Benutzerspezifische Werkzeuge
Sie sind hier: Startseite Soziale Lage / Sozialpolitik Erwerbslos / Hartz ... Clements Terror bekämpfen

Clements Terror bekämpfen

Der Hetzer ist wieder unterwegs! Aber er hat auch Grund, verärgert zu sein: allein in Mönchengladbach ist die Fallzahl der ALG-2 - Berechtigten dramatisch gestiegen: von 13.000 zu Anfang des Jahres bis jetzt auf 18.000. In Berlin ist das Verhältnis ähnlich, aber 1o X so viel: von 120.000 auf 180.000 !!


"Das Volk ist doof, aber gerisssen."

Aber: kann das denn ungesetzlich sein? Steht nicht das Recht auf Freizügigkeit im Grundgesetz? Kann ich nicht zusammenziehen, mit wem ich will, und wieder auseinanderziehen, wenn es mir nicht mehr paßt? Hartz IV scshrönkt das Recht auf Freizügigkeit ohnehin schon auf unerträgliche Weise ein - jeder Umzug muß unter Hartz IV vom PAP ("persönlicher Ansprechpartner") genehmigt werden. Vor ALG 2 - Bezug aber nicht - das wäre ja noch schöner!

Im Vorfeld von Hartz IV wurde uns das blaue vom Himmel versprochen: "Wir lassen Sie nicht im Regen stehen" Wir holen das Beste für Sie raus aus Hartz IV!" tönten die Aushänge bei der Stadt Bochum und der Arbeitsagentur. Jetzt meinen Sie, die Proteste seien abgeflaut, und sie könnten jetzt die Daumenschrauben anziehen. Aber weit gefehlt: merken sie denn gar nicht, wie es "unten" brodelt, bei den 1-Euro-Jobbern, Umzugsbedrohlten, willentlich Verarmten, Entmündigten, Entrechteten?

Das Erwerbslosen Forum Deutschland erwartet eine Richtigstellung und Entschuldigung vom Bundeswirtschaftsminister Clement!

Gegenüber dem Nachrichtensender N24 sagte heute der Sprecher des Erwerbslosen Forum Deutschland, Martin Behrsing, dass die Äußerungen von Wolfgang Clement zum angeblichen Leistungsmissbrauch von Hartz-IV-Empfängern unerträglich wären. „Damit werden die Arbeitslosen pauschal diffamiert und als Sündenbock für die verfehlte Wirtschaftspolitik der letzten Jahre vorgeführt“. Das Erwerbslosen Forum Deutschland erwartet eine Richtigstellung und Entschuldigung vom Bundeswirtschaftsminister. „Wir können der neuen Regierung – gleich unter welcher Kanzlerschaft – nur dringend raten auf Wolfgang Clement zukünftig zu verzichten", so Behrsing in Bonn.

Statt das Geld in verstärkte Kontrollen und Maßnahmen zu stecken, sollte das Geld besser für die personelle Ausstattung der Arbeitsagentur verwendet werden, damit die Behörden ihre eigentliche Aufgabe wahrnehmen, nämlich die Vermittlung von Arbeitsplätzen. Überhaupt hält das Erwerbslosen Forum Deutschland die geplanten Maßnahmen für bedenkenswert. Kontrollen durch Hausbesuche sind gesetzeswidrig und die Wohnung durch das Grundgesetz geschützt. „Wenn die Arbeitsplätze vorhanden wären und tatsächlich durch die Arbeitslosen die Stellen nicht besetzt würden, wären die Maßnahmen verständlich. So ist dies eine Ablenkung der eigentlich Probleme, nämlich das es in den letzten 12 Monaten einen Stellenabbau von 402.000 Stellen gegeben hat und seit 2002 wurden 1.27 Mio. sozialversicherungspflichtige Stellen abgebaut“, so Behrsing. Auch sollte sich die Bundesregierung die angeblichen Zahlen mal genau betrachten, diese wurden schon im letzten Jahr prognostiziert. „Dazu bedurfte es keiner hellseherischen Fähigkeiten“, sagte Martin Behrsing vom Erwerbslosen Forum Deutschland. Quelle:  http://www.erwerbslosenforum.de/


Clement will Leistungsmissbrauch bekämpfen

Samstag 8. Oktober 2005, 08:57 Uhr

Berlin (AFP) - Angesichts der Kostenexplosion bei der Arbeitsmarktreform Hartz IV hat Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) ein Maßnahmenpaket gegen Leistungsmissbrauch geschnürt. Der Plan sehe unter anderem verstärkte Hausbesuche und Anrufaktionen vor, einen Datenabgleich mit den Finanzämtern und verschärfte Kontrollen der Arbeitsbereitschaft, berichtet die "Berliner Zeitung". Außerdem wolle Clement verhindern, dass etwa junge Arbeitslose nur aus dem Elternhaus ausziehen, um mehr Sozialleistungen zu erhalten.

Deshalb wolle er gesetzlich festschreiben lassen, dass Langzeitarbeitslose nur dann ein Anrecht auf Übernahme der Wohnkosten haben, wenn sie vor dem Erstbezug einer Wohnung die Zustimmung der Behörden einholen. Stichproben hätten den Verdacht auf Leistungsmissbrauch im großen Stil erhärtet, sagte Clement. Nach diesen Stichproben und Anrufaktionen der Bundesagentur für Arbeit könne vermutet werden, "dass die Arbeitslosigkeit derzeit um mindestens zehn Prozent überschätzt wird".

