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Denunzianten: Gesetzeslücke für Ex-Arbeitslose

Essen. Als die Hausverwalter der Nova Trend GmbH die Nebenkosten-Abrechnungen für ihre Mieter anschauten und mit deren aktueller Lebenssituation verglichen, da platzte ihnen der Kragen. Denn sie vermuteten Tricksereien zu Lasten des Staates.

„Das ist Leistungsmissbrauch im Jobcenter Essen, das ist Verschwendung von Steuergeldern“, erregen sich die Vermieter - und meldeten die Vorfälle dem Amt, dem Jobcenter Essen. Doch dann hörten die Vermieter erst einmal nichts mehr von der unter der Leitung von Torsten Withake stehenden Behörde.

Worum geht es? Zwei verschiedene Essener Mieter der Nova Trend, der eine arbeitslos, der andere früher arbeitslos und nun berufstätig, erhielten mit ihrer Heizkostenabrechnung von 2009 eine Gutschrift von mehreren hundert Euro: Zum einen waren die Energiekosten durch die Wirtschaftskrise gesunken, zum anderen hatten sie weniger verbraucht als erwartet.

So überstiegen die monatlichen Heizkosten-Vorauszahlungen der beiden Langzeitarbeitslosen die tatsächlichen Aufwendungen - sie erhielten das zu viel gezahlte Geld zurück. In dem einen Fall des nun wieder berufstätigen Mieters belief sich die Summe auf 574,20 Euro; in dem anderen Fall des immer noch Arbeitslosen soll es sich ebenfalls um einen stattlichen Betrag gehandelt haben. Nach Angaben der Nova Trend sollen beide die Gutschrift einfach für sich behalten haben - und das empört die Verwalter.

Denn die monatlichen Heizkosten-Vorauszahlungen im Jahr 2009 waren vom Jobcenter Essen, also vom Steuerzahler, übernommen worden: Wie bei Hartz-IV-Bezug üblich, erhalten Arbeitslose nicht nur die reine Kaltmiete erstattet, sondern auch die Betriebs- und Heizkosten. Was aber passiert mit einer Gutschrift aus der Jahresendabrechnung?

Abrechnung vorlegen

Nach geltendem Recht, so erklärt Jobcenter-Sprecherin Heike Schupetta, sind Langzeitarbeitslose verpflichtet, ihre Nebenkosten-Abrechnung der Behörde vorzulegen.

Bei einer Gutschrift wird der Betrag von der nächsten monatlichen Hartz-IV-Zahlung abgezogen. Muss der Mieter aber nachzahlen, weil die Heizkosten doch höher lagen, übernimmt das Amt die zusätzlichen Kosten.

Weil der noch arbeitslose Mieter der Nova Trend seine Gutschrift dem Jobcenter nicht gemeldet hat, läuft nach Auskunft von Schupetta derzeit ein Anhörungsverfahren im Haus wegen des Verdachts auf Leistungserschleichung.

Ganz anders verhält es sich bei ehemaligen Arbeitslosen, die nun wieder einen Job haben. Diese Fälle werden im Gesetz gar nicht behandelt und deshalb spricht Schupetta auch von einer „Gesetzeslücke“. Erhalten frühere Arbeitslose eine Gutschrift für zu viel gezahlte Heizkosten in ihrer Zeit der Arbeitslosigkeit durch das Amt, dann können sie diese behalten. „Uns fehlt die rechtliche Handhabe, hier einzuschreiten“, sagt Schupetta.

Allerdings: Muss der nun Berufstätige laut Nebenkostenabrechnung Geld nachzahlen, weil die monatlichen Heizkosten-Zahlungen des Amtes zu gering waren, dann muss er diese auch selbst tragen. Er kann dieses Geld nicht vom Jobcenter nachfordern, obwohl ja diese Heizkosten im Laufe seiner Arbeitslosigkeit angefallen sind. Denn Hartz-IV-Beträge stellen eine „Hilfe zum aktuellen Lebensunterhalt“ dar - und der Berufstätige verdient ja zum Zeitpunkt der Nebenkosten-Abrechnung eigenes Geld, mit dem er die Forderung begleichen muss.

Die Nova-Trend-Leute jedenfalls halten es trotzdem für eine staatliche Geldverschwendung, wenn sich frühere Arbeitslose Gutschriften über mehrere hundert Euro einfach so einstecken können.

Vorwürfe der Verwalter, das Jobcenter kümmere sich nicht um Fälle, bei denen es um Missbrauch von finanziellen Leistungen geht, weist die Behörde jedenfalls zurück. „Wir gehen jedem Hinweis nach“, verspricht Schupetta. Der Tippgeber selbst werde aber über den Fortlauf des Verfahrens aus Datenschutzgründen nicht direkt informiert.

Quelle: Der Westen vom 20.08.2010

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