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Minus 0,3 Prozent

Minimaler Rueckgang der Arbeitslosigkeit versetzt Regierung und SPD in Freudentaumel. "Hartz IV" zeigt angeblich Wirkung, Reformpolitik soll fortgesetzt werden

von Ralf Wurzbacher

Die Zahl der offiziell als arbeitslos Registrierten in Deutschland ist im Verlauf des zurueckliegenden Monats um rund 100000 auf aktuell 4,7 Millionen gesunken. Wie die Bundesagentur fuer Arbeit (BA) am Donnerstag in Nuernberg mitteilte, ging damit die Erwerbslosenquote von Mai auf Juni von 11,6 auf nunmehr 11,3 Prozent zurueck. Im Westen wurden 3,117 Millionen Menschen ohne Job gezaehlt, in Ostdeutschland 1,587 Millionen. Verglichen mit dem Juni des Vorjahrs ist der Wert allerdings um 471000 hoeher ausgefallen.

Beruecksichtigt man den statistischen Effekt der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe im Rahmen der sogenannten "Hartz IV"-Reformen, der angeblich mit 330000 erstmals seit Jahresbeginn mitgezaehlten Erwerbslosen zu Buche schlaegt, sind im zurueckliegenden Jahr offiziell immerhin zirka 140000 Jobs verlorengegangen. Vor allem auf dem Ausbildungsstellenmarkt zeichnet sich in diesem Jahr ein noch groesseres Desaster als in den Vorjahren ab. Die Zahl der von Oktober bis Juni gemeldeten Lehrstellen ist mit 388900 um zehn Prozent geringer als im Vorjahreszeitraum. Im Juni waren 102700 Ausbildungsstellen noch unbesetzt, waehrend 286200 Bewerber noch nicht vermittelt sind.

"Unser Kurs stimmt"

Nach Angaben von BA-Chef Frank-Juergen Weise ist der "deutliche" Rueckgang der Arbeitslosenquote um 0,3 Prozent auf die jahreszeitlich uebliche Belebung am Arbeitsmarkt zurueckzufuehren. Konjunkturelle Impulse haetten dagegen kaum eine Rolle gespielt. Saisonbereinigt hat die Arbeitslosenzahl im Juni gerade einmal um 23000 abgenommen. Als "erfreuliches" Signal wertetet Weise eine "ueberdurchschnittliche" Abnahme der Jugendarbeitslosigkeit. Die Zahl der Arbeitslosen unter 25 Jahren hat sich im Juni saisonbereinigt um 19000 verringert.

Gleichwohl seien die Arbeitslosenzahlen weiterhin mit "Unschaerfen" behaftet, weil die Angaben auch im Juni allein auf Daten beruhen, die aus den IT-Systemen der BA gewonnen wurden. Geschaetzte 78000 ehemalige Sozialhilfebezieher, die bisher nicht arbeitslos gemeldet waren und nun von sogenannten Optionskommunen betreut werden, sind nicht erfasst. Rechnet man alle jene Menschen hinzu, die in irgendwelchen Weiterbildungs- und anderen staatlichen Massnahmen feststecken, die aufgrund des rigiden Auslaenderrechts keiner Arbeit nachgehen duerfen oder sich die Muehe der Jobsuche aus schierer Hoffnungslosigkeit mittlerweile geschenkt haben, duerften deutschlandweit mehr als sieben Millionen Menschen ihr Leben ohne Arbeit fristen.

"Unser Kurs stimmt", freute sich Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) am Donnerstag ueber einen Arbeitsmarkt, der aufgrund der vorgenommenen Reformen immer staerker in Bewegung komme. "Unsere Arbeitsmarktreformen entfalten zusehends ihre Wirkung", verbreitete auch der arbeitsmarktpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Klaus Brandner, Festtagsstimmung. Die JobCenter seien arbeitsfaehig, die Arbeitsagenturen wuerden weiter modernisiert und das "Vertrauen der Arbeitgeber in eine bessere und zielgenaue Vermittlungsaktivitaet" der BA sei gewachsen.

Mini- und Midijobs

Das ist aber offenbar nur die halbe Wahrheit, denn selbst Wirtschaftslobbyisten wollen an die versprochenen Wunderwirkungen der Hartz-Gesetze bei aller grundsaetzlichen Zustimmung nicht so recht glauben. Auch wenn die BA perfekt funktionierte, koennte die Arbeitslosenzahl mit ihren Mitteln allenfalls um einen Prozentpunkt gesenkt werden, gab der Geschaeftsfuehrer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbaende (BDA), Peter Clever, gegenueber der Berliner Zeitung vom Donnerstag zu bedenken. Das sei "insgesamt kein Durchbruch".

Eine Trendwende machen auch die Gewerkschaften nicht aus. Heinz Putzhammer, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), beklagte am Donnerstag statt dessen eine "falsche Wirtschaftspolitik". Die Ausweitung von Mini-, Midi- und Ein-Euro-Jobs haetten den Druck auf die unteren und mittleren Einkommen deutlich verschaerft. Ohne starke Impulse fuer die inlaendische Wirtschaft werde Deutschland seine chronische Wachstums- und Arbeitsmarktkrise nicht ueberwinden, monierte der Gewerkschafter.

Quelle: www.jungewelt.de vom 01.07.05

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