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BA: Hartz IV-Empfängern Fahrtkosten in vermutlicher Millionenhöhe vorenthalten?

- Oder den Petitionsausschuss mit Fehlinformationen versorgt!

Berlin/Bonn – «Bewerbungs- und Reisekosten dürfen grundsätzlich nur bezahlt werden, wenn die Kosten mindestens 6 Euro betragen», so aus einem Merkblatt der Bundesagentur für Arbeit (Merkblatt 3 Herausgegeben 2006). Diese Regelung ist seit vielen Jahren Erwerbslosen bekannt, dass grundsätzlich nur Fahrtkosten ab sechs Euro übernommen werden. Dem Erwerbslosen Forum Deutschland wurde jedoch heute bekannt, dass die Bundesagentur für Arbeit diese Regelung anscheinend anders versteht, aber den Betroffenen bisher nie mitgeteilt hat, dass grundsätzlich mehre Fahrten unter sechs Euro zusammengefasst werden können und die Aufwendungen dann erstattet werden. Die bisherige Praxis sei, dass Betroffene die Kosten nicht erstattet bekommen.

So heißt es in einer Stellungnahme der Bundesagentur für Arbeit an den Petitionsausschuss (Az.: Pet 4-16-11-81503-028568), indem ein Erwerbsloser in Form einer Petition anregen wollte, dass auch Fahrtkosten von unter sechs Euro für Hartz IV-Empfänger zu erstatten sein: «Grundsätzlich werden bei Fahrtkosten die Aufwendungen für das günstigste öffentliche Verkehrsmittel zu Grunde gelegt; die Notwenigkeit von Fahrten mit dem PKW ist jeweils gesondert zu begründen. Hierbei werden Aufwendungen über sechs Euro einzeln erstattet; bei geringeren Aufwendungen sind mehrere Fahrten zusammen zu fassen».

« Entweder hat die Bundesagentur für Arbeit hier in ihrer Stellungnahme an den Petitionsausschuss eine Fehlinformation geliefert,  oder aber Hartz IV-Empfängern werden seit Jahren berechtigte erstattungsfähige Aufwendungen in vermutlicher Millionenhöhe vorenthalten», so Martin Behrsing. Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland. Gängige Praxis sei, dass die Betroffenen bei Fahrten unter sechs Euro von ihren Fallmanagern regelmäßig gesagt bekämen, dass sie diese Kosten selber tragen müssten. « Der monatliche Regelsatz sieht für Hartz IV-Betroffene nur einen Betrag von 19,20 Euro für den öffentlichen Personennahverkehr vor. Das damit kaum die Kosten für Meldeaufforderungen der ARGEN oder Fahrten zu Vorstellungsgesprächen gedeckt werden, liegt auf der Hand. Wir sind allerdings erstaunt, dass anscheinend doch auch die Fahrtkosten unter sechs Euro erstattet werden, wenn man mehre Fahrten zusammen fasst. Wir verstehen allerdings nicht, warum diese wichtige Information den Erwerbslosen vorenthalten wird und sie seit Jahren aus dem kargen Regelsatz diese Kosten selber tragen müssen und dafür auf andere Dinge des alltäglichen Leben verzichten mussten», so Behrsing in Bonn.

Das Erwerbslosen Forum Deutschland erwartet von der Bundesagentur für Arbeit (BA) eine umgehende Konkretisierung ihrer Stellungnahme an den Petitionsausschuss und sollte sie bei dieser Aussage bleiben, entsprechende Hinweise in den Merkblättern und an die Fallmanager. Vorsorglich werden alle Hartz IV-Betroffene aufgefordert, ihre Fahrtbelege zusammen zufassen und einen formlosen Antrag auf Übernahme dieser Fahrtkosten, unter Verweis auf die Stellungnahme der BA an den Petitionsausschuss (Az.:Pet 4-16-11-81503-028568) zu stellen.

Pressemeldung Erwerbslosen Forum Deutschland, 12.11.2007

 

Anmerkung zu der Höhe des Regelsatzes für Verkehrsleistungen

Die in der Pressemeldung genannte Regelsatzteilbetrag "von 19,20 Euro für den öffentlichen Personennahverkehr" stimmt so nicht. Er geistert in dieser Höhe aber häufig noch herum. Deshalb dazu ein paar Sätze:

Der GESAMTE Teilsatz für Verkehrsleistungen (inkl. Fahrräder, Zubehör, Reparatur) betrug 19,20 Euro im VORIGEN REGELSATZ VON 2005 (Basis war die "Einkommens- und Verbraucherstichprobe" [EVS] von 1998), davon 18,11 Euro für "fremde Verkehrsdienstleistungen" (also ÖPNV, Bus- und Bahn-Regional- und Fernverkehr). Die EVS wird alle 5 Jahre durchgeführt. Es dauert dann etwa 2 Jahre bis sie ausgewertet und in eine neue Verordnung überführt ist.

Entsprechend gab es 2006 eine neue Regelsatzberechnung auf der Basis der EVS 2003. Dass die auch wieder wie gehabt (im Westen) auf 345 Euro kam, ist ein gesondertes Kapitel. Doch die Teilbeträge für "regelsatzrelevante Ausgaben" haben sich teils erheblich verschoben. Danach sahen die Beträge
2006 für Verkehr folgendermaßen aus:

15,43 Euro für den GESAMTEN Teilbetrag "Verkehr",

davon 14,03 Euro für "fremde Verkehrsdienstleistungen".

Diese Teilbeträge müssen jeweils prozentual anteilsmäßig angepasst werden bei "Fortschreibung des Regelsatzes mit dem Rentenwert" (so am 1.Juli 2007, als der Eckregelsatz von 345 Euro um 2 Euro "angehoben" wurde). Dadurch ergibt sich aktuell für "fremde Verkehrsleistungen" (ÖPNV etc.) der Regelsatzteilbetrag von 14,11 Euro.

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