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Gab Clement Hartz-IV-Kosten absichtlich zu niedrig an ? - Heftiger Streit um die Hartz-IV-Kosten

Die "Rheinische Post" berichtet am 25.02.05: Clement soll die Zahl der zu erwartenden Empfänger von Arbeitslosengeld II Ende 2004 bewusst zu niedrig angesetzt zu haben, um die Folgekosten niedrig zu rechnen und den Bundeshaushalt nicht zu sprengen. - Heftiger Streit um die Hartz-IV-Kosten --- Berichte aus "onnachrichten.t-online.de"

Quelle:   http://onnachrichten.t-online.de/c/35/25/54/3525548.html ,   24.02.05

Zeitung wirft Clement Manipulation vor

Gerät auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in die Bredouille? (Foto: dpa)
Gerät auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement in die Bredouille? (Foto: dpa)

Der Streit um die Mehrkosten für Hartz IV geht in eine neue Runde: Nun steht Wirtschaftsminister Wolfgang Clement am Pranger. Der Vorwurf: Er soll die Zahl der zu erwartenden Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II) Ende 2004 bewusst zu niedrig angesetzt zu haben, um die Folgekosten niedrig zu halten und den Bundeshaushalt nicht zu sprengen. Dies berichtet die "Rheinische Post" am Donnerstag.

Zu niedrig kalkuliert
Die Zeitung beruft sich auf ein Verhandlungsprotokoll vom Mai 2004. Der Deutsche Städtetag rechnete damals mit insgesamt 2,4 Millionen Empfängern von Arbeitslosenhilfe, die ab Anfang 2005 ALG II bekommen. Die Zahl, mit der Clement rechnete, ist um 300.000 niedriger. Auch die Schätzungen der zusätzlich aus der bisherigen Sozialhilfe zum ALG II wechselnden Bedürftigen lagen bei Clement um 200.000 Fälle niedriger als bei den Kommunen.

Bewusst getäuscht?
Der Hintergrund: Der Minister wollte verhindern, dass der Bundeshaushalt schon bei seiner Vorlage erkennbar verfassungswidrig war. Clement habe dazu gesagt: "Selbst wenn eure Zahlen richtig sind - ich kann nicht mehr Geld bereitstellen, weil dann der Etat verfassungswidrig wird", zitiert die Rheinische Post einen Teilnehmer der Verhandlungen vom 15. Mai 2004 in Köln.

Absichtlich falsch eingestuft?
Im Streit mit den Kommunen um arbeitsunfähige Sozialhilfeempfänger erhielt Clement aber Rückendeckung. Mehrere Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK) warfen Städten und Gemeinden vor, hunderte Sozialhilfeempfänger möglicherweise zu Unrecht als arbeitsfähig eingestuft zu haben und so Krankenkosten abzuschieben. In der Frage, ob dahinter System steckt oder ob es sich schlicht um Pannen handelt, gingen die Meinungen auseinander. Die Kommunalverbände weisen die Vorwürfe zurück und sprechen von Einzelfällen.

Kosten abgeschoben?
Bund und Kommunen streiten um die Einstufung beim neuen ALG II und drohende Mehrkosten. Im Zuge der Hartz-IV-Reform erhalten bisherige Sozialhilfeempfänger ALG II, wenn sie als erwerbsfähig gelten - also zwischen 15 und 65 Jahre alt sind und mindestens drei Stunden am Tag arbeiten können. Mit dem ALG II ist auch eine Versicherung bei Krankenkassen verbunden, so dass sie Behandlungen bezahlen müssen. Nach Ansicht der Kassen wollen Kommunen so Sozialhilfeleistungen und Behandlungskosten abschieben.

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Streit um Hartz-Kosten

Agentur für Arbeit (Foto: ddp)
Agentur für Arbeit (Foto: ddp)

Wirtschaftsminister Wolfgang Clement bleibt dabei: Die Kommunen wälzten Kosten auf den Bund ab, indem sie Sozialhilfeempfänger zu Unrecht als erwerbsfähig einstufen. Die Hartz-Reform sei dadurch aber nicht teurer als geplant. Die Gemeinden halten dagegen.

Zu Unrecht erwerbsfähig?
Fälle, bei denen Sozialhilfeempfänger zu Unrecht als erwerbsfähig eingestuft werden, gebe es in ganz Deutschland, sagte Clement. Hintergrund: Mit der Hartz-Reform erhalten erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger seit Jahresbeginn Arbeitslosengeld II, das der Bund zahlt. Wer nicht arbeiten kann, bekommt von den Kommunen Sozialhilfe. Weisen die Gemeinden frühere Sozialhilfeempfänger als erwerbsfähig aus, sparen sie also Geld. Erwerbsfähig ist jeder, der zwischen 15 und 65 Jahre als ist und täglich mindestens drei Stunden arbeiten kann.

"Beide kennen die Leute"
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund wehrt sich gegen den Vorwurf: Die Kommunen arbeiteten größtenteils mit der Bundesagentur für Arbeit (BA) zusammen, sagte Präsident Gerd Landsberg im DeutschlandRadio Berlin. "Das heißt: Beide haben die Akte, beide kennen die Leute." Damit nicht genug: Landberg rechnet damit, dass Finanzminister Hans Eichel den Kommunen in diesem Jahr nur etwa 500 Millionen Euro Entlastung für die Zusammenlegung der Sozial- und Arbeitslosenhilfe überweisen muss. Dies wären 2,7 Milliarden weniger als geplant. Aus Regierungskreisen verlautete indes, selbst die 500 Millionen seien noch zu hoch angesetzt.

