Weiterbeschäftigung angeboten
Der "Brötchen-Fall" bei den Bauverbänden Westfalen ist immer noch nicht ausgestanden. Denn mit der zweiten Sekretärin, der fristlos wegen des Verzehrs der Brötchen mit Aufschnitt gekündigt worden war, gibt es noch keine Einigung.
Für den 10. Dezember ist beim Arbeitsgericht Dortmund ein Gütetermin angesetzt. Die Bauverbände hatten sich mit der Sekretärin Magdalena H.doch noch außergerichtlich geeinigt. Ihr war zunächst fristlos gekündigt worden, weil sie zwei Brötchen-Hälften und eine Frikadelle vom Buffet genascht hatte. Die Bauverbände hatten im Nachhinein den Diebstahl-Vorwurf zurückgenommen. Außerdem war eine sozialverträgliche Vereinbarung erzielt worden, über die beide Seiten Stillschweigen vereinbart hatten.
Außergerichtliche Einigung beabsichtigt
Es gab jedoch eine weitere Sekretärin, die sich ebenfalls am Bufett bedient hatte. Sie hatte sich zwei Brötchen-Hälften mit Aufschnitt schmecken lassen. Auch dafür gab es die fristlose Kündigung nach 17 Jahren Betriebszugehörigkeit.
„Wir wollen uns auch im zweiten Fall außergerichtlich einigen“, betont Andreas Seepe, Pressesprecher der Bauverbände. Man habe der Betroffenen ein Vergleichsangebot unterbreitet, dass entweder eine Abfindung oder eine Weiterbeschäftigung vorsehe.
Vertrauensverhältnis nicht ganz zerstört
Dass die Bauverbände in diesem Fall sogar die Weiterbeschäftigung angeboten haben, habe damit zu tun, dass man den Einzelfall betrachten müsse.
Und im zweiten Fall sei das Vertrauensverhältnis nicht so empfindlich gestört worden wie im Fall von Magdalena H. Noch gebe es von der betroffenen Sekretärin allerdings keine Antwort auf das Vergleichsangebot.
Quelle: RN vom 05.12.09