Neue Regierung macht alles noch schlimmer
Gestern stellte die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik ein Sondermemorandum zum Koalitionsvertrag mit dem Titel »Koalitionsvertrag: Am Kernproblem vorbei – beschäftigungspolitischer Leerlauf« in Berlin vor.
Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik hat die Pläne der neuen Regierung scharf kritisiert: Nicht die Arbeitslosigkeit werde bekämpft, sondern die Arbeitslosen.
Der Koalitionsvertrag ist bei den Wirtschafts- und Finanzexperten der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik auf massive Kritik gestoßen: Die neue Regierung werde die Krise im Land nachhaltig verschärfen, sagte der Sprecher der Gruppe, Heinz Bontrup, am Montag in Berlin. Ein Konzept zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit sei nicht erkennbar, bemängelte er.
Bekämpft werde nicht die Arbeitslosigkeit, sondern Arbeitslose und sozial Schwache, so der Vorwurf. Die neue Regierung wolle «die unheilvolle neoliberale Politik der Vorgängerregierungen» unbeirrt fortsetzen. Dabei habe die Haushaltssanierung oberste Priorität und nicht der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit.
Die Arbeitsgruppe um den Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel legt einmal jährlich ein Memorandum vor, das als «Gegengutachten» zu dem Gutachten des Sachverständigenrates der Bundesregierung gilt.
Das schafft keine neuen Jobs
Die Wirtschaftswissenschaftler kritisierten insbesondere die geplante Senkung des Beitrages zur Arbeitslosenversicherung: Wer die Arbeitskosten direkt oder indirekt senke, schwäche damit gleichzeitig die Binnennachfrage, «also jene Kraft, die für Wachstum und Arbeitsplätze sorgt». Dies werde keinen einzigen Arbeitsplatz schaffen. Die neue Regierung will den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung ab Januar 2007 auf 4,5 Prozent von derzeit 6,5 Prozent reduzieren.
Auch die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent werde die Inlandsnachfrage belasten, warnten die Wirtschaftsexperten. Dadurch drohten vor allem kleinen und mittleren Unternehmen Verluste. Die geplante Reichensteuer sei in diesem Zusammenhang nur ein Täuschungsmanöver, um den Eindruck sozialer Ausgewogenheit zu erwecken.
Arbeitsgruppe fordert höhere Ausgaben
Auf wenig Gegenliebe stößt auch die geplante Lockerung des Kündigungsschutzes: «Dies führt zu einem noch größeren Klima der Angst und Unsicherheit mit weiteren negativen Auswirkungen auf den privaten Konsum - wie auch die Psyche und damit die Gesundheit», so die Experten. Nach den Plänen von Union und SPD wird die Probezeit bei Neueinstellungen auf zwei Jahre ausgeweitet. Damit gilt der gesetzliche Kündigungsschutz faktisch erst nach Ablauf dieser Frist.
Die Wissenschaftler um den Bremer Ökonom Rudolf Hickel fordern stattdessen höhere Staatsausgaben, die durch eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und höhere Erbschaftssteuern finanziert werden. Sie verlangen zudem inflations- und produktivitätsorientierte Lohnerhöhungen, die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, weitere Arbeitszeitverkürzungen sowie die Einführung eines bedarfsorientierten Grundeinkommens für nicht mehr Arbeitsfähige. (nz)
Das Sondermemorandum als PDF-Datei findet Ihr hier:
<http://www.memo.uni-bremen.de/docs/sondermemorandum2005.pdf>
Quelle: www.netzeitung.de vom
21. Nov 2005