Weiblich, Teilzeit und schlecht bezahlt, protestiert nicht
Wenn's ums Sparen geht, kennt Schlecker kein Pardon. Die Drogeriekette möchte lieber heute als morgen keine Überstunden mehr bezahlen.
Eigentlich wollte man in Nordrhein-Westfalen schon rückwirkend ab September zu neuen Überstunden-Regelungen kommen, scheiterte aber laut Verdi am Protest der Betriebsräte. „Aber das wird kommen. Schlecker zieht das durch”, so Gewerkschaftssekretär Reiner Kajewski. Es sei ein Kreuz mit dem Einzelhandel. Statt Vollzeit arbeiteten die Frauen in dieser Branche inzwischen mehrheitlich Teilzeit oder geringfügig auf 400-Euro-Basis. Leider verdienten die „Geringfügigen” in den seltensten Fällen 400 Euro. „Die Stundenlöhne sind so gering, dass sie für diesen Betrag 61,5 Stunden arbeiten müssten”, rechnet Kajewski vor. Er weiß, dass Schlecker keinen Protest fürchten muss. „Weiblich, Teilzeit und schlecht bezahlt, protestiert nicht”. Die hier beschäftigten Frauen seien froh, arbeiten zu dürfen.
Wie schwer es ist, zukünftig auf bezahlte Überstunden verzichten zu müssen, erzählt eine stellvertretende Filialleiterin aus Dortmund. Die Mitt-vierzigerin kommt auf 1200 Euro netto im Monat, inclusive Überstunden. Ohne bezahlte Mehrarbeit landen lediglich 800 Euro auf ihrem Konto. „Dann hätte ich ein ernsthaftes Problem. Denn ich wüsste nicht, wo ich bitteschön noch sparen sollte”, sagt die Mutter von schulpflichtigen Kindern, die schon heute jeden Cent umdrehen muss. Überstunden in Freizeit auszugleichen - das praktiziert ihr Arbeitgeber bereits in anderen Filialen - kommentiert sie so: „Freizeit kostet auch Geld.”
In anderen Bundesländern schon Praxis
Dabei hat die Frau es schon weit gebracht. Denn wer beim Drogerie-Discounter einen Stundenlohn von 12,67 brutto verdient, gehört in der Schlecker-Hierarchie zu den Spitzenverdienern. Wer zudem noch seine Überstunden abrechnen kann, darf sich glücklich nennen. „Damit kann ich leben. Aber die meisten verdienen weniger als ich. Da sind die Überstunden fest einkalkuliert”, sagt die Insiderin.
Sie berichtet, dass Schlecker auch die schlecht Bezahlten tariflich entlohne. Alles gehe mit rechten Dingen zu. Doch jeder - egal, ob Spitzenverdienern oder nicht - sei Mädchen für alles. Paletten abladen, Regale befüllen, Kassieren, Kunden beraten, putzen. In einer 150 Quadratmeter-Filiale mit zwei Stellen, „gibt's keine Pausen”.
„Zwölf Stunden Arbeit, zehn Stunden abrechnen sind okay”, sagt sie. Aber alle anderen Überstunden müssten bezahlt werden. Meint sie. Doch laut Verdi wird Schlecker alles tun, um das günstige Modell „Verkaufshilfen” durchzusetzen.
Quelle: der westen vom 24.10.08