250.000 Hartz-IV-Empfänger mehr als bisher erwartet
T-Online Bericht 09.09.04 (nach Reuters): Die Bundesregierung muss nach neuen Berechnungen des Forschungsinstituts der Bundesagentur für Arbeit (BA) mit deutlich mehr Beziehern des künftigen Arbeitslosengeldes II zum Jahresanfang 2005 und daher womöglich mit höheren Ausgaben rechnen als bisher angenommen.
Sommerbelebung auf dem Arbeitsmarkt blieb aus (Foto:ddp) |
Clement muss mit mehr Hartz-IV-Empfängern rechnen
Im
ersten Vierteljahr 2004 hätten 3,44 Millionen Langzeitarbeitslose
Anspruch auf Arbeitslosengeld II gehabt, wenn die für 1. Januar 2005
geplante Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bereits
wirksam gewesen wäre. Das wären rund 250.000 mehr als bislang von
Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) für den Jahresbeginn 2005
angenommen. Die Zahl von 3,44 Millionen könnte bis zum In-Kraft-Treten
der Reform sogar noch steigen, weil Experten in diesem Jahr auf dem
Arbeitsmarkt keine Trendwende mehr erwarten. "Sie muss mindestens als
Startsituation für Anfang 2005 zu Grunde gelegt werden", sagte der
Verfasser der Studie, IAB-Experte Helmut Rudolph. Die Bundesregierung
setze zwar auf einen Rückgang auf Grund der Konjunkturerholung. "Im
Augenblick gibt es aber noch keine erkennbare Entlastung bei der
Arbeitslosenhilfe", sagte Rudolph.
Haushaltsrisiko für Clement
In
seiner Studie weist Rudolph darauf hin, dass die neuen Zahlen auch
Risiken aufwerfen für den erwarteten Jahresdurchschnitt an Beziehern
von Arbeitslosengeld II sowie bei den "vorgegebenen Budgets für
Personal, Verwaltung und Eingliederung in der Kalkulation von
Betreuungsschlüsseln und Pro-Kopf-Sätzen". Bislang geht die
Bundesregierung auf Grund früherer Berechnungen des IAB für 2005 von
einem Jahresdurchschnitt von 3,21 Millionen Beziehern von
Arbeitslosengeld II aus.
Bessere Betreuung gefährdet
Auf
Grund dieser Zahl hat Clement für Verwaltung, Personal und
Eingliederung in den Arbeitsmarkt ein Budget von 9,65 Milliarden Euro
vorgegeben. Sollte die Zahl höher ausfallen, müsste Clement Abstriche
bei der geplanten besseren Betreuung von Langzeitarbeitslosen machen
oder mehr Geld bereitstellen. Bislang ist vorgesehen, dass ein
Fallmanager für 75 langzeitarbeitslose Jugendliche oder 140 Erwachsene
zuständig sein soll. Wächst die Zahl der Arbeitslosen, wäre mehr
Personal erforderlich, um diesen Betreuungsschlüssel zu erreichen, der
als ein Kernstück einer besseren Vermittlung von Arbeitslosen in den
Arbeitsmarkt gilt.
Gefahr durch Revisionsklausel
Darüber
hinaus wird das neue Arbeitslosengeld II über Steuern aus dem
Bundeshaushalt finanziert. Die Belastung für den Etat könnte
entsprechend steigen. Ein zusätzliches Risiko besteht für Clement in
der Revisionsklausel, die er mit den Kommunen vereinbart hat. Danach
beteiligt sich der Bund auch an den Wohnungs- und Heizkosten der
Langzeitarbeitslosen bis zu der Höhe, dass die Kommunen unter dem
Strich durch die Reform um 2,5 Milliarden Euro entlastet werden. Dies
wird im Jahr 2005 auf Grund der tatsächlichen Ausgaben abgerechnet.
Rund sechs Millionen Menschen von Reform betroffen
Mit
der Hartz-IV-Reform ersetzt zum 1. Januar 2005 das Arbeitslosengeld II
die bisherige Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Zu den neuen Zahlen kam
das IAB, weil unter anderem erstmals neueste Zahlen der
Sozialhilfestatistik 2003 und die deutlich gestiegene Zahl von
Arbeitslosenhilfebeziehern berücksichtigt wurden. Demnach sind von der
Reform insgesamt fast sechs Millionen Menschen betroffen, die in
künftigen Bedarfsgemeinschaften für Arbeitslosengeld II leben.