Benutzerspezifische Werkzeuge
Sie sind hier: Startseite Soziale Lage / Sozialpolitik Erwerbslos / Hartz ... „Hartz-IV-Fortentwicklungsgesetz“: Sozialgesetzbuch wird zum Strafgesetzbuch

„Hartz-IV-Fortentwicklungsgesetz“: Sozialgesetzbuch wird zum Strafgesetzbuch

- Übersicht zu den Änderungen - (Stand: Bundestagsbeschluss vom 1.6.2006 einschließlich der vom Ausschuss für Arbeit und Soziales kurzfristig eingefügten Änderungen. Die meisten Regelungen sollen zum 1.8.2006 in Kraft treten)

Kleine Lesehilfe: Die Übersicht beginnt mit den nach Relevanz sortierten Änderungen des SGB II (Grundsicherung für Arbeitsuchende). Daran schließen sich Erläuterungen zum In-Kraft-Treten an. Abschließend werden noch ausgewählte, wesentliche Änderungen im SGB III und im Bundeskindergeldgesetz kurz dargestellt.


1. SGB II:

Sanktionen (§ 31)

Bei der ersten „Pflichtverletzung“ (außer Meldeversäumnissen) wird das ALG II um 30 % der maßgebenden Regelleistung gekürzt, bei der zweiten Pflichtverletzung innerhalb eines Jahres (bisher drei Monate) um 60 % der maßgebenden Regelleistung und bei der dritten wird das ALG II (komplette Leistung einschließlich Kosten der Unterkunft, Mehrbedarfe) vollständig gestrichen – jeweils für die Dauer von drei Monaten (bei unter 25-Jährigen auch sechs Wochen möglich). Das Amt kann den vollständigen Leistungsentzug in eine Kürzung in Höhe von 60 % der Regelleistung abmildern, wenn der Betreffende sich „nachträglich bereit erklärt, seinen Pflichten nachzukommen“.

Bei unter 25-Jährigen greift der vollständige Leistungsentzug bereits bei der zweiten Pflichtverletzung (außer Meldeversäumnissen). Die bisherige Vorgabe, dass zumindest die Mietkosten an den Vermieter weiter gezahlt werden müssen, wird gestrichen, ins Ermessen des Amtes gestellt und daran gekoppelt, das die Pflichtverletzung nachträglich behoben wird (siehe oben). Die Gewährung von Sachleistungen im Kürzungsfall ist ebenfalls nur noch eine Kann-Vorschrift.

Bei Meldeversäumnissen beträgt die erste Kürzung 10 % der Regelleistung, die zweite 20 %, die dritte 30 % usw. (Bezugsrahmen: ein Jahr).


Exkurs: Rechtsfolgebelehrung (§ 31)

Im Sanktions-Paragrafen 31 wird an zwei Stellen die Vorgabe gestrichen, dass der Betreffende vorher über die Rechtsfolgen zu belehren ist. Anders als von einigen zunächst befürchtet, haben diese Streichungen keine Auswirkungen, da es sich um Wiederholungen handelte. Es bleibt dabei, dass einer Sanktion zwingend eine Rechtsfolgebelehrung vorausgehen muss, denn die Rechtsfolgebelehrung wird in den Absätzen vorgegeben, in denen die Anlässe für Sanktionen aufgelistet werden.


Eheähnliche Paare“ / Beweislastumkehr / Bedarfsgemeinschaft (§ 7)

Zur Bedarfsgemeinschaft gehört (und damit „finanziell haftbar“ ist) zukünftig auch: „eine Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.“ (§ 7 Abs. 3 Nr. 3 neu) In der Gesetzesbegründung dazu wird zwar noch Bezug auf die Vorgaben der obersten Gerichte zu „eheähnlichen Gemeinschaften“ genommen. Doch nach dem anschließenden neuen § 3a darf das Amt ein „Füreinander-Einstehen“ u.a. schon sehr „niedrigschwellig“ vermuten, „wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben“. Weitere (alternative) Kriterien sind: ein gemeinsames Kind lebt im Haushalt, ein Kind oder Angehöriger wird versorgt, Verfügung über Einkommen/Vermögen des anderen.

