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Hartz-IV-Empfängern droht Mietschock

Die Kommunen sollen künftig die Unterkunftskosten für Hartz-IV-Empfänger selbst festlegen. Zahlreiche Betroffene müssten sich dann wohl eine neue Wohnung suchen.

Nach der Empfehlung einer Expertengruppe des Arbeitsministeriums sollen die Kommunen künftig selbstständig in Satzungen bestimmen, welche Mietkosten sie Hartz-IV-Empfängern bezahlen. So könnte der Wohnungsanspruch für Alleinstehende auf nur noch 25 Quadratmeter beschränkt werden. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen im Bundestag hervor, die der FTD vorliegt. Derzeit gilt ein Richtwert von 45 Quadratmetern. Hinter den Sparvorschlägen steht der Versuch, die klammen Kommunen zu entlasten. Die in diesem Jahr eingesetzte Gemeindefinanzkommission soll dazu im Herbst ihren Bericht vorlegen.

Streit um Wohnungsgröße

Bisher schreibt ein Gesetz nur vage vor, dass "angemessene" Unterkunftskosten erstattet werden müssen. Was das aber heißt, darüber wird ständig vor Sozialgerichten gestritten. Satzungen würden derzeitige unverbindliche Regelungen der Kommunen ersetzen.

"Diese sogenannte Satzungslösung ist ein Unding", sagte die kommunalpolitische Sprecherin der Grünen, Britta Haßelmann. Denn mehr Geld vom Bund soll es ausdrücklich nicht geben - trotz steigender Kosten. Von den Gesamtkosten der Unterkunft übernimmt der Bund nur 23,6 Prozent. Das sind in diesem Jahr rund 3,7 Mrd. Euro. "Damit steigt der Druck auf die Kommunen, die Leistung in den Satzungen relativ niedrig anzusetzen", sagte die Grünen-Politikerin.

Die im Koalitionsvertrag vorgesehene Pauschalierung der Kosten ist damit vom Tisch, das Arbeitsministerium prüft die Umsetzung der Satzungslösung bereits. Ob durch diese Lösung gespart werden kann, "lässt sich derzeit noch nicht absehen", heißt es. Haßelmann kritisierte zudem die damit verbundene rechtliche Zuständigkeit der Kommunen als "Riesenproblem", weil so die Verantwortung auf die Städte und Gemeinden abgeschoben werde.

Michael Kanert, Sozialrichter in Berlin, warnt zudem vor einem Widerspruch zur Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts zum Existenzminimum: "Derzeit wird viel gestritten, was einer Person zusteht, Fragen wie Größe, Wohnstandard, Bad. Das sind Wertungsfragen, die das Parlament diskutieren und entscheiden muss und nicht die Kommunen."

Sparen bei Behinderten

Die Mietkosten zu senken ist nur ein Vorschlag für die klammen Kommunen. Die "Arbeitsgruppe Standards" hat in ihrem Zwischenbericht zahlreiche weitere Sparideen gesammelt: Behinderte könnten etwa nicht mehr kostenlos Bus und Bahn nutzen dürfen, und der Zugang zu Behindertenwerkstätten könnte für alle beschränkt werden, die einen Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente haben. Was von den über 200 anderen Ideen umgesetzt wird, ist offen - neben dem Arbeitsministerium müssen auch noch andere Fachressorts die Vorschläge prüfen.

Quelle: FTD vom 23.07.2010

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