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Ausschreibung fördert sinnlose Verschwendung

Die Gewerkschaften schlagen Alarm. Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Jugendsozialarbeit ebenfalls. In der Kritik steht die zentrale Ausschreibung der Bundesagentur für Arbeit zu Maßnahmen der Jugendberufshilfe.

Die Gewerkschaften schlagen Alarm. Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Jugendsozialarbeit ebenfalls. In der Kritik steht die zentrale Ausschreibung der Bundesagentur für Arbeit zu Maßnahmen der Jugendberufshilfe. Die BAG, ein Zusammenschluss von Mitgliedsorganisationen der Jugendsozialarbeit, meint: "Die Einsparungen der Bundesagentur für die jugendspezifischen Maßnahmen werden auf Kosten von Trägerstrukturen und der Qualität der Arbeit für die Jugendlichen erkauft. Sie führen nicht zu Einsparungen, sondern im Gegenteil zu einer sinnlosen Verschwendung gesellschaftlicher Ressourcen." Die Praxis beraube die Träger und deren Mitarbeiter jeglicher Planungssicherheit. Zudem erfordere allein die Beteiligung an Ausschreibungen einen Zeit- und Personalaufwand, den insbesondere kleinere Träger nicht zu leisten vermögen. Es entstehe eine Kostenexplosion, weil Träger in kurzer Zeit Werkstätten anmieten, Mitarbeiter einstellen und Kooperationsstrukturen aufbauen müssten. Unter Umständen müssten die Standorte nach einem Jahr wieder aufgegeben werden.

In Dortmund richten sich deshalb die Träger, allen voran die dobeq, auf einen Überlebenskampf ein. Noch ist unklar, ob der zu gewinnen ist. Wenn, dann nur mit massiven Lohnkürzungen für die Mitarbeiter.

Träger kämpfen um ihr Überleben - Ein Netzwerk

Die dobeq, Beschäftigungsgesellschaft der Arbeiterwohlfahrt, trifft es richtig hart. "Wir haben erstmals 59 Plätze für die außerbetriebliche Ausbildung nicht gewonnen", erläutert Geschäftsführer Reiner Goepfert. Für die Jugendlichen, die jetzt schon in Berufsvorbereitungen oder in kombinierten Ausbildungen sind, bedeutet das erst einmal keine Änderung. Für elf ihrer Ausbilder heißt das Versetzung. "Noch können wir sie innerhalb der AWO unterbringen. Aber schon im nächsten Frühjahr könnte es kritisch werden", ergänzt Heinz Feuerborn, der stellvertretende Unterbezirksvorsitzende.

Dann, wenn die AWO bei einer erneuten Ausschreibung, wieder leer ausgeht. Und das geht schneller als gedacht. "Schon ein Formfehler reicht, um aus dem Bewerbungsverfahren beim Regionalen Einkaufszentrum rauszufallen", erläutert Goepfert. Um solche Klippen auf über 100 Seiten Formular zu überwinden, gibt es mittlerweile Anbieter, die Spezialisten damit betrauen. "Bildungsindustrie" nennen das nicht nur die AWO-Experten, die in gewisser Weise Verständnis für die veränderte Ausschreibungspraxis haben. "Hintergrund für die Änderung war, das Diktat der Nähe zwischen den Anbietern und den örtlichen Agenturen für Arbeit aufzubrechen", so Feuerborn. "Die Zusammenarbeit war gut, weil wir gute Arbeit geleistet haben, aber es gab keine Absprachen."

Sowohl die dobeq, als auch die RAG-Bildung, die bei Maßnahmen für 130 Plätze nicht landen konnte, bilden seit Jahren Jugendliche aus, die nur durch intensive Betreuung auf eine Ausbildung vorbereitet werden können und sie mit Begleitung auch erfolgreich beenden. "Wir haben nicht nur die dafür qualifizierten Mitarbeiter, sondern auch bei einer kombinierten Ausbildung gute Kontakte zu den Ausbildungsbetrieben entwickelt", erklärt Goepfert, der sich fragt, wie das ein Anbieter aus Ostwestfalen, der noch nie in Dortmund gearbeitet hat, gewährleisten will.

Andreas Gora, Geschäftsführer des AWO-Unterbezirks wird ganz deutlich: "Gegen organisierte Weiterbildungsträger, die mit freien Mitarbeitern, zumeist ohne tarifliche Bindung arbeiten und zu Preisen anbieten, die zwischen 30 und 40 Prozent unter unseren Angeboten liegen, haben wir keine Chance mehr."

Gora geht es bei dem ruinösen Preiskampf, der zwischen lokalen und überregionalen Anbietern tobt, um mehr als nur das Überleben der dobeq. "Wir haben in Dortmund mit Anbietern wie der Kreishandwerkerschaft, der RAG-Bildung oder den Sozialgewerblichen Initiativen ein Netzwerk aufgebaut, in dem inzwischen fast tausend hoch qualifizierte Beschäftigte arbeitsteilig tätig sind und bestens kooperieren. Gora: "Wenn dieses Netz zusammenbricht, baut das keiner wieder auf."

So sieht es auch Andreas Koch vom Vorstand der Interessengemeinschaft Sozialgewerblicher Beschäftigungsinitiativen (ISB). "Wettbewerb ist in Ordnung, aber es müssen faire Bedingungen herrschen. Und da habe ich meine Zweifel." Denn es müsse berücksichtigt werden, dass Anbieter Räume und tariflich bezahlte Mitarbeiter vorhielten, die über Jahre hinweg Kontakte aufbauten und pflegten. Doch in den Ausschreibungen sei nur vermerkt, dass bis vier Wochen vor Maßnahmebeginn Räume zur Verfügung stehen müssen. Was in Dortmund und umliegenden Städten schon dazu führte, dass die "Gewinner" bei den Ausgebooteten anfragten, ob sie nicht Räume zu vermieten hätten. Hatten sie nicht. In einem anderen Fall wurde den gerade gekündigten Mitarbeitern ein Angebot gemacht. 1200 Euro brutto sollte ein ausgebildeter Lehrer oder Sozialpädagoge verdienen. Normal liegt der Tarif bei rund 3200 Euro.

Das Regionale Einkaufszentrum in Düsseldorf ist zuständig für die Ausschreibung und Vergabe. Der stellvertretende Leiter, Wolfgang Dräger, hält die Kritik der lokalen Anbieter für nicht gerechtfertigt. "Die Qualität der Anbieter wird auf jeden Fall überprüft. Uns kommt es nicht nur auf den Preis an, der Quotient zur Errechnung berücksichtigt ja auch andere Kriterien." So werde auch vor Ort geprüft und falls die Auflagen nicht erfüllt seien, ergehe eine Vertragsstrafe oder die Maßnahme werde anderweitig vergeben. Gerade ein neuer Anbieter müsse sich beweisen. "Wir wollen auf keinen Fall die Qualität auf dem Rücken der Jugendlichen senken."

Von B. Merten-Kemper

Quelle: WAZ vom 04.08.2005

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