Im Gesetz findet sich kein Wort darüber, wie Betroffene die Vermutung widerlegen können. Der Bundesdatenschutzbeauftrage Erwin Schar geht von einer eidesstattlichen Erklärung aus. Laut Gesetzesbegründung muss nachgewiesen werden, dass alle vier Kriterien nicht zutreffen (dabei ist die „1-Jahres-Frist“ schon für viele Zweck-Wohngemeinschaften definitiv nicht zu widerlegen !!!) bzw. „die Vermutung durch andere Umstände entkräftet wird“.


Vermögensfreibetrag (§ 12)

Der allgemeine Vermögensfreibetrag wird von 200 auf 150 Euro pro Lebensjahr gekürzt, der für Kinder auf 3.100 und der Höchstbetrag auf 9.750 Euro. Der spezielle Freibetrag für die Altersvorsorge wird auf von 200 auf 250 Euro erhöht, der Höchstbetrag auf 16.250 Euro.

Was auf den ersten Blick als unproblematisches Nullsummenspiel erscheinen mag, ist tatsächlich eine heftige Verschärfung der Bedürftigkeitsprüfung: Da die Freibeträge strikter zweckgebunden werden, droht vielen Erwerbslosen (vorübergehend) der Verlust des Leistungsanspruchs.

Achtung Regelungslücke: Laut Gesetzesbegründung soll „Vermögen zielgerichteter für die Altersvorsorge eingesetzt“ werden. Dem steht aber das „Gesetz über den Versicherungsvertrag“ (VVG) entgegen. D.h., ALG-II-Bezieher können den neuen, erhöhten Freibetrag für die Altersvorsorge gar nicht ausschöpfen. Laut VVG müssen Versicherungsverträge grundsätzlich kündbar, also auflösbar und verwertbar sein (Verbot des Verwertungsausschlusses). Im Rahmen von „Hartz IV“ wurde 2003 eine Ausnahme ins VGG aufgenommen, die immer noch gilt: Nur ein Betrag von 200 € pro Lebensjahr (max. 13.000 Euro) darf zweckgebunden für die Altersvorsorge bis zum Eintritt in den Ruhestand von der Verwertung ausgeschlossen werden.

Nunmehr drohen ALG-II-Bezieher „durch alle Roste zu fallen“. Das Amt verwehrt Leistungen nach SGB II, weil „zuviel“ nicht für die Altersvorsorge zweckgebundenes Vermögen da ist. Eine Umschichtung hin zur Altersvorsorge ist dem Betreffenden aber gar nicht möglich, da die Versicherer solche Verträge nicht anbieten dürfen.


Ausschluss zusätzlicher Leistungen

Während Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und Erwerbsloseninitiativen eine Erhöhung der Regelleistungen und eine Öffnungsklausel für besondere, zusätzliche Bedarfe fordern, steht im Gesetz künftig das genaue Gegenteil: Die „vorgesehenen Leistungen decken den Bedarf. […] Eine davon abweichende Festlegung der Bedarfe ist ausgeschlossen“ (§ 3 Abs. 3). Im Zusammenhang mit den Darlehen für „unabweisbare Bedarfe“ heißt es: „Weitergehende Leistungen sind ausgeschlossen“ (§23 Abs. 1).


Stiefeltern-Unterhalt“ ( § 9 Abs. 2)

Vorhandenes Einkommen muss auch für in der Bedarfsgemeinschaft lebende Kinder des Partners eingesetzt werden, so dass diese gegebenenfalls ihren bisherigen Leistungsanspruch verlieren (bisher nur für leibliche Kinder sowie für die Kinder des Ehepartners ihm Rahmen der „Unterstützungsvermutung unter Verschwägerten“).


Abschreckendes“ Sofortangebot (15 a)

Erwerbsfähigen Personen, die in den letzten zwei Jahren keine Geldleistungen nach SGB II oder SGB III erhalten haben, soll bei der Antragstellung unverzüglich eine „Leistung zur Eingliederung in Arbeit“ angeboten werden. Absehbar wird es sich dabei ganz überwiegend um 1-Euro-Jobs handeln (was auch sonst?). Die Regelung setzt eindeutig auf Abschreckung. Denn passgenaue Hilfen, die die Arbeitsmarkt-Chancen verbessern helfen können, setzen einen entsprechenden Beratungs- und Klärungsprozess voraus und können naturgemäß nicht beim Erstkontakt angeboten werden.


