Reinoldus- und Schiller-Gymnasium: Menschenkette gegen Rechts
Schüler und Lehrer Hand in Hand: Das Reinoldus- und Schiller-Gymnasium setzt Mittwoch ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus, mit einer Menschenkette rund um das Gebäude an der Hallerey. Eine symbolische Aktion mit einer glasklaren Botschaft: „Wir schützen unsere Schule. Hände weg vom RSG!"
„Es ist an der Zeit. Denn das rechtsradikale Gedankengut wird immer offensichtlicher, in und um Dorstfeld.” Das sagt Jochen Kreilos, Vorsitzender des Lehrerrates und Betreuer der Amnesty-Gruppe an der Schule. Die beherbergt auch das CourAGe-Projekt, eine Arbeitsgemeinschaft gegen Rechts.
Manchmal sind braune Auswüchse sichtbar am RSG. Etwa gelegentliche Schmierereien mit Nazi-Symbolen auf der Außenfassade. Oder Hunderte von Papierschnipseln, die auf dem Schulhof statt im Altpapiercontainer verstreut wurden – bedruckt mit Internet-Adressen rechtsradikaler Gruppen. Solche Rattenfänger-Köder sind für das Reinoldus-Schiller ein Motiv, sich zu wehren.
"Gerade hier muss man sich positionieren"
Ein anderes: „Das Schicksal der Dorstfelder Familie, die nach dem Nazi-Terror ihr Zuhause verlassen hat, berührt viele hier”, so Kreilos. Als Reaktion darauf hatte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit dem Gymnasium nahegelegt, am nächsten Runden Tisch für Toleranz und Verständigung in Dorstfeld teilzunehmen. Die Zusage kam prompt. „Gerade hier in Dorstfeld muss man sich positionieren, als Einheit, auch als ganze Schule”, betont RSG-Leiterin Sabine Neuser.
Ursprünglich sollte die heutige Menschenkette vom Gymnasium bis an den Wilhelmplatz im Zentrum reichen. 1100 Pennäler während der Unterrichtszeit außerhalb des Geländes – dieses Vorhaben stieß allerdings an schulrechtliche Grenzen.
Also bilden Schüler und Lehrer am Mittwoch einen menschlichen Wall um die Schule. Der formiert sich nach der vierten Stunde, ab 10.40 Uhr. Die Installation soll 45 Minuten dauern, eine Schulstunde also.
Offensives Zeichen gegen das Schweigen
Zunächst wollte das Kollegium die Menschenkette anonym bilden, ohne vorherige Ankündigung in der Presse – aus Sorge um mögliche Provokationen von Rechts. Nach kurzer, intensiver Diskussion entschied man sich dann aber dafür, genau das Gegenteil zu tun. „Als ganz offensives Zeichen dafür, dass wir die Entwicklungen in Dorstfeld nicht ignorieren, nicht billigen und auch nicht totschweigen”, so Jochen Kreilos.
Quelle: WR vom 15.12.2009
Schüler bilden Menschenkette gegen Rechts
Zeichen setzen, Gesicht zeigen – gegen Rechts, „gerade jetzt und hier”: So bildeten gestern Morgen über 1000 Schüler und das gesamte Kollegium des Reinoldus- und Schiller-Gymnasiums (RSG) eine beeindruckende Menschenkette rund um ihr Schulgebäude.
„Damit die sehen, dass sie nicht alles mit uns machen können”, erklären zwei Dreizehnjährige selbstsicher. „Die” sind die Mitglieder der rechten Szene, die wiederholt die politisch aktive Schule mit rechtsradikalen Parolen beschmieren (wir berichteten) oder, wie in der Nacht zu gestern, mit ihren Werbeschnipsel zumüllen. „Weil wir uns als Schule so engagieren, erfahren wir ständig Aktionen von Rechts”, wissen Sebastian, Laura und Janine (18) um mögliche Konsequenzen ihres Einsatzes. Ärgerlich, aber die RSGler lassen sich davon nicht abschrecken. Im Gegenteil: „Es ist jetzt gerade wichtig, hier in Dorstfeld zu demons-trieren, weil hier die Hochburg ist; die stehen doch teilweise vor der Haustür”, sehen die Zwölftklässler die Notwendigkeit der Aktion. Unterstützung erfährt die Schule von Polizei und Staatsschutz, die gleich zu Beginn ein Trüppchen von acht Neonazis des Platzes verweist, das Flugblätter verteilen will.
„Bunt statt braun”, „Dortmund bleibt der Regenbogen des Ruhrgebiets”, „Nazis essen heimlich Döner”, „Nazis haben kurze Beine” – mit selbstgestalteten Plakaten und Bannern versammeln sich – auf freiwilliger Basis – zur vierten Stunde die Schüler aller Stufen mit ihren Lehrern auf dem Schulhof, um von dort aus mit zwei starken Armen das Gebäude zu umschließen. Dann stehen sie, Hand in Hand, das Gesicht nach außen gewandt – ein überzeugendes Bild von Zusammenhalt.
„Wir schaffen einen Gesprächsimpuls”
Da macht es nicht viel, dass vereinzelte Schüler sich an der Kette nicht beteiligen: „Was soll das bringen?” mault ein 17-Jähriger, und ein weiterer, weiß noch nicht mal, warum er sich nicht beteiligt. „Du musst doch eine Meinung haben!?” fordern Mitschüler ihren Kollegen zur Stellungnahme auf. Und der fängt an, zu überlegen. Sinn der symbolischen Menschenkette, findet Stufenleiter Anselm Derkmann. „Wir erwarten nicht, dass sich hierdurch etwas fundamental ändert, aber wir schaffen einen Gesprächsimpuls”, hin zu einer eigenen Identität. „Jeder, der sich für Demokratie engagiert, muss damit rechnen, angefeindet zu werden – und wenn man sich nicht mehr traut, Dinge öffentlich auszusprechen, beginnt Zustimmung”, sieht Derkmann in ausdrücklicher Vertretung für das gesamte Kollegium die Pflicht, weiterzumachen.
Quelle: WR vom 16.12.09