Lohndumping bei Schlecker: Gleiche Arbeit für weniger Geld
Leiharbeit und Lohndumping - das ist auch in Dortmund ein Thema. Und auch hier mischt die Firma Schlecker mit, die in diesen Tagen im Kreuzfeuer der Kritik steht.
Schlecker geht an einigen Orten der Republik mit der Devise „halber Lohn für gleiche Arbeit” vor. Und macht so noch mehr ihrer Mitarbeiter zu „Aufstockern” (Hartz IV), weil die von ihrem Lohn allein nicht leben können.
Rund 60 Schlecker-Filialen gibt es in Dortmund. Im April soll an der Altenderner Straße der erste „Schlecker XL” öffnen und gleichzeitig die bisherige Filiale schräg gegenüber schließen. Das alte Personal „darf sich bewerben” bei der neuen Firma. Aber mit dem Wechsel sinkt der Lohn: Der Mitarbeiterin, die gegenwärtig den „Spitzenlohn” mit über 12 Euro/Stunde in Derne erhält, sei erklärt worden, dass sie „auf keinen Fall über zehn Euro/Stunde” verdienen könne.
Wieviel die beiden Teilzeitkräfte, die dort arbeiten, weniger erhalten? Das ist völlig ungeklärt. Aber sicher ist: Der Stundenlohn soll sinken. Wenn das XL-Modell von Schlecker Schule macht, wird voraussichtlich die JobCenter-ARGE den Lohnverlust ausgleichen müssen.
Mit dem Wechsel verlieren die Beschäftigten auch ihren bisherigen Kündigungsschutz. Ob es Weihnachts- und Urlaubsgeld geben wird? Schlecker lässt sich nicht in die Karten schauen. Gabi Wittig, Schlecker-Betriebsratsvorsitzende: „Das Schlimme ist, dass so aus Stammpersonal plötzlich auch wieder Berufsanfänger mit kurzen Kündigungszeiten werden.”
„Wir haben die Befürchtung, dass Unternehmen wie Schlecker die Leiharbeit als goldenen Weg zu Flexibilisierung missbrauchen”, so Dortmunds Verdi-Chef Michael Bürger. Jutta Reiter, DGB-Vorsitzende Region Dortmund-Hellweg, kritisiert einige Leiharbeitsfirmen. Nachdem das „Synchronisationsverbot” gefallen sei - also das Verbot, eine Leiharbeitstätigkeit nur mit der Dauer eines Einzelauftrags zu koppeln - entledigten sich die Leiharbeitsfirmen des unternehmerischen Risikos und bürdeten es den Mitarbeitern auf. „Auch schlecht” sei, dass Leiharbeitsfirmen kaum das Instrument Kurzarbeit nutzten. Gegen den Vorwurf, die Mitarbeiter zu Dumpinglöhnen zu beschäftigten, wehren sich nicht nur Unternehmen wie Tedi oder Kik. Gestern ging Richard Enning, Vorstand der Waschstraßenkette Mr. Wash, in die Offensive. Zuvor hatte das ZDF-Magazin Frontal21 berichtet, bei Mr. Wash verdienten Mitarbeiter - wenn wenig Kunden kommen - nur 20 Cent die Stunde. Enning: „Das ist vollkommen falsch. Jeder der Mitarbeiter verdient 6 Euro/Stunde mindestens, auch Aushilfen.”
Hinzu kämen, je nachdem wie viele Autos gewaschen oder gereinigt würden, Zuschläge. 43 Festangestellte und 17 Aushilfen beschäftigt Mr. Wash am Heiligen Weg. Die Teams, die etwa in der Innenreinigung arbeiteten, erhielten je Fahrzeug einen Euro. Wenn 20 Kfz in der Stunde gereinigt werden, seien das 20 Euro. Ein Team bestehe im Schnitt aus sieben Kräften. So kämen auf jedes Teammitglied in diesem Rechenbeispiel rund 2,80 Euro zusätzlich zum 6-Euro-Stundenlohn.
Als „Fehler”, den man sofort korrigieren wolle, so Enning, werde man allen Aushilfen nun schriftliche Arbeitsverträge geben. Bisher galten mündliche Vereinbarungen und die ordentliche Anmeldung beim Amt. „Unsinn” sei dagegen die Behauptung, Mr. Wash behalte Trinkgelder ein, die Kunden in Sammelbehälter einwerfen. Die Filialleiter in Nürnberg, die vor zwei Jahren Trinkgeldbetrug begangen hätten, habe man damals gekündigt und angezeigt. Enning, der um den guten Ruf seines Unternehmens fürchtet, lud gestern nicht nur Journalisten ein: „Jeder Kunde kann sich bei uns vor Ort überzeugen, dass die Mitarbeiter selbst gegen die Vorwürfe von Frontal21 wettern.”
Quelle: WAZ vom 13.01.10