1-Euro-Jobs

Die Arbeitsgelegenheiten werden Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen gleichgestellt. Damit wird der bisher vom Gesetz nahe gelegte Nachrang der Arbeitsgelegenheiten gegenüber anderen Instrumenten abgeschafft. (§ 16 Abs. 1).

Die Aufwandsentschädigung bei 1-Euro-Jobs wird nicht für Urlaubszeiten gezahlt (16 Abs. 4).


Kontrollen (§ 6 Abs. 1)

Den Arbeitsagenturen und Kommunen wird gesetzlich vorgegeben, einen „Außendienst zur Bekämpfung des Leistungsmissbrauchs einzurichten“.


Kosten der Unterkunft

Wer ohne zwingenden Grund in eine teurere (aber immer noch angemessene) Wohnung umzieht, erhält nicht die tatsächlichen sondern nur die bisher bezogenen Unterkunftskosten. (§ 22)

Rückzahlungen (Guthaben) von Kosten für Unterkunft und Heizung werden nicht mehr wie bisher als Einkommen angerechnet sondern mit den Unterkunftskosten im Folgemonat verrechnet. Sie kommen somit nicht mehr dem Bund sondern den Kommunen zugute. Durch die Neuregelung entfallen jedoch auch die bei der Einkommensbereinigung vorgesehen Absetzbeträge (30-Euro-Versicherungspauschale, ggf. Kfz-Haftpflichtversicherung).

Zuständig für die Kosten-Zusicherung für eine neue Unterkunft ist der bisher örtlich zuständige Träger. Der für den Ort der neuen Unterkunft örtliche zuständige Träger ist zu beteiligen (§ 20 Abs. 2).

„Wohnungsbeschaffungskosten“ und Umzugskosten können durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen Träger übernommen werden; eine Mietkaution durch den am Ort der neuen Wohnung zuständigen Träger.

Wer BAföG, BAB oder Ausbildungsgeld nach SGB III bezieht erhält einen Zuschuss zu den ungedeckten, angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung (§ 22 Abs. 7). Voraussetzung ist aber, dass die neue Verpflichtung für unter 25-Jährige, sich einen Umzug vorab vom Amt genehmigen lassen zu müssen (Abs. 2a), eingehalten wird. Der Zuschuss zu den Unterkunftskosten ist kein Bestandteil des ALG II und löst somit keinen Einbezug in die Sozialversicherungen aus (§ 19 S. 2).

Um die im März beschlossene „Stallpflicht“ für junge Erwachsene wasserdicht zu machen, wird eine Gesetzeslücke geschlossen: "Leistungen für Unterkunft und Heizung werden Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht erbracht, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.“


Erreichbarkeits-Anordnung

Die „Erreichbarkeits-Anordnung“ gilt künftig auch für ALG-II-Bezieher (§ 7 Abs. 4a). Danach muss der Arbeitslose an jedem Werktag persönlich Post vom Amt zur Kenntnis nehmen können.

Neben dieser Verpflichtung schafft die Anordnung aber auch Rechtssicherheit, da sie auch den „3-Wochen-Urlaubsanspruch“ nach vorheriger Absprache sowie weitere „unschädliche“ Abwesenheitsgründe regelt. Einige Ämter hatten die Regelungen bereits in der Vergangenheit auf ALG-II-Bezieher angewendet. Andere hatten die Möglichkeit, Urlaub zu machen, grundsätzlich (für ALG-II-Bezieher) abgestritten.


Zuschlag für ehemalige ALG-I-Bezieher (§ 19, § 24)

Es wird definiert, dass der Zuschlag für ehemalige Bezieher von ALG I (nach § 24) nicht Teil des ALG II ist und somit nicht bei der Bedürftigkeitsprüfung auf der Bedarfsseite mitberücksichtigt wird (§ 19). Den Zuschlag erhält nur, wer auch ohne den Zuschlag Anspruch auf ALG II hat (anrechenbares Einkommen ist geringer als die Summe aus Regelleistung, ggf. Mehrbarfszuschläge und Kosten für die Unterkunft). Mit dieser Regelung wird die gängige Praxis der Ämter im Gesetz nachvollzogen und legitimiert.

