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Sozialforscher: Hartz IV hat Armut bis in die Mittelschicht getragen

Der Kölner Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge hat die Auswirkungen der Hartz-Reformen auf die Gesellschaft als "katastrophal" bewertet. Die Armut habe sich vergrößert und bis in die Mittelschicht hinein ausgebreitet, sagte Butterwegge am Mittwoch in Mülheim/Ruhr auf der Fachtagung "Armut breitet sich aus" der Caritas in NRW.

Während vor der Reform 965.000 Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren von Armut betroffen waren, sei die Zahl inzwischen auf rund 1,5 Millionen angestiegen, sagte der Sozialforscher. Darüber hinaus gebe es schätzungsweise noch eine Dunkelziffer von 200.000 Menschen.

Die Entwicklung interpretierte der Kölner Politologe als Wandel vom "Wohlfahrtsstaat zu einem nationalen Wettbewerbsstaat". Dabei sei Hartz IV nicht das Ergebnis einer Entwicklung, sondern bloß "ein Baustein" auf dem Wege, dass sich der Staat "aus seiner Verantwortung verabschiedet", sagte Butterwegge. Das eigentliche Ziel der Reform, die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, werde verfehlt, weil Förderung und Weiterbildung nicht mehr stattfinde.

Auch Heinz-Josef Kessmann, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Integration durch Arbeit (IDA) und Caritas-Direktor im Bistum Münster, sieht die Erwartungen in die Arbeitsmarktreform als "nicht erfüllt" an. Für den größten Teil der Sozialhilfeempfänger habe sich die Situation dramatisch verschlechtert, sagte Kessmann. Das zeige sich daran, dass sich Bedürftige zunehmend verschuldeten, weil sie mit dem Regelsatz von 345 Euro pro Monat nicht auskämen. Als Folge davon stelle die Caritas in ihren Kleiderstuben und Essens-Tafeln einen erhöhten Zulauf fest.

Auch für junge Menschen hat sich nach Kessmanns Worten die Lage "nicht verbessert, sondern eher verschlechtert". Die Ein-Euro-Jobs hätten sich bisher in den wenigsten Fällen als Sprungbrett in den ersten Arbeitsmarkt erwiesen. Der Caritasdirektor sieht in der Reform einen "Paradigmenwechsel" in der Sozialpolitik: "Nicht die Unterstützung der Hilfsbedürftigen, sondern die Verringerung der gesellschaftlichen Kosten steht im Mittelpunkt."

Quelle: www.ekir.de/ekir/3475_38687.asp

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