Clement: Reform nicht teurer
Weiter wandte Clement sich gegen Berichte, wonach die Arbeitsmarktreform in diesem Jahr um 6,4 Milliarden Euro teurer werden könnte als geplant. Die Zahl sei "interessant, aber nicht werthaltig", erklärte der SPD-Politiker. Nach dem derzeitigen Stand sei die Summe zwar plausibel. Verlässliche Summen gebe es aber erst nach dem Revisionstermin im kommenden Herbst.

"Bankrotterklärung"
Auf Kritik stieß derweil die Forderung von BA-Chef Frank-Jürgen Weise, ältere Arbeitslose in Ostdeutschland künftig nicht mehr über die Arbeitsagenturen zu fördern. Ältere Arbeitslose in Ost und West werden weiter gefördert, stellte eine Clement-Sprecherin klar. Der Arbeitsmarktexperte der Unionsfraktion, Karl-Josef Laumann, nannte den Vorstoß eine "Bankrotterklärung". FDP-Vize Rainer Brüderle forderte eine Entschuldigung Weises.

Hartz-Gipfel im Kanzleramt
Kanzler Gerhard Schröder und die Gewerkschaftsspitzen beraten an diesem Donnerstag über den Stand der Arbeitsmarktreform. Die Arbeitnehmervertreter verlangen unter anderem, das Arbeitslosengeld II in Ost- und Westdeutschland anzugleichen. Derzeit bekommen ALG-II-Empfänger in den neuen Ländern 331 Euro und in den alten Ländern 345 Euro. Handlungsbedarf sehen die Gewerkschaften auch bei den Zumutbarkeitsregeln und den Hinzuverdienstgrenzen.

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Bund fordert Hartz-IV-Kosten von Kommunen zurück

 Hartz IV in Scrabble-Buchstaben (Foto: ddp)
Hartz IV in Scrabble-Buchstaben (Foto: ddp)

Der Streit zwischen Bundesregierung und Kommunen über die Einstufung beim neuen Arbeitslosengeld II hat sich verschärft. Der Bund will einen Teil der unerwarteten Kosten von den Kommunen zurückfordern. "Wir setzen auf den vereinbarten Revisionstermin im Herbst", zitierte die "Süddeutsche Zeitung" aus Kreisen der Bundesregierung. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hatte Städten und Gemeinden vorgeworfen, im Zuge der Arbeitsmarktreform Hartz IV Kosten auf den Bund abzuwälzen. So seien selbst Koma- und Suchtkranke für erwerbsfähig erklärt worden und hätten damit Anspruch auf Arbeitslosengeld II, das der Bund finanziert.

Bund prüft Arbeitsfähigkeit
Clement kündigte an, es werde geprüft, welche der bisherigen Sozialhilfeempfänger, die dem Bund von den Kommunen zugewiesen wurden oder sich bei den Arbeitsagenturen gemeldet hatten, tatsächlich einer Arbeit nachgehen könnten. Kommunale Spitzenverbände wiesen Clements Vorwürfe zurück.

Rot-Grün rechnet mit Mehrkosten
In der rot-grünen Koalition wird bereits mit Mehrkosten durch die Reform Hartz IV gerechnet. Politiker wie Verbände widersprachen aber Berechnungen der "Süddeutschen Zeitung", dass die Reform den Bund in diesem Jahr mit 6,4 Mrd. Euro mehr belasten wird als bislang geschätzt.

Weise bestätigt Berechnungen
Dagegen bestätigte der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, die Zahl indirekt. "Die Rechnung ist plausibel", sagte der Behördenchef der FTD. Weise forderte ein Ende der Betreuung älterer Arbeitsloser in Ostdeutschland durch die Arbeitsbehörden. "In den neuen Bundesländern können wir leider vielen Menschen in der derzeitigen Wirtschaftslage kaum etwas bieten." Dazu zählten Arbeitslose über 55 und mit einer nicht mehr aktuellen Qualifikation. Für sie solle ein "Übergang gefunden werden, der auf eine bestimmte Zeit begrenzt ist".

Grundsicherung für ältere Arbeitslose?
Nach Informationen der FTD wird in der SPD wegen der hohen Arbeitslosigkeit überlegt, älteren Langzeitarbeitslosen, die als nicht mehr vermittelbar gelten, eine Grundsicherung zu zahlen und sie zu gemeinnütziger Arbeit heranzuziehen. Sie würden damit aus der Arbeitslosenstatistik herausfallen.

AOK Baden-Württemberg bestätigt Clements Verdacht
Während die Kommunen die Anschuldigungen empört zurückwiesen, bestätigte die AOK Baden-Württemberg Clements Verdacht. Viele Sozialhilfeempfänger seien bei der Bundesagentur als arbeitsfähig gemeldet, die in Wirklichkeit gar nicht arbeiten können. Der Chef der AOK im Südwesten, Rolf Hohberg, sprach in einem Interview mit der "Stuttgarter Zeitung" von Hunderten Fällen allein in Baden-Württemberg.

Bundesagentur für Arbeit prüfe nicht sorgfältig genug
Der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Bernd Scheelen, sagte der "Berliner Zeitung" zudem, es gebe Berichte, wonach die Bundesagentur für Arbeit ihrerseits bei den ALG-II-Antragstellern die Angaben über Unterkunftskosten nicht sorgfältig genug prüfe und hierbei generell nachlässig sei. Das belaste tendenziell die Kommunen, da sie den Großteil dieser Kosten übernehmen müssten. Scheelen geht dem Bericht zufolge allerdings davon aus, dass es sich um Einzelfälle handelt.

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