Arbeitsgelegenheit – Arbeiten ohne Wert?
Vorenthaltener Lohn und Zweckentfremdung öffentlicher Mittel: Eine Analyse der beim "Konzern Stadt Dortmund" eingerichteten Arbeitsgelegenheiten
von Wolfgang Richter
Dortmund war als Standort der Montanindustrie eine der am stärksten durch den klassischen Fordismus geprägten Städte in der Bundesrepublik gewesen. Dazu hatte alles gehört, was in diesem Kontext politisch prägend war. Das unhinterfragt präsente Politikmodell der Moderne, die in der Stadt herrschende Sozialdemokratie im Konsens mit den Gewerkschaften, die wiederum im historischen Kompromiss mit "ihren" Großunternehmen, der bornierte Glaube an ein Wachstum ohne Ende, das rigide Geschlechterverhältnis, das System der "Versorgung' – die gesellschaftliche Reproduktion. Der Oberbürgermeister war früher wie selbstverständlich Mitarbeiter des größten Unternehmens in der Stadt gewesen und repräsentierte diesen schon bemerkbar kollabierenden Fordismus als betriebliches und gesellschaftliches Projekt schließlich ohne wirkliche Perspektive. Entsprechend langwierig und zugleich dramatisch hatte sich das Sterben der großen Industrie für die Stadt und ihre Menschen gestaltet.
Die "heimliche Hauptstadt der (alten) Sozialdemokratie" sollte nun umgehend als Modell für einen erfolgreichen Strukturwandel im Ruhrgebiet entwickelt werden. Es war politisches Selbstverständnis geworden, dass der nur im neoliberalen Modell zu machen sei. Hier erhielt er den Namen "dortmund-project". "Das Zukunftspaket. Dortmunds Sprung in die Informations- und Wissensgesellschaft" sollte private Investitionen ohne Ende mobilisieren. Es war eine schöne, aber fundamentlose Vision, die Dortmund in zehn Jahren als strahlende Superstadt darstellte, Seite an Seite mit den mächtigsten Wirtschaftsstandorten und den lebendigsten Metropolen in Europa. Fast aus dem Nichts sollte Dortmund zum führenden Standort für die Wachstumsbranchen der Zukunft werden. McKinsey hatte Pate gestanden.i
Dazu war der volle Einsatz des neoliberalen Instrumentariums erforderlich, der deregulierte Standortwettbewerb, das hemmungslose Privatisieren des Öffentlichen, das Subventionieren jeder privaten Regung, das Befreien der Flächennutzung von Eingrenzungen, das Polarisieren in Reich und Arm, das Abschütteln sozialer Fragen – das ganze Register. Es wurde ohne Rücksichten eingesetzt, Erfolge aber blieben rar. In dieser Strategie war das System gesellschaftlicher Reproduktion in der bisherigen Form nicht mehr enthalten, sondern es "musste" mit Blick auf die unterschiedlichen Interessen und Handlungsmöglichkeiten der Stadtbewohner/innen neu strukturiert werden.
Die Stadt ist so ein ideales Pflaster für das Einüben der neuen Arbeits- und Dienstverhältnisse geworden. Der jetzige Oberbürgermeister, Dr. Gerhard Langemeyer, SPD, erklärt neoliberaler Politik- und Stadtmanager, hatte schon während der Entwicklung des Hartz-IV-Gesetzes den Genossen in Berlin öffentlich Zustimmung zugesichert. Damit werde den finanziell ausblutenden Kommunen endlich eine Möglichkeit gegeben, die maroden Haushalte zu entlasten. Er werde zugreifen: "Dortmund wird Hartz IV "im Schweinsgalopp" umsetzen!"
Es gab dafür auch schon ein passendes Projekt. Im Ergebnis des industriellen Rückzugs waren immense Industrieflächen leer zu räumen und neu zu widmen. Auf dem Gelände des Stahlwerks "Phönix" in Dortmund-Hörde sollte ein See entstehen, eine schöne Naturwelt für die neuen glücklichen Menschen in den hochdotierten Tätigkeiten der glänzenden „E-Zukunft“ der Stadt. Dazu ein Park als Verbindung zu den Grünzügen der bürgerlichen Wohngebiete im Süden der Stadt. Da würden Arbeitsgelegenheiten wie aus dem Bilderbuch entstehen – "im öffentlichen Interesse", wer wolle das bestreiten, "zusätzlich", denn ohne dieses Kostensparen könne das Projekt nicht verwirklicht werden, und "qualifizierend", Arbeiten in und mit der Natur bildet von allein aus.ii
Das Arbeiten für Wege-, Park-, Friedhofsbau und –pflege blieb einige Zeit die erste Priorität bei der Suche nach Arbeitsgelegenheiten, nicht erstaunlich angesichts der offenbar historisch unbelasteten Rückgriffe des Neoliberalismus auf Brüning und Nachfolger. Erst mit der Zeit wurde der ganze Kanon der Arbeiten und Dienstleistungen wiederentdeckt, den heute die kommunalen und "wohlfahrtsverpflichteten" Träger wie selbstverständlich auch in Arbeitsgelegenheiten erledigen lassen.
