Verbände gründen „Netzwerk für eine Rente, die zum Leben reicht“
Ein „Netzwerk für eine Rente, die zum Leben reicht“ haben mehrere Institutionen gegründet um die wachsende Armut in Dortmund zu bekämpfen. Und es war höchste Zeit - das machten die Beteiligten anhand erschreckender Beispiele klar.
Wer mit offenen Augen durch die Innenstadt geht, kann sie nicht mehr übersehen: Die vielen Bettler, alte Männer und Frauen, die in Abfallkörben nach Brauchbarem suchen. Der soziale Wandel unserer Gesellschaft ist längst im Stadtbild angekommen.
Weitaus größer jedoch ist die Zahl der versteckten Armen. Ihnen will ein neu gegründetes Netzwerk aus DGB-Gewerkschaften, Katholischer Arbeitnehmerbewegung, Arbeiterwohlfahrt, Sozialverband, Mieterverein, und Seniorenbeirat der Stadt eine Stimme geben, im „Netzwerk für eine Rente, die zum Leben reicht.“ Das wird sie künftig nämlich bei den wenigsten.
Jeder vierte Erwerbstätige arbeitet im Niedriglohnsektor
„Schon jeder vierte Erwerbstätige arbeitet im Niedriglohnsektor, verdient also unter 1000 Euro. Immer mehr Arbeitsverhältnisse heute sind sozialversicherungstechnisch nicht abgesichert, und die hohe Arbeitslosigkeit ist trotz konjunkturell guter Lage in den letzten Jahren nicht signifikant abgebaut worden“, warnt DGB-Chef Eberhard Weber.
Ein Drittel der Rentner liege an der Schwelle zur Grundsicherung, wenn jetzt nicht gegengesteuert werde, so Weber. Bei Frauen beträgt die Grenze knapp unter 700 Euro, bei Männern um die 1000 Euro.
Aus Scham nicht zum Sozialamt gegangen
Die Witwe, deren Tochter sich schwere Sorgen machte und deshalb im KAB-Regionalbüro anfragte, muss mit deutlich weniger auskommen: 450 Euro Rente, dazu 40.000 Euro Ererbtes von ihrem Mann, der vor zwölf Jahren (!) verstorben war. Bis auf einen winzigen Rest hatte sie ihr Erbe aufgebraucht, aus Scham war sie nicht zum Sozialamt gegangen, um ihre Ansprüche auf Grundsicherung geltend zu machen.
Offenbar ein Massen-Fall: Rolf Wiegang (IG Metall) berichtet von Witwen aus dem Dortmunder Nordosten. Deren Männer, einst Hoeschianer, bekamen 1000/1100 € Rente. 55 Prozent Witwenrente lässt die Frauen nun nicht länger in ihren angestammten Wohnungen leben. Etliche müssen Putzen gehen, noch mit 70, und andere Nebenjobs annehmen.
Info: Das neue Netzwerk schlägt Alarm auf dem Aktionstag am Freitag (24.4.), 13-17 Uhr auf dem Reinoldikirchplatz. Zentrale Forderung: Kompletter Rentenumbau, u. a. mit Erwerbstätigenversicherung. Viele Aktionen sind geplant.
Quelle: RN vom 21.04.09