Es wird ausdrücklich bestimmt, dass der Zuschlag nach der erstmaligen Bemessung unverändert bleibt. Ausnahme: Wenn ein Partner die Bedarfsgemeinschaft verlässt, muss neu gerechnet werden. Bisher fehlte eine Aussage im Gesetz, ob und wie der Zuschlag an geänderte Verhältnisse angepasst werden muss. Entsprechend dem konkret vorgegebenen Rechenweg hätte beispielsweise bisher ein hinzukommendes Einkommen den Zuschlag eigentlich erhöhen müssen (weil der ALG-II-Auszahlbetrag sinkt) und die Geburt eines Kindes (ALG-II-Auszahlbetrag steigt) den Zuschlag verringern müssen.

Die Höchstbeträge im zweiten Jahr werden auf 80 € für Alleinstehende, 160 € für Paare und 30 € pro Kind festgelegt. Bisher waren ausdrücklich nur die Höchstbeträge im ersten Jahr genannt (160 €, 320 €, 60 €) und der Wortlaut – „Nach Ablauf des ersten Jahres wird der Zuschlag um 50 von Hundert vermindert“ – legte eher eine andere Interpretation nahe:


Beispiel Alleinstehender

1.Jahr

a) Rechnerischer Zuschlag vor der Deckelung: 200 €

b) Deckelung auf Höchstbetrag: 160 €


2. Jahr

c) 50 % von a) 100 €


Einkommensbereinigung / -anrechnung ( § 11)

Geleistete (titulierte oder notariell beurkundetet) Unterhaltszahlungen können vom Einkommen abgesetzt werden (Höchstgrenze: gesetzliche Unterhaltsverpflichtung), bevor das Einkommen angerechnet wird (wurde bisher schon praktiziert allerdings ohne Rechtsgrundlage).

Ebenso absetzbar sind Einkommensteile, die bereits im Rahmen des BAföG / BAB für ein Kind angerechnet wurden.

Der Anteil des Pflegegeldes für den „erzieherischen Aufwand“ wird für das 3. Pflegekind zu 75 % und für das vierte und jedes weitere Pflegekind vollständig als anrechenbares Einkommen gewertet.

Bei selbständiger Tätigkeit ist es nicht mehr erforderlich, sich das Einkommen vom Auftraggeber bescheinigen zu lassen (§ 58).


Energiekosten (§ 20)

Es wird klargestellt, das die „Haushaltsenergie ohne auf die Heizung entfallenden Anteile“ aus der Regelleistung zu zahlen sind. Das Sozialgericht Mannheim hatte die Energiekosten als zusätzlich zu gewährende Unterkunftskosten eingeordnet.


Krankenversicherung (§ 26 Abs. 3)

Die Bundesagentur übernimmt Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung, wenn Personen allein durch diese Kosten hilfebedürftig würden. Mit dieser Regelung wird eine gesetzliche Grundlage für die bisher schon gängige Praxis geschaffen. Die Beiträge werden nur im „erforderlichen Umfang“ übernommen, dass heißt ggf. nicht vollständig sondern nur teilweise. Im Ergebnis soll den Betroffenen ein Einkommen entsprechend dem ALG-II-Bedarf verbleiben.


Baby-Erstausstattung (§ 23 Abs. 3)

Bei den „Einmalbeihilfen“ wird die komplette Erstausstattung (Kinderwagen, Laufstall usw.) für ein Baby aufgenommen. Die Neuregelung folgt der Rechtsprechung mehrerer Sozialgerichte.


Mehrbedarf für Schwerbehinderte (§ 28 Abs. 4)

Nichterwerbsfähige Angehörige erhalten zum Sozialgeld einen Mehrbedarf in Höhe von 17 % der maßgeblichen Regelleistung, wenn sie das Merkzeichen „G“ im Schwerbehindertenausweis haben. Dieser Mehrbedarf wird aber nur gewährt, wenn kein Anspruch auf einen anderen, vorrangigen Mehrbedarf für Behinderte nach SGB II besteht, die an weitere Anspruchsvoraussetzungen geknüpft sind.


Übergang von Ansprüchen (§ 33)

Bestehende (Unterhalts)Ansprüche von ALG-II-Beziehern gegen einen Anderen gehen künftig „Kraft Gesetzes“ auf den SGB-II-Leistungsträger über. Bisher war für den Übergang ein besonderes Verfahren notwendig: Der Leistungsträger musste den Übergang durch eine schriftliche Anzeige an den Anspruchs-Schuldner bewirken. Der neue, gesetzliche Forderungsübergang entspricht den Regelungen nach altem BSHG und heutigem SGB XII).


