Ausbeuter AWO ?
Streiks bei AWO-Betrieben in Dortmund. Berichte der Lokalpresse.
Westfälische Rundschau vom 10.07.2007:
Statt dobeq Billiganbieter anprangern
Die Geschäftsführung der dobeq hat nicht das geringste Interesse, in einem tariflosen Zustand zu verbleiben", teilte gestern Heinz Feuerborn, Geschäftsführer der Dortmunder Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbildungsgesellschaft mit
Feuerborn reagierte damit auf die Vorwürfe der Gewerkschaft Verdi, die am Montag im Zuge der Tarifverhandlungen mit der AWO zu Warnstreiks aufgerufen und der AWO-Tochter dobeq vorgeworfen hatte, neueingestellte Fachkräfte zu Dumpingpreisen zu beschäftigen. "Etliche Versuche, mit Verdi zu einem Vertragswerk zu kommen, sind gescheitert", so Feuerborn. Die dobeq könne sich nicht einem Tarifvertrag unterwerfen, der im wesentlichen die Belange anderer Arbeitsfelder berücksichtige. Verdi und der dobeq-Betriebsrat stellten einen anerkannter Träger an den Pranger, der seinen Mitarbeitern deutlich mehr Gehalt zahle als viele Anbieter, die sich mit Dumpinglöhnen erfolgreich an Ausschreibungen beteiligten. "Warum prangert Verdi nicht die Träger an, die auf Grund von Dumpinglöhnen einen Zuschlag nach dem anderen zu Lasten bewährter Anbieter erhalten?", so Feuerborn.
Westfälische Rundschau vom 09.07.2007:
7 € die Stunde sind zu wenig
Er wäscht, pflegt und füttert im Minutentakt. Für die anstrengende Arbeit kriegt Altenpfleger Christoph Schubert 1850 E brutto im Monat. Seinem Arbeitgeber AWO ist das zu viel, das Gehalt des Altenpflegers soll auf 1449 E gekürzt werden. Gestern gingen Schubert und viele seiner Kollegen auf die Straße, um sich an Warnstreiks zu beteiligen, die die 6. Runde der Tarifverhandlungen für die Beschäftigten der AWO in NRW begleiteten.
Ende vergangenen Jahres hatte die AWO sämtliche Tarifverträge aufgekündigt. Seitdem befinden sich Pfleger, Hauswirtschafter, Sozialarbeiter etc. in einem tariflosen Zustand. Während der alte Vertrag für die Alt-Beschäftigten weiter nachwirkt, müssen Neueingestellte bereits Lohnkürzungen von sieben Prozent hinnehmen.
Zwar unterstützt die AWO die Gewerkschaftsforderung - 7,50 Euro Mindestlohn - doch im eigenen Haus bezahlt sie teilweise weniger: Nach Verdi-Angaben verdienen die Mitarbeiter der Servicedienste 7 E die Stunde. Auf dieses Niveau wolle der Wohlfahrtsverband nun seine examinierten Pflegekräfte runterdrücken. "Das müssen wir verhindern. Wir sprechen hier von Knochenjobs", sagte Verdi-Gewerkschaftssekretär Wolfgang Crämer.
Die Beschäftigten und Verdi machten bei ihren Protesten deutlich, dass die AWO immer mehr Arbeitsbereiche in Tochtergesellschaften ausgliedere, um Geld zu sparen. Als Beispiel führten sie die Dortmunder Beschäftigungs-, Qualifizierungs- und Ausbildungsgesellschaft (dobeq) an, deren Zentrale an der Gneisenaustraße gestern Tarifverhandlungs- und Streikort war.
"70 Prozent unserer 150 Beschäftigten sind Teilzeitkräfte oder Mini-Jobber.
Die neueingestellten Fachkräfte wie Lehrer oder Sozialarbeiter verdienen rund 25 Prozent weniger als die Alt-Beschäftigten", führte dobeq-Betriebsratsvorsitzender Wigbert Heer aus.
Möglich ist das, weil die dobeq bereits seit 1160 Tagen im tariffreien Zustand ist. Die AWO-Tochter ist nur Gastmitglied im Arbeitgeberverband. "Sie kann den Arbeitgeberverband jederzeit verlassen. Sind der dobeq die Abschlüsse zu hoch, steigt sie aus und ist an keinen Tarifvertrag gebunden", erläuterte Crämer, Mitglied der Tarifkommission.
