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Öffentlich geförderte Beschäftigung / Ein-Euro-Jobs - Gemeinsame Erklärung des DGB, Sozialverband VdK, Sozialverband Deutschland (SoVD), Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB)

Forderungen an "öffentlich geförderte Beschäftigung" und qualitative Mindeststandards für "Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädiguing" (Ein-Euro-Jobs) nach dem neuen Sozialgesetzbuch II (SGB II)



Deutscher Gewerkschaftsbund, PM 203, 22.10.2004

Gemeinsame Erklärung zur öffentlich geförderten Beschäftigung von: Deutscher Gewerkschaftsbund, Sozialverband VdK, Sozialverband Deutschland (SoVD), Katholische Arbeitnehmer-Bewegung (KAB):

Öffentlich geförderte Beschäftigung darf nicht auf Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung ("Ein-Euro-Jobs") reduziert werden.

Die Agenda 2010 hat bislang zu keiner durchgreifenden Wende bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geführt. Dies gilt insbesondere bei Langzeitarbeitslosen, für die mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II auch die öffentlich geförderte Beschäftigung neu gestaltet wird.

Die öffentlich geförderte Beschäftigung ist für Langzeitarbeitslose im Grundsatz nur dann eine sinnvolle Beschäftigungsform, solange sie keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt finden können und alle anderen möglichen arbeitsmarktpolitischen Hilfen ausgeschöpft sind. Hier ist stets denjenigen öffentlich geförderten Beschäftigungsformen ein absoluter Vorrang einzuräumen, die ein reguläres Arbeitsverhältnis bilden.

Die Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung ("Ein-Euro-Jobs") können im Ausnahmefall eine Beschäftigungsform darstellen, wenn die folgenden qualitativen Mindeststandards sowohl im Interesse der Arbeitslosen als auch im Interesse der übrigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erfüllt werden.

  1. Die Beschäftigungsform der Arbeitsgelegenheiten ist nachrangig. Zunächst müssen andere Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden. Dabei hat sozialversicherungspflichtige Beschäftigung Vorrang vor Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung. Die Beschäftigung darf für Langzeitarbeitslose nicht zu einer Sackgasse werden. Eine Beschäftigung muss deswegen sowohl die Qualifikation als auch die bisherigen beruflichen Erfahrungen berücksichtigen. Längerfristige Beschäftigung weit unter dem bisherigen Qualifikationsniveau führt zu Dequalifizierung und verschlechtert die Chancen auf weitere Integration in den Arbeitsmarkt.
  2. Die öffentlich geförderte Beschäftigung muss in jedem Fall zusätzlich sein und darf reguläre Beschäftigung nicht verdrängen. Für die Zusätzlichkeit sind enge Kriterien anzulegen. Im Zweifel muss ein örtlicher Beirat, der mit den örtlichen Akteuren am Arbeitsmarkt besetzt ist, über die Frage der Zusätzlichkeit verbindlich entscheiden. Fehlende finanzielle Mittel der Kommunen oder der Träger allein sind kein ausreichendes Kriterium für die Zusätzlichkeit.
  3. Die Arbeiten müssen dem Allgemeinwohl zugute kommen. Das heißt, es reicht nicht aus, wenn die Arbeiten durch einen gemeinnützig anerkannten Träger oder eine Kommune durchgeführt werden. Vielmehr muss sichergestellt werden, dass auch das Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Deswegen ist der Einsatz von Arbeitslosen mit Mehraufwandsentschädigung in privaten Unternehmen generell ausgeschlossen.
  4. Die Tätigkeiten müssen so angelegt sein, dass ein Überwechseln in den regulären Arbeitsmarkt jederzeit möglich ist und das Überwechseln durch die Beschäftigung gefördert wird.
  5. Die "Entlohnung", bestehend aus dem Arbeitslosengeld II und der Mehraufwandsentschädigung, darf in keinem Fall den arbeitsbedingten höheren Existenzbedarf unterschreiten, sondern muss in einem angemessenen Verhältnis zu der erbrachten Arbeitsleistung stehen. Dabei sollen tarifliche Vereinbarungen oder ortsübliche Löhne als Vergleichsmaßstab hinzugezogen werden.
  6. Arbeiten, die den Umgang mit Menschen beinhalten, dürfen nur an Arbeitslose vermittelt werden, die ihrer Persönlichkeit nach hierfür geeignet sind. Diese Arbeiten dürfen keine Tätigkeiten umfassen, die eine besondere fachliche Ausbildung erfordern (z.B. Pflege, Betreuung, Erziehung). Darüber hinaus müssen die Arbeitsuchenden die Möglichkeit haben, diese Arbeiten in gemeinsamer Absprache mit dem Träger abbrechen zu können.
  7. Die Arbeit muss grundsätzlich freiwillig sein. Unentbehrlich ist die Freiwilligkeit, wenn Arbeitslose eingesetzt werden, um pflegebedürftigen, älteren oder behinderten Menschen bzw. Kindern Gesellschaft oder sonstige zusätzliche Dienste zu leisten.
  8. Auch darüber hinaus sollte die Beschäftigung möglichst freiwillig sein. Die zwangsweise Heranziehung zu Maßnahmen muss auf wenige Ausnahmen begrenzt bleiben.
  9. Die öffentlich geförderte Beschäftigung muss auf Seiten der Agenturen durch qualifizierte Fallmanager begleitet werden. Die Qualifikation der Fallmanager muss sich sowohl auf die Kenntnisse des örtlichen Arbeitsmarktes als auch auf pädagogische Kenntnisse und Erfahrungen erstrecken.

    Auch bei Zuweisung in öffentlich geförderte Beschäftigung muss vorher geklärt werden, welche Ziele mit der Maßnahme erreicht werden sollen. Darüber hinaus müssen die Fallmanager Methoden zur Qualitätskontrolle entwickeln und die Qualität der Maßnahmen sicherstellen. Vor Beginn der Maßnahme muss eine Qualifizierung bzw. Vorbereitung auf die Arbeitsgelegenheit erfolgen. Dies gilt insbesondere, wenn Personen eingesetzt werden, um pflegebedürftigen, älteren oder behinderten Menschen bzw. Kindern Gesellschaft oder sonstige zusätzliche Dienste zu leisten.
  10. Den Arbeitsuchenden ist neben der öffentlich geförderten Beschäftigung ausreichend Zeit für intensive Bewerbungsbemühungen einzuräumen. Gleichzeitig hat auch die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen während der Maßnahmen fortzusetzen.
  11. Personen, die weitere unterstützende Hilfen benötigen, muss diese Hilfe auch angeboten werden. Dies gilt insbesondere, wenn Menschen aufgrund einer Erkrankung in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkt sind oder andere soziale Umstände die Eingliederung erschweren.

Dr. Ursula Engelen-Kefer
Stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes

Walter Hirrlinger
Präsident des Sozialverband VdK Deutschland

Adolf Bauer
Präsident des Sozialverband Deutschland (SoVD)

Birgit Zenker
Bundesvorsitzende der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung Deutschlands (KAB)

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