Aplerbeck erinnert mit Straßennamen an Widerstandskämpfer
-Anton Kalt ist nicht dabei: Ein Kommunist als Bürgermeister. Friedrich Möllenhoff, ehemaliger Verwaltungsstellenleiter, war ein mutiger Mann. Eine Straße wurde ihm gewidmet, dem Helden von Aplerbeck, der vor 65 Jahren beim Einmarsch der Amerikaner die weiße Fahne auf dem Amtshaus hisste und den Menschen im Dorf so Haus, Hof und Leben rettete.
Und auch nach dem ehemaligen Diakon Wilhelm Koch, wegen seiner unerschrockenen Haltung in der NS-Zeit mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, ist eine Straße benannt. Viele weitere Aplerbecker Widerstandskämpfer reihen sich ein in die Liste der Straßennamen. Nur ein Mann fehlt, der es ebenfalls verdient hätte, dass die Menschen in Aplerbeck sich auf diese Weise an ihn erinnern können: Anton Kalt. Doch der war Kommunist und ist als solcher wohl bis heute kein „politisch korrekter” Kandidat für einen Straßennamen.
Der Bergmann und spätere Autor Kalt kämpfte Zeit seines Lebens für seine Überzeugung. Er hat im KZ Esterwegen gesessen, auch in der Steinwache, ist – ebenso wie sein Bruder Hans – von den Nazis immer wieder schikaniert und geschlagen worden. Schon im Alter von 16 Jahren nahm er 1920 als Meldereiter für die Rote Armee am Ruhraufstand teil. Und er war Mitbegründer der KPD in Aplerbeck. Eine Partei, die auch nach dem Krieg nicht wohlgelitten war.
Der ehemalige Kirchenmeister Möllenhoff dagegen war Christ. Kurz nachdem Möllenhoff am 12. April 1945 um 16.15 Uhr das Kapitulationszeichen am Amtshaus flattern ließ, wurde die weiße Fahne auch am Turm der großen Kirche an der Märtmannstraße gehisst. Ein Werk Anton Kalts, dem es gelang, gemeinsam mit Dietrich Hauser den Küster dazu zu überreden. Schon am Tag zuvor hatte er mit Freunden Sprengladungen an den Eisenbahnbrücken (Wittbräucker Straße, Schweizer Allee, Kluse) entfernt, die von einer SS-Batterie dort angebracht worden waren. Die Brücken sollten zerstört werden, um den Amerikanern den Einmarsch zu erschweren.
Den Helden der „Stunde Null” drohte damals die Todesstrafe. Doch selbst Möllenhoff blieb standhaft: „Nach meiner Meinung kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Stadtteil Aplerbeck und die nächste Umgebung dem Erdboden gleichgemacht worden wären, wenn das Hissen der weißen Fahne unterblieben wäre”, stellt Möllenhoff in seinem Bericht im Anschluss klar.
Zeitzeuge und Heimatforscher Wolfgang Noczynski erinnert sich mit Schrecken an die Granaten und Bomben, die vorher Teile des Ortskerns zerstörten: „Vor Karstadt am Markt hatten viele Bürger aus Aplerbeck, Schüren und Hörde nach Kerzen angestanden, als die Einschläge erfolgten. 30 Personen fanden den Tod. Eine noch größere Anzahl wurde verletzt”.
Doch die Amerikaner machten nicht Möllenhoff, sondern Anton Kalt im April 1945 zum „Oberbürgermeister von Aplerbeck”. Denn er war es, der den US-Kommandanten Kelly davon überzeugt hatte, dass in Aplerbeck kein Widerstand geleistet werde. Das Amt behielt Kalt indes nicht lange. Anfang Juli 1945 wurde er – wahrscheinlich in einem Schlag mit allen verbliebenen Bürgermeistern – von den Engländern verhaftet und für 14 Tage ins Gefängnis gebracht. Anton Kalt, der mit dem Maler und ebenfalls überzeugten KPD-Mitglied Hans Tombrock eng befreundet war, beteiligte sich nach dem Krieg mit am Wiederaufbau der KPD in Dortmund. Als Autor machte er sich unter anderem einen Namen mit dem „Hasenkuckuck – Schelmengeschichten vom Haarstrang”. Er brachte es trotz seiner Gesinnung auch beruflich weit. 1948 übernahm er die Leitung des städtischen Fuhrparks. Anton Kalt, geboren am 6. September 1903, starb 1975. Zwar erinnert kein Straßenname an diesen mutigen Mann, aber sein Leben ist immerhin in vielen Büchern und Chroniken nachzulesen.
Quelle: WR vom 07.04.10