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Kürzungen im Landeshaushalt

Frauenhaus, Mitternachtsmission und Landesfachstelle von massiven Kürzungen betroffen.

Landesfachstelle vor der Auflösung

Die dicke Bescherung kommt vor dem Fest und ohne Vorwarnung. Die Landesregierung will dem Dortmunder Frauenhaus wie auch allen anderen Frauenhäusern in NRW zum 1. Januar 2006 eine von vier Stellen streichen. "Wir sind völlig schockiert", sagt Eva Grupe auf Anfrage, die seit 17 Jahren als Diplom-Pädagogin im Frauenhaus arbeitet. "Es gab kein Signal dafür, dass eine Kürzung ansteht." Schriftlich gab es auch noch nichts.

"Der Umgang ist schon brutal." 36.000 Euro Personalkosten-Zuschuss vom Land fehlen künftig. "Das können wir nicht kompensieren", sagt Eva Grupe. Personal muss gehen. Wie viel, wer und wann das wird zurzeit in Krisengesprächen beraten. Kampflos will das Frauenhaus nicht das Feld verlassen. "Es wird Protestaktionen geben" kündigt Eva Grupe an. Noch härter trifft es die Landesfachstelle autonomer Frauen- und Mädcheneinrichtungen gegen Gewalt NRW mit Sitz in Dortmund. Die zu 100 Prozent vom Land geförderte Vernetzungsstelle autonomer Einrichtungen für Frauen steht nach nur einem Jahr Arbeit vor ihrer Schließung. - Ten

Frauenhaus sieht Arbeit gefährdet

Die Personaldecke des Dortmunder Frauenhauses ist mit vier vollen Stellen alles andere als dick. Zwei Sozialpädagoginnen, eine Erzieherin und eine Hilfskraftstelle sieht der Schlüssel vor, den das Frauenhaus modifiziert hat und Teilzeitkräfte beschäftigt. "Wenn jetzt eine volle Stelle wegfällt, können wir nicht mehr die gleiche Arbeit leisten und nicht mehr so viele Frauen und Kinder aufnehmen", skizziert Eva Grupe die Konsequenzen. Dabei ist die Nachfrage konstant groß. "Wir sind fast immer voll belegt." Erst im Sommer zog die Einrichtung in neue schöne helle Räume.

30 Frauen und Kinder finden in der 1979 eröffneten Einrichtung, die vom Verein Frauen helfen Frauen getragen wird, Schutz und Geborgenheit. Jährlich suchen 150 Frauen und ebenso viele Kinder im Frauenhaus Zuflucht vor Gewalt.

Gewalt, die immer fiesere Grimassen schneidet. "Es gibt heute mehr traumatisierte Frauen", berichtet Eva Grupe. Frauen in schweren Krisen, darunter auch viele sehr junge Frauen und Migrantinnen. "Die Arbeit ist sehr komplex geworden", sagt Eva Grupe. Jetzt sieht das Frauenhaus für viele misshandelte Frauen schwarz und fordert die Landesregierung auf, die Kürzung zurückzunehmen.

Darauf drängt auch die Landesfachstelle autonomer Frauen- und Mädcheneinrichtungen gegen Gewalt NRW, die über 100 Institutionen berät, Fortbildungen anbietet und sich mit drei Mitarbeiterinnen binnen eines Jahres am Westenhellweg 112 etabliert hat. "Jetzt steht die Infrastruktur und wir sollen uns innerhalb von zwei Wochen auflösen. Es ist absurd.", klagt Christine Ehret. In einem offenen Brief an die Landtagsabgeordneten appelliert die Landesfachstelle, "die massiven Einsparungen zu verhindern." - Ten

115 Frauen gerettet

Die junge Asiatin saß vor Jutta Geißler-Hehlke und verweigerte strikt die Nahrungsaufnahme. Gutes Zureden half nichts. Half fünf Tage nichts, dann bat dje Leiterin der Mitternachtsmission ihre Mitarbeiterin Dr. Jianhong Zhou, um Hilfe.