Der Minister verteidigte den Plan mit dem Titel "Vorrang für die Anständigen - Gegen Missbrauch, ,Abzocke' und Selbstbedienung im Sozialstaat": "Wir wollen keine Gesellschaft sein, in der die Ehrlichen sich als Dumme fühlen." Jeder Euro, der am Arbeitsmarkt ,abgezockt' werde, stehe für eine sinnvolle Unterstützung nicht mehr zur Verfügung.
Insgesamt umfasst Clements Plan laut "Berliner Zeitung" sieben Stufen. So sollen die Arbeitsagenturen und Kommunen personell so ausgestattet werden, dass sie bei Verdacht auf Leistungsmissbrauch auch Hausbesuche unternehmen können. Dabei soll vor allem kontrolliert werden, ob Leistungsbezieher in eheähnlichen Verhältnissen wohnen und daher von ihrem Partner unterstützt werden müssten. Zweitens sollen die Behörden die Daten aller ALG-II-Bezieher in einer großangelegten Telefonaktion überprüfen. Überdies will Clement dem Bericht zufolge den Datenabgleich mit den Finanzbehörden intensivieren, um verborgene Vermögen aufzuspüren.

So sollen Freistellungsaufträge für Zinserträge oder verschwiegene Konten im Ausland erfasst werden. Grundsätzlich soll künftig die Arbeitsbereitschaft von Leistungsbeziehern stärker kontrolliert werden - auch über Trainingsprogramme mit ganztägiger Anwesenheitspflicht. Außerdem sollen die Einkommen selbstständiger ALG-II-Bezieher besser überprüft werden. Quelle: http://de.news.yahoo.com/051008/286/4pv9j.html


"Kommunen werden nicht zum Pferdefuß"

Mönchengladbachs Oberbürgermeister Norbert Bude (SPD) verteidigt die Städte gegen Rückforderungen von Wolfgang Clement und fürchtet sich nicht vor der großen Koalition. Denn: "Auch die CDU ist kommunal fest verankert"

taz: Herr Bude, Ihr Parteifreund Wolfgang Clement will von den Kommunen Geld zurück, das für die Unterbringung von Hartz-IV-Empfängern gedacht war. Hat der Minister Recht?

Norbert Bude: Ich kann Clements Forderung überhaupt nicht verstehen. Und ich verstehe auch den Zeitpunkt nicht. Ob die Kommunen durch Hartz IV be- oder entlastet wurden, muss in Revisionsgesprächen mit dem Bund erst noch erörtert werden. Wenn Clement schon mit einer festgefahrenen Meinung in diese Gespräche geht, ist das für das Klima natürlich nicht gut.

Wie sieht denn Ihre Rechnung der Hartz-IV-Kosten aus?

Bei uns in Mönchengladbach sind die Kosten für die Unterkunft gestiegen. Wir hatten mit 66 Millionen Euro in diesem Jahr gerechnet und werden voraussichtlich bei 74 Millionen landen. Das liegt vor allem daran, dass die Fallzahlen gestiegen sind. Zu Beginn der Reform hatten wir 13.000 gemeldete Bedarfsgemeinschaften, aktuell liegen wir bei 18.000.

Liegt das nicht auch daran, dass die Kommunen fast sämtliche Sozialhilfeempfänger als arbeitsfähig gemeldet haben?
Die Kriterien dafür sind im Gesetz festgelegt, und daran haben wir uns gehalten. Nochmal: Es gehört zum Geist des Hartz-IV-Gesetzes, dass die Kommunen nicht belastet werden dürfen. Wir wollen uns nicht auf Kosten des Bundes entlasten.

Könnte der Streit um Hartz nur der Anfang schwerer Zeiten für Sie sein? Ihre Partei will mit der CDU koalieren, die den Städten die Gewerbesteuereinnahmen streitig machen will.

Ich hätte größere Sorgen, wenn in Berlin CDU und FDP regieren würden. Es war doch vor allem die FDP, die die Gewerbesteuer abschaffen wollte. Die CDU hat als Volkspartei doch selbst eine starke kommunale Verankerung. Ich glaube deshalb nicht, dass kommunale Belange in einer großen Koalition zum Pferdefuß werden. Auch die Gewerbesteuer wird in den Koalitionsverhandlungen nicht zur Disposition gestellt. Das bleibt die wichtigste kommunale Einnahmequelle.

Was erwarten Sie von Schwarz-Rot?

Im Zuge der Föderalismusreform müssen wir zu einem gesetzlich normierten Anhörungsrecht für Kommunen kommen, das für alle Gesetze gilt, bei denen ihre Angelegenheiten betroffen sind. Außerdem muss das Konnexitätsprinzip gestärkt werden: Also keine Aufgaben mehr an die Kommunen verlagern, ohne dass die Finanzierung sicher ist. Wenn die beiden Volksparteien regieren, kann man das umsetzen.

Sie scheinen sich ja regelrecht auf eine große Koalition zu freuen. Finden Sie es gut, dass Rot-Grün nicht weiter regieren kann?

Nein, das geht zu weit. Schließlich habe ich für Rot-Grün gekämpft. Aber wir haben jetzt nun mal ein Wahlergebnis, das wir verdammt nochmal akzeptieren müssen. Und eine große Koalition ist zumindest aus kommunaler Sicht kein Drama.

INTERVIEW: KLAUS JANSEN

Quelle: taz NRW vom 8.10.2005

Artikelaktionen