Ein-Euro-Jobs senken Qualität
Viele soziale Einrichtungen versuchen mit Hilfe von günstigen Langzeitarbeitslosen Geld zu sparen, klagt der Berufsverband für soziale Arbeit. Darunter leide jedoch die Qualität.
Gut ein Jahr nach Einführung der Ein-Euro-Jobs beklagt der
Deutsche Berufsverband für soziale Arbeit (DBSH) einen massiven
Qualitätsverlust in der Sozialarbeit und der Pflege. "Nach
dem Motto "Geiz ist geil" sollen soziale Einrichtungen ihre
Dienste nur noch möglichst billig anbieten", sagte die
DBSH-Vorsitzende Hille Gosejacob-Rolf vor kurzem in Essen. So würden
Ein-Euro-Jobber ohne entsprechende Ausbildung flächendeckend in
Schulen bei der Hausaufgabenbetreuung und in Kindertagesstätten
eingesetzt.
Diese Entwicklung ziehe sich durch alle Bereiche
der sozialen Arbeit, sagte Gosejacob-Rolf. So werde in Duisburg ein
Projekt zur Vermeidung von Obdachlosigkeit mit 15 Ein-Euro-Jobbern
als "Sozialhelfer" betrieben. Dieses sollten mit den
Betroffenen Probleme wie Wohnungssuche, Vereinsamung oder
Tagesstruktur bearbeiten. In Düsseldorf werde ein Projekt zur
Gewaltprävention bei Jugendlichen mit einer hauptamtlichen
Stelle und fünf Ein-Euro-Jobs durchgeführt. "Beinahe
könnte man daraus das Prinzip ableiten, dass Menschen "am
unteren Ende" ihre Probleme doch unter sich austragen sollen",
sagte die DBSH-Vorsitzende.
Ein Dumping der Qualität
finde jedoch auch in der Pflege statt. So suche beispielsweise die
Stadt Gelsenkirchen Teilzeitkräfte für den
Sozialpsychiatrischen Dienst und Pflegekräfte zum Stundenlohn
von 10 Euro. Die Beschäftigten hätten meist Angst, sich
gegen die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen aufzulehnen. "Zu
viele Sozialarbeiter werden arbeitslos und müssen anschließend
als Ein-Euro-Jobber wieder in ihrem Beruf arbeiten", sagte die
DBSH-Vorsitzende.
Mit einer Info-Kampagne will der Verband
die Bürger bewegen, bei sozialen Einrichtungen auf Einhaltung
von Standards zu achten. In einem Leitfaden gibt der DBSH Tipps,
welche Punkte bei der Auswahl etwa eines Pflegeheims oder eine
Jugendhilfe-Einrichtung gestellt werden sollten. Dazu gehören
Fragen nach der Ausstattung der Einrichtung und der Ausbildung des
Personals. Der DBSH ist mit gut 6.000 Mitgliedern der größte
Verband für soziale Berufe.
Quelle: taz NRW vom 23.3.2006