Leistungsausschluss (§ 7 Abs. 4)

Personen in stationären Einrichtungen sind künftig grundsätzlich von Leistungen ausgeschlossen (bisher bei der Prognose, dass der Aufenthalt länger als sechs Monate dauert). Ausnahmen: Krankenhaus sowie Erwerbstätige, die mindestens 15 Wochenstunden arbeiten.


Unverzügliche“, Nachholende Antragsstellung(§ 40 Abs. 3)

Nach § 28 SGB X kann eine Antragsstellung nachgeholt und auch rückwirkend Leistungsansprüche geltend gemacht werden, wenn irrtümlich die falsche Sozialleistung beantragt wurde, die dann abgelehnt wird. (Beispiel: Ein Arbeitsloser beantragt ALG I statt ALG II, erfüllt aber gar nicht die Anspruchsvoraussetzungen für das ALG I.).

Die neu ins SGB II aufgenommene Regelung schränkt diese nachholende Antragsstellung stark ein. Sie muss künftig „unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung [...] bindend geworden ist“ erfolgen (bisher innerhalb von sechs Monaten).


Längerer Bewilligungszeitraum (§ 41 Abs. 1)

Der Bewilligungszeitraum kann auf bis zu zwölf Monate verlängert werden, wenn erwartet werden kann, dass sich die Verhältnisse im Zeitraum nicht ändern. Diese Regelung soll etwa bei Leistungsbeziehern angewendet werden, die die „58er-Regelung“ wahrnehmen oder denen wegen Pflege von Angehörigen oder Kindererziehung keine Arbeitsaufnahme zugemutet werden kann.


Leistungen zur Eingliederung“ (§ 16)

Arbeits- und Ausbildungsvermittlung für ALG-II-Berechtigte ist künftig Pflichtaufgabe der Arbeitsagenturen als Leistungsträger im Rahmen des SGB II (und nicht mehr der Bundesagentur im Rahmen des SGB III).

Die vollständige Förderung (bisher Ko-Finanzierung erforderlich) von niedrigschgwellig Aktivierungshilfen für Jugendliche (§ 241 Abs. 3a und § 243 Abs. 2 SGB III) werden in den Katalog der Kann-Leistungen der Arbeitsmarktinstrumente nach SGB III aufgenommen, die auch im Rahmen des SGB II möglich sind (Abs. 1).

Maßnahmen können auch nach Wegfall der Hilfebedürftigkeit als Darlehen zu Ende gefördert werden, wenn dies „wirtschaftlich erscheint“. Bisher mussten zwei Drittel der Maßnahme absolviert sein. (16 Abs. 4)


Datenabgleich (§ 52)

Die vierteljährliche Überprüfung von Leistungsbeziehern im Rahmen des automatisierten Datenabgleich wird zwingend vorgeschrieben (bisher: „Amt darf überprüfen“). Der Datenabgleich wird zudem ausgeweitet auf

  • Leistungen nach dem SGB III und

  • Leistungen nach dem SGB II (die von einem anderen [örtlichen] Träger erbracht werden).


Überprüfung von Daten (§ 52 a)

Die Agentur für Arbeit darf - „soweit dies zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch erforderlich ist“ - Auskünfte beim Zentralen Fahrzeugregister und aus dem Melderegister sowie dem Ausländerzentralregister einholen. Daten von Antragstellern dürfen an die für das Wohngeld zuständigen Stellen übermittelt werden (wegen dem Leistungsausschluss von Wohngeld).


Übergangsregelung (§ 69)

Bei den verschärften Sanktionen nach § 31 für „wiederholte Pflichtverletzungen“ werden Pflichtverletzungen vor dem [1.8.2006 /Datum des Inkrafttretens] nicht berücksichtigt.


2. In-Kraft-Treten:


Regelfall: 1. August

Die Änderungen treten bis auf wenige Ausnahmen (siehe unten) „am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Kalendermonats“ in Kraft – also voraussichtlich zum 1.8.2006. Denn der vereinbarte Zeitplan sieht vor, dass der Bundesrat das Gesetz am 7. Juli berät und es noch im Juli im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird.


