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Prozeßflut beim Sozialgericht

Viele Klagen drehen sich um ALG II. Billigung des Regelsatzes hatte zahllose Protestmails zur Folge.

Die Hartz-IV-Reformen haben am Bundessozialgericht (BSG) in Kassel für eine bislang ungekannte Prozeßflut gesorgt. Vor allem wegen der umstrittenen Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe seien bei Deutschlands oberstem Sozialgericht im vergangenen Jahr so viele Verfahren eingegangen wie noch nie, sagte BSG-Präsident Matthias von Wulffen bei der Vorstellung des Tätigkeitsberichts für 2006 am Donnerstag in Kassel. Die Zahl der Neueingänge sei auf die Rekordmarke von 2946 Verfahren geklettert – fast 200 mehr als im Vorjahr. Gut 140 der Fälle drehten sich um Fragen des Arbeitslosengeldes II.

Das Bundessozialgericht rechnet damit, daß sich die Hartz-IV-Reformen noch über Jahre hinweg zu einer erhöhten Arbeitsbelastung führen. »Die Spitze des Eisberges ist noch lange nicht erreicht«, sagte BSG-Sprecher Thomas Voelzke. Um die Prozeßflut bewältigen zu können, sind dem BSG von der Bundesregierung bereits zwei zusätzliche Richterstellen bewilligt worden. Als dritte werde im Laufe des Frühjahrs voraussichtlich die Stelle eines Senatsvorsitzenden hinzukommen, kündigte BSG-Präsident von Wulffen an. »Wir gehen angesichts der geschilderten Belastungssituation davon aus, daß das Bundessozialgericht etwa im Sommer 2007 mit einem weiteren Senat ausgestattet sein wird.«

Für BSG-Vizepräsidentin Ruth Wetzel-Steinwedel ist die große Zahl der Verfahren kein Zeichen für handwerkliche Fehler des Gesetzgebers. »Das Gesetz ist mit heißer und schneller Nadel gestrickt, aber ich kann nicht sagen, daß es besonders schlecht gemacht ist«, sagte Wetzel-Steinwedel. Ihr 11b-Senat hatte im November 2006 das Arbeitslosengeld II für verfassungsgemäß erklärt und den Regelsatz von 345 Euro im Monat gebilligt. Daraufhin habe das Gericht so viele empörte Zuschriften bekommen wie nie zuvor, berichtete die Vizepräsidentin. »Wir haben bis zu 50 Mails pro Stunde gezählt.« (ddp/jW)


Quelle: Junge Welt vom 02.02.07
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