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Kentzler: "Ein-Euro-Jobs sind teuer und helfen den Betroffenen nicht"

Wie bewertet das Handwerk Ein-Euro-Jobs?

Otto Kentzler: Die so genannten Ein-Euro-Jobs sind uns ein Dorn im Auge. Sie sind teuer und helfen den Betroffenen letztlich nicht. Dafür gefährden sie reguläre Be-schäftigung. Gerade kommunale Träger setzen Ein-Euro-Kräfte gerne in hand-werklichen Bereichen ein. Immer wieder wird dabei gegen den Grundsatz versto-ßen, dass diese Arbeiten zusätzlich sein müssen und keine fachlichen handwerklichen Tätigkeiten beinhalten dürfen.

Wie bewertet das Handwerk das Thema gerade mit Blick auf gering qualifizierte, langzeitarbeitslose Jugendliche unter 25?

Kentzler: Das Institut für Arbeitsmarktforschung IAB hat mehrfach die Wirkungslosigkeit von solchen Maßnahmen bei Teilnehmern unter 25 Jahren bestätigt. Die Chancen, im Anschluss an eine solche Tätigkeit eine reguläre Beschäftigung zu erlangen, sind so gering, dass sie nicht messbar sind. Die Ein-Euro-Jobs verführen manche jungen Leute leider dazu, sich nicht mehr intensiv um einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz zu kümmern. Die Wirkung ist dann sogar kontraproduktiv.

Gibt es andere Möglichkeiten der Wiedereingliederung langzeitarbeitsloser Jugendlicher?

Kentzler: Das Handwerk hat sich dafür eingesetzt, dass etwa Ausbildungsabbrecher eine "zweite Chance" bekommen. Über die im Ausbildungspakt verabredeten Einstiegsqualifizierungen haben in den vergangenen beiden Jahren viele Jugendliche ohne Ausbildungsplatz den Einstieg geschafft. Festzuhalten ist jedoch, dass schwer aufzuholen ist, was in der Schule versäumt wurde. Daher setzen wir große Hoffnungen auf die Ergebnisse des vom Handwerk maßgeblich mit angestoßenen Bildungsgipfels. Die Zahl der Schulabbrecher ohne Abschluss und die Zahl der aufgrund schulischer und sozialer Probleme nicht ausbildungsfähigen Jugendlichen muss drastisch reduziert werden. Angesichts weiter zurückgehender Zahlen bei den Schulabgängern wird jeder Jugendliche gebraucht.

 

Kampf gegen Graffiti - für eine Job-Perspektive

Arbeitslos, ohne Ausbildung, und ohne Perspektive. Das ist die Situation für viele Jugendliche. Gerade solche, die keine Chance auf eine Ausbildung haben. "Integrationsfern"- in diese Kategorie wurden sie einsortiert.

Dennoch soll das nicht die Endstation bleiben. Wenn es nach Sozialamt und Jobcenter ARGE geht, sollen sie über Arbeitsgelegenheiten wieder eine Perspektive bekommen. Darauf setzt auch Bianca Neumann. Die 23-Jährige ist arbeitslos. "Ich musste damals meine Ausbildung abbrechen", berichtet die junge Frau. Eine Allergie machte der angehenden Frisöse einen Strich durch die Berufsplanung. Sie steht ohne Job und Ausbildung da. Jetzt malert sie in der Gesamtschule Gartenstadt: Bianca hat sich für das Projekt "Graffitientfernung" entschieden. Zur Auswahl standen die Bereiche "Grün", Holz, Metall, Farbe, aber auch Hausmeister und Verwaltung. Doch sie reizte Gestaltung: "Ich wollte halt gerne etwas verschönern."

Diese Arbeitsgelegenheit ist das unterste Glied einer Förderkette: "Eine direkte Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung steht hier nicht im Vordergrund, erklärt Oliver Wozny, Abteilungsleiter im Sozialamt. Vielmehr soll Beschäftigung und Qualifizierung wie zum Beispiel handwerkliche Qualifikationen und Bewerbungstraining angeboten werden, um erste berufliche Erfahrungen zu ermöglichen. Und zu testen, ob die Jugendlichen überhaupt für eine längerfristige Tätigkeit zu motivieren sind.

Bei Maler- und Lackierermeister Michael Chmielewsky von der Stadtteil-Werkstatt erlernen sie viele Grundkenntnisse, die auch Azubis im ersten Lehrjahr vermittelt werden. Allerdings hier unter teils erschwerten Bedingungen: "Oft fehlt den Jugendlichen eine ordentliche Tagesstruktur", so Becker. Sie wissen nicht mehr, was es bedeutet, morgens aufzustehen.

Die Projekte sind nicht unumstritten: Schließlich streichen die Jugendlichen beispielsweise Schulflure. Eine Tätigkeit, die auch ein Maler übernehmen könnte (siehe Interview). "Die Immobilienwirtschaft hat dafür aber kein Geld", so Wozny. Sie würden daher in den kommenden Jahren keine Aufträge dafür vergeben. Folge: Die Flure und Toiletten bleiben gammelig. Oder die Eltern und Schüler legen streichen selbst - was in Klassenräumen oft passiert. Insgesamt wurden bisher 122 Gebäude gesäubert, viele schon mehrfach. Ziel sei es, die Gebäude anschließend "sauberzuhalten".

Quelle: WR vom 03.12.08

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