Ausnahmen

Die geänderten Bedingungen für eine freiwillige Versicherung in der Arbeitslosenversicherung (§ 434j Abs. 2 i.V.m. § 28a SGB III, siehe unten) treten bereits rückwirkend zum 1. Juni 2006 in Kraft.

Die teilweise Anrechnung des Pflegegeldes, der Zuschuss zu den Unterkunftskosten für BAföG-Bezieher und andere sowie die Sanktionen bei wiederholter Pflichtverletzung treten zum 1.1.2007 in Kraft.


3. SGB III:


Gründungszuschuss (§ 57 SGB III)

Die (ohnehin Ende Juni auslaufende) „Ich-AG-Förderung“ und das Überbrückungsgeld für Existenzgründer werden durch einen neuen Gründungszuschuss ersetzt. Die Höhe der Förderung wird grundlegend neu geregelt und die Zugangsvoraussetzungen – insbesondere zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung – werden verschärft.

Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit ihre Arbeitslosigkeit beenden, haben einen Anspruch auf den Gründungszuschuss, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:

  • Es besteht bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit entweder ein Anspruch auf Lohnersatzleistungen nach SGB III oder der Arbeitnehmer war in einer ABM beschäftigt,

  • es besteht noch ein Restanspruch auf mindestens 90 Tage ALG I und

  • der Arbeitnehmer der Agentur die Tragfähigkeit der Existenzgründung sowie seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.

Zusätzlich zur vorgeschriebenen „Stellungnahme einer fachkundigen Stelle“ zur Tragfähigkeit der Existenzgründung kann die Agentur die Teilnahme an Maßnahmen zur Eignungsfestellung oder zur Vorbereitung der Existenzgründung verlangen.

Der Gründungszuschuss wird für neun Monate gewährt. Die Höhe des Zuschusses entspricht dem zuletzt bezogenen ALG I zuzüglich monatlich 300 € (Phase 1). Der Zuschuss kann anschließend für weitere sechs Monate in Höhe von 300 € weiter geleistet werden, wenn der Geförderte seine Geschäftstätigkeit anhand geeigneter Unterlagen nachweist (Phase 2).

In der „Phase 1“ verkürzt jeder Tag, an dem der Gründungszuschuss geleistet wird, den unausgeschöpften (Rest)Anspruch auf ALG I um einen Tag.

Personen, die den geforderten Mindestanspruch auf ALG I von 90 Tagen nicht, jedoch alle anderen Voraussetzungen erfüllen, können übergangsweise bis zum 1.11.2006 noch das Überbrückungsgeld für Existenzgründer nach altem Recht erhalten.


Freiwillige Versicherung (für Selbständige u.a., § 28a SGB III)

Der Zugang zur erst zum 1.2.2006 geschaffenen Möglichkeit, sich unter bestimmten Voraussetzungen freiwillig in der Arbeitslosenversicherung absichern zu können, wird stark eingeschränkt. Die Versicherung ist nur noch möglich, wenn die selbständige Tätigkeit nach dem 31.12.2003 aufgenommen wurde. Nach bisherigem Recht konnten bis zum Jahresende 2006 auch Personen einen entsprechenden Antrag stellen, deren Existenzgründung schon länger zurückliegt.



4. Bundeskindergeldgesetz:


Wahlrecht: ALG II oder Kinderzuschlag (§ 6a BKGG)

Zukünftig können Leistungsberechtigte wählen, ob sie den Kinderzuschlag beanspruchen oder ALG II beziehen wollen. Bisher war der Kinderzuschlag zwingend eine vorrangige Leistung, die den Bezug von ALG II ausschließt. Dies benachteiligte ehemalige Bezieher von ALG I. Denn der Kinderzuschlag führt zusammen mit sonstigem vorhandenem Einkommen zu einem Haushaltseinkommen, das lediglich der Summe aus ALG-II-Regelleistungen plus Unterkunftskosten entspricht. Im System des ALG II steht diesen Personen aber unter Umständen noch zusätzlich der Zuschlag für ehemalige ALG-I-Bezieher (nach § 24 SGB II) in der Höhe von maximal 160 € für Alleinstehende, 320 Euro für Paare sowie 60 € pro Kind zu.


Quelle: www.erwerbslos.de

Artikelaktionen