Subkultur: Protestler feierten am Hafen Dortmund Piratenparty
Ostersamstag feierten 300 Menschen am Dortmunder Hafen eine Party in einem leerstehenden Gebäude. Unbemerkt von der Polizei, konnten die jungen Leute DJ-Pulte, Tische und Anlagen im offenen und verwahrlosten Gebäude aufbauen. Mit der Party wollten sie auf Missstände hinweisen.
In vielen Städten finden verstärkt sogenannte Piratenpartys in leerstehenden Gebäuden statt und seien Ausdruck einer Bewegung, die sich Freiräume erschließen will. Vor allem in Dortmund, so kritisieren die Organisatoren der Party in einer Pressemitteilung, gebe es überdurchschnittlich viele verwahrloste Gebäude, die in städtischer Hand liegen. Und dennoch werde es sozialen und kulturellen Initiativen unmöglich gemacht, Nutzungsrechte für eines der unzähligen leerstehende Gebäude zu erhalten. Dies ist auch der Hintergrund der Oster-Party in dem leer stehenden Gebäude der Deutschen Bahn in der Nähe des Dortmunder Hafens.
Bereits seit drei Jahren fordere der AK-Freiraum (eine Freirauminitiative aus Dortmund) ein selbstverwaltetes Zentrum und stößt laut eigener Aussage nach wie vor auf taube Ohren. Stattdessen, so der Vorwurf, sehe die Stadt zu, wie hinter der Fassade einer angeblichen Kulturhauptstadt soziale und kulturelle Verwahrlosung oder rechtsextreme Gewalt zunehme. Daher brauche es einen Raum, um alternative Kultur in Dortmund zu festigen, heißt es in einem Schreiben.
Ziele
Die Gruppe Ak-Freiraum hat sich zum Ziel gesetzt, in Dortmund ein selbstverwaltetes, soziokulturelles Zentrum zu gründen. Um sich zu vernetzen, organisiert die Initiative in der Universität Dortmund regelmäßige Politcafés und veranstaltet in geeigneten leerstehenden Gebäuden Konzerte, Workshops und Partys.
Besonders Dortmund sei hinsichtlich des (sub)kulturellen Angebots eher provinziell ausgestattet. Macht- und ratlos sehe die Stadt dabei zu, wie Kunst und Kultur woanders stattfinde und stattdessen die rechte und rechts-offene Szene das Stadtbild mitbestimme. "Die Medien berichten von der Plage erlebnisorientierte Jugendliche und irgendwo wird ein Schild Kulturhauptstadt 2010 angebracht", heißt es in einem Leitfaden der Initiative.
"Kulturelles Angebot fehlt"
In der Stadt fehle es vielen Menschen an Partizipation, besonders an den meisten Jugendlichen gehe das kulturelle Angebot gänzlich vorbei. Neben den ökonomischen Barrieren ("3 Euro für eine Cola in der Disko muss man sich erst einmal leisten können") sei dies vor allem ein Problem des Angebots: Vieles, was sich außerhalb des Rahmens der Clubs oder Kneipen bewege, finde in Dortmund kaum statt.
Die Gruppe Ak-Freiraum glaubt, dass das Mitmach-Prinzip eines selbstverwalteten Zentrums dem entgegen wirken kann. Sogenannte erlebnisorientierte Jugendliche fänden damit einen Raum, um sich zu entfalten, sich aus eigenem Interesse heraus politisch zu bilden und um Kunst und Kultur zu schaffen. Eine lebendige Subkultur sei für die Attraktivität einer Stadt, die gerne Kulturhauptstadt sein wolle, unabdingbar.
"Investoren vergrault"
So habe beispielsweise die Hafenregion bisher noch jeden Investoren vergrault. Und die heraufbeschworene „lebhafte Partyszene Dortmunds“ bleibe weiterhin ein Mythos der Medien und Pressesprecher. Die Kassen der Stadt seien auch nicht annähernd ausreichend gefüllt, um ein derart brachliegendes Gebiet gewinnbringend nutzbar zu machen. Die Initiative hingegen benötige lediglich ein Gebäude, um damit beginnen zu können, die Hafengegend zu beleben.
Zudem glaubt die Gruppe, dass es in Dortmund dringend an der Zeit sei, eine Subkultur zu stärken, die einem rechts- offenem Stadtbild etwas entgegensetzen könne. Zu lange habe die Stadt bereits dabei zugesehen, wie die rechte Szene ein immer wichtiger werdende Anlaufstelle für Jugendliche werde. Rechte Gewalt treffe dabei nicht mehr ausschließlich Migranten, oder Linksextreme, sondern wirke bis in die „bürgerliche Mitte“ hinein.
Politische Aufklärung
Ak-Freiraum möchte einen Raum gestalten, in dem politisch aufgeklärt und diskutiert wird, Zukunftsperspektiven und Visionen entstehen, und damit eine Anlaufstelle entsteht, die Jugendlichen ein attraktives Angebot abseits von rechten Hetzern bietet.
Es sei an der Zeit, sich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen und Unterstützung einzufordern. Zum Auftakt dieser Öffentlichkeitskampagne wurde am Samstag im Anschluss der jährlichen Thomas-Schulz-Gedenkdemo in dem leerstehenden Gebäude in der Hafenregion eine „Freiraumparty“ veranstaltet. Zugleich kündigt die Gruppe an, dass weitere folgen werden. Solange die Initiative kein Nutzungsrecht auf eines der zahlreichen leerstehenden Gebäude dieser Stadt erhalte, werde sie "die Innenstadt zu unserem Freiraum erklären. Wir werden wohl ab und zu auf die Einkaufsmeile zurückgreifen müssen, um politische Vorträge, Konzerte oder einfach ein nettes Beisammensein bei Tisch zu veranstalten."
Neben ihren Forderungen bietet die Gruppe Ak-Freiraum an, kreativ ihre Arbeitskraft zu investieren, um Dortmund aktiv mitzugestalten und ungenutzten Raum neu zu beleben.
Quelle: Der Westen vom 05.04.10