Selbst vor Auslagerungen innerhalb eines Betriebes schreckt die AWO nach Angaben ihrer Beschäftigten nicht mehr zurück. So habe man die Pflegestation eines Seniorenzentrums zu einer eigenen GmbH gemacht - zu Lasten der nun schlechter bezahlten Beschäftigten.
Lohnerhöhung zurückgewiesen
Dieses Beispiel, so befürchten bei diesem Warnstreik alle, wird Schule machen. Sie haben Angst, dass die Arbeiterwohlfahrt zum knallharten Sozialkonzern wird. "Schuld ist die Politik, die die Zuschüsse für das Gesundheitswesen und soziale Arbeit kürzt. Diese Bereiche sind dem Wettbewerb unterworfen", so Wolfgang Crämer. Und gerade im sozialen Dienstleistungebereich gebe es viele Billiganbieter.
Der Arbeitgeberverband wies gestern die Forderungen der Gewerkschaft, Lohnerhöhung von 5,5 Prozent ab 1. Januar 2007, zurück. Die AWO war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. - Von Silke Hoock
Ruhr Nachrichten vom 09.07.07:
Mehr Lohn für gute Arbeit
"Wir sind keine Sparschweine!" Rund 100 Mitarbeiter der Arbeiterwohlwohlfahrt taten gestern lautstark kund, was sie von den Plänen ihres Arbeitgebers halten: Nichts.
Seit Anfang des Jahres befindet sich die AWO in Nordrhein-Westfalen in einem tariflosen Zustand, seit Februar wird wieder verhandelt.
Dass die Arbeitgeberseite in der letzten Verhandlungsrunde drastische Lohnkürzungen für einige Beschäftigtengruppen gefordert habe, nannte die Dortmunder verdi-Sekretärin Heike Kromrey beim gestrigen Warnstreik vor der AWO-Tochter dobeq in der Nordstadt "ein Armutszeugnis für den größten deutschen Wohlfahrtsverband, der sich offenbar davor drückt, gute und verantwortungsvolle Arbeit entsprechend zu bezahlen". Drei Jahre ohne einen Cent Lohnerhöhung reiche den AWO-Beschäftigten, betonte sie. Dass es jetzt noch durch Auslagerung in eigene Gesellschaften zu massiven Gehaltsabsenkungen kommen solle, "bringt das Fass zum Überlaufen".
Als widersprüchlich bezeichnete Wolfgang Cremer vom verdi-Landesbezirk die AWO-Positionen. Zum einen laufe die AWO gegen das geplante Kinderbildungsgesetz, kurz KiBiz, Sturm, zum anderen behaupte sie, dass das pädagogische Personal in der offenen Ganztagsschule keine Ausbildung benötige. "Und das für das Erziehen von Kindern." Mit 1286 Euro brutto sollten die Kräfte abgespeist werden.
verdi fordert neben der Wiederherstellung der Tarifbindung Einkommenserhöhungen um 5,5 % mit einer sozialen Komponente für die unteren Einkommen.
Nullrunden
Die Arbeitgeberseite weist die verdi-Lohnforderungen scharf zurück. Das von der Gewerkschaft geforderte Volumen liefe auf eine Lohnerhöhung von über 7% hinaus. "Der Aufschwung hat in der Refinanzierung sozialer Dienstleistungen weiterhin nicht stattgefunden", so Gero Kettler für die AWO-Tarifkommission NRW. Die Mitglieder des Arbeitgeberverbandes sähen sich weiteren Nullrunden oder gar Kürzungsforderungen der Kostenträger gegenüber.
Der Arbeitgeberverband sei sich mit den Gewerkschaften einig, dass die Finanzierung sozialer Dienstleistungen in NRW verbessert werden muss. Die jetzigen Lohnforderungen gefährdeten jedoch weitere Einrichtungen und Tätigkeitsfelder bei der AWO. Die nicht mit Tarifverträgen arbeitenden Wettbewerber würden zu Lasten der Arbeitsplätze bei der AWO weiter gestärkt. - kiwi