Eine viertel Stunde später ging die junge Frau aus Thailand mit der Chinesin Dr. Zhou erst einkaufen und dann kochen. Was war passiert" "Dr. Zhou sagte ihr, dass unsere Beratung völlig kostenlos ist. Da endlich beschloss die Thailänderin, etwas zu essen." Von der Polizei bei einer Razzia aufgegriffen, war die junge Asiatin bei der Mitternachtsmission gelandet. Ein Opfer von Menschenhandel.

Die Thailänderin war eine von 115 Opfern aus über 30 Ländern, die durch ein multikulturelles Team von der Mitternachtsmission in diesem Jahr schon betreut wurden. Darunter waren auch zwölf Minderjährige. Die Frauen der Prostituiertenhilfe leiteten sie weiter an die Jugendhilfe. Außerdem haben die Klientinnen, von denen die meisten bei Razzien aufgegriffen wurden, insgesamt 28 Kinder. Gerade die Betreuung der Kinder ist für die Mitarbeiterinnen der Mitternachtsmission sehr aufwändig.

Zwar entstehen den aufgegriffenen Frauen keinerlei Kosten, wenn sie vielfältigste Hilfe erfahren dürfen, darunter auch die Versorgung mit Kleidung und Hygieneartikeln, Arztbesuche und natürlich eine vorläufige, sichere Unterbringung, aber für ihren Dienst am Menschen ist die Mitternachtsmission dringend auf weitere Landeszuschüsse und Spenden aus der Bevölkerung angewiesen. Andrea Hitzke, stellvertretende Leiterin der Prostituiertenhilfe, hofft, trotz der angekündigten finanziellen Zurückhaltung der neuen schwarz-gelben Landesregierung, auch 2006 ausreichend Mittel zu bekommen.

Das von ihr geleitete 13-köpfige Team der muttersprachlichen Honorarmitarbeiterinnen und Ehrenamtlichen, die auch beim Streetwork und der aufsuchenden Sozialarbeit eingesetzt werden, sind teils dringend angewiesen auf eine kleine Aufwandsentschädigung. Viele Studentinnen, zum Beispiel aus Russland, Thailand und der Türkei, bestreiten von dieser wichtigen Sozialarbeit ihren Lebensunterhalt. - bö

Resolution gegen Sparpläne

Die drohenden Einschnitte im Landeshaushalt durch die neue schwarz-gelbe Landesregierung beschäftigen nun auch die Kommunalpolitik. Per Dringlichkeitsantrag wollen SPD und Grüne die drohenden Kürzungen heute zum Thema in der Sitzung des Rates machen und eine Resolution gegen die Sparpläne verabschieden.

Wie berichtet drohen Kürzungen des Landes u.a. bei den Betriebskostenzuschüssen für Kindergärten, bei der Weiterbildung, der Familien- und Altenhilfe, der Krankenhaus-Finanzierung und im Wohnungsbau. Sozialdezernent Siegfried Pogadl hatte bereits am Dienstag berichtet, dass der Stadt allein im Jugendbereich 6 bis 7 Mio. Euro fehlen würden. Insgesamt stehen mit dem geplanten Landeshaushalt bis zu 20 Prozent der Ausgaben zur Disposition.

In ihrem Resolutionsentwurf fordern SPD und Grüne die Landesregierung auf, die Kürzungen nicht umzusetzen. Sie seien nicht nur sozialpolitisch ungerecht und unverantwortlich. Sie stellten Kommunen und freie Träger auch vor große finanzielle und organisatorische Probleme.

"Die Städte sind durch die Kürzungen gleich doppelt betroffen. Einerseits müssen die Einsparungen der Landesregierung aufgefangen werden, andererseits kommen durch die Beeinträchtigung der Arbeit der freien Träger eventuell neue Aufgaben auf sie zu", heißt es in der Resolution. - Oli

Die Ratssitzung beginnt heute um 15 Uhr im Rathaus am Friedensplatz.

Quelle: Ruhr-Nachrichten vom 14.12.05

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