Mehrwertsteuer erhöhen?
Infos zur Mehrwertsteuer und was eine Erhöhung wem bringen wird (oder auch nicht)
Die Mehrwertsteuer (Mwst), auch Umsatzsteuer genannt, ist die Steuer des „täglichen Lebens“. Sie wird fast auf alle Waren, Dienstleistungen und Güter erhoben. Besteuert wird der „Mehrwert“ auf jeder Produktionsstufe (Nettoumsatzsteuer). Eine Mehrfachbelastung wird durch den so genannten Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Dieser berechtigt Unternehmer, die Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer wieder abzusetzen, die er an andere Unternehmen für erhaltene Vorleistungen gezahlt hat. Die auf den verschiedenen Stufen anfallende Steuer kann also jeweils abgezogen werden, so dass die Mehrwertsteuer letztendlich auf den Endverbraucher abgewälzt und von diesem gezahlt wird.
Die Mehrwertsteuer ist eine so genannte Gemeinschaftssteuer von Bund und Ländern, die sich das Aufkommen annähernd paritätisch teilen.
In der aktuellen politischen Diskussion hat die CDU/CSU vorgeschlagen, den Normalsatz der Mehrwertsteuer von 16 auf 18 Prozent zu erhöhen. Dafür sollen die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von 6,5 auf 4,5 Prozent gesenkt werden. Was ist davon zu halten?
Wirkungen auf die Beschäftigten
Für die Beschäftigten bedeutet das zunächst einmal ein Prozent weniger Abzüge vom Einkommen, also netto mehr Geld. Die Unternehmer werden aber versuchen, die höhere Steuer über die Preise abzuwälzen. Gelingt diese Preiserhöhung, wäre die leichte Nettoeinkommenserhöhung schnell wieder aufgebraucht.
In dem Fall würde die ohnehin schwache Binnennachfrage um rund 10 Milliarden Euro belastet. Das ist Gift für Konjunktur, Wachstum und Beschäftigung.
Gelingt die Überwälzung auf die Endpreise nicht, weil z.B. die Konkurrenzsituation in einer Branche dies nicht zulässt, würde die Kostenbelastung in den Unternehmen steigen und der Druck auf die Löhne erhöht! Unter dem Strich bleibt: Die Entlastung bei den Sozialabgaben wird durch höhere Preise oder geringere Löhne aufgehoben.
Wirkungen auf andere Bevölkerungsgruppen
Alle diejenigen, die keine oder nur geringe Sozialbeiträge zahlen, würden benachteiligt. Dazu zählen Erwerbslose, Beamt/innen, Rentner/innen, Geringverdienende u.a.m. Eine höhere Mehrwertsteuer verschärft die Verteilungsungerechtigkeit. Zu den eindeutigen Verlierern würde insbesondere die wachsende Gruppe der Rentner/innen zählen!
Negative Verteilungswirkungen Eine wesentliche Fragestellung bei jeder Steuer, bzw. Steuererhöhung ist deren Verteilungswirkung. Deshalb ist eine hohe, bzw. wie von der Union geplant noch höhere Besteuerung des Verbrauchs immer kritisch zu sehen. Wer wenig verdient, konsumiert sein Einkommen überwiegend oder ganz. Bei steigenden Einkommen sinkt der Anteil des Konsums und damit auch die anteilige Steuerlast.
Im Gegensatz zur Einkommensteuer, die progressiv wirkt (mit steigendem Einkommen steigt die Steuerlast), wirkt die Mehrwertsteuer also regressiv. Das bedeutet, dass Niedrigeinkommen anteilig mehr belastet werden als große Einkommen. Eine Mehrwertsteuererhöhung trifft also immer diejenigen mit kleinen Einkommen und vor allem diejenigen, die ihr gesamtes Einkommen konsumieren müssen. Dieser Effekt wird durch den ermäßigten Satz von sieben Prozent zwar etwas gedämpft, die negative Verteilungswirkung bleibt aber.
Mehrwertsteuer - auf einen Blick
16 Prozent = Normalsatz: gilt für die meisten Waren, Güter und Dienstleistungen.
7 Prozent = ermäßigter Satz: gilt für Lebensmittel, Personennahverkehr, Bücher, Zeitungen, bestimmte Kunstgegenstände u.a.m.
0 Prozent = von der Mehrwertsteuer befreit: Mieten, Arzthonorare, Eintrittspreise für Konzernte, Museen, Theater.
Aufkommen: Bei der Einführung der Mehrwertsteuer im Jahre 1968 betrug der Satz 10 Prozent, das gesamte Aufkommen 13 Mrd. Euro. Das waren 21 Prozent des gesamten Steueraufkommens. 1993 betrug der Normalsatz bereits 15 Prozent und das Aufkommen über 100 Mrd. Euro. 2004 betrug der Normalsatz 16 Prozent und das gesamte Aufkommen 137 Mrd. Euro. Das waren 34 Prozent des gesamten Steueraufkommens.
Eine Erhöhung um einen Prozentpunkt würde (rechnerisch) zu Mehreinnahmen von rund 8 Mrd. Euro führen.
Quelle: ver.di Landesbezirk NRW, Ressort 1, Abt. Wirtschaftspolitik – August 2005/GL