Vorenthaltener Lohn und Zweckentfremdung öffentlicher Mittel:
Eine Analyse der beim "Konzern Stadt Dortmund" eingerichteten Arbeitsgelegenheiten
Auf Anfrage des "Linken Bündnis Dortmund - parteilose Linke, DKP und SDAJ" bilanzierte der Oberbürgermeister detailliert die Einrichtung von Arbeitsgelegenheiten beim Konzern Stadt Dortmund .iii Damit wurden erstmals einer begrenzten Öffentlichkeit Fakten aus einem eher verschwiegen funktionierenden Bereich der Lohnarbeitsverhältnisse beim Konzern zugänglich gemacht. Die Vorgabe des Gesetzes lautet: In Arbeitsgelegenheiten arbeiten die Menschen nicht gegen Lohn, sondern ihnen wird zum Arbeitslosengeld II eine Mehraufwandsentschädigung gewährt – der im Volksmund inzwischen sprichwörtliche eine Euro pro Stunde, der auch eineinhalb betragen kann.iv
Die so geleistete Arbeit ist nach Auffassung des Oberbürgermeisters und Chefs der Stadtverwaltung nichts wert. Auf die Fragen: "Welche Werte wurden und werden in den Arbeitsgelegenheiten nach Hartz IV geschaffen? In welchen Positionen des Haushalts – oder eines Schattenhaushalts - werden sie als Einnahmen, Wertzuwächse oder Überschüsse verbucht? Wie werden diese Zugewinne verwendet? Ist beabsichtigt, sie an die beteiligten 1-Euro-Jobber auszuzahlen?" antwortete er: "Zielsetzung bei der Durchführung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung ist es nicht, bestimmte Werte, Wertzuwächse, Einnahmen oder Überschüsse zu erzielen. Vielmehr sollen im Sinne des § 16 Abs. 3 SGB-II die Beschäftigungsfähigkeit und Motivation von Maßnahmeteilnehmern erhalten und schrittweise die individuelle Belastbarkeit und Arbeitsfähigkeit erhöht werden. Zudem soll insbesondere die soziale Integration gefördert und die Heranführung von Langzeitarbeitslosen an den allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden." Auf Nachfrage erläuterte er, dass in den Arbeitsgelegenheiten in seinem Verantwortungsbereich keine Werte geschaffen würden und diese deshalb auch nicht bezifferbar seien!
Nach dieser Aussage arbeiten die im Juni 2005 im "Konzern Stadt Dortmund" verzeichneten 863 Menschen in Arbeitsgelegenheiten (nach der gesetzlichen Vorgabe maximal 30 Stunden abzüglich Qualifizierungsmaßnahmen) ohne jedes erkennbare, quantifizierbare und bewertbare Arbeitsergebnis. Dies offenbart massive Widersprüche zur Systematik und zu den Grundlagen und Zielen des Gesetzes und seinen Ausführungsrichtlinien: Hier wird ausnahmslos von "Arbeiten" gesprochen - "im öffentlichen Interesse", "zusätzlich", "qualifizierend" und erforderlich "für die Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt". Arbeiten ohne etwas zu schaffen, kann keinem dieser Ansprüche genügen.
Im Gegenteil muss angenommen werden, dass solches Arbeiten ohne erkennbaren, quantifizierbaren und bewertbaren Sinn im Verständnis des kapitalistisch organisierten Arbeitsmarkts all denjenigen psychisch schweren Schaden zufügt, die in Langzeitarbeitslosigkeit bereits gesellschaftlich diskriminiert sind.v Dieses Manko wird auch nicht dadurch aufgehoben, dass die herrschende Ideologie dem Arbeiten in Arbeitsgelegenheiten in aller Regel sehr schöne und wichtige immaterielle Werte zuspricht. Dies verweist auf einen Kontext, der Frauen wohlbekannt ist: unbezahlte Hausarbeit in der Familie galt schon immer als "Arbeit aus Liebe" und wurde damit moralisch so überhöht, dass ihre materielle Seite verdrängt werden konnte. Im Kern geht es nun auch bei der gesellschaftlichen Reproduktion außerhalb der Familie darum, die hier in großem Umfang erforderliche Arbeit außerhalb des direkten Lohnarbeitsverhältnisses einzuüben - nicht entlohnt, ohne Beiträge zur Sozialversicherung, ohne Sozialprestige und berufliche Perspektive – und sie auf lange Sicht unter Bedingungen der Mehraufwandsentschädigung durchzusetzen.
In dieser Skizze soll nur die unmittelbar materielle Seite des Arbeitens in Arbeitsgelegenheiten untersucht werden – welche Finanzumschläge erfolgen, welche Arbeitsergebnisse werden produziert und was geschieht mit erzieltem Mehrwert? Deshalb wird hier darauf verzichtet, die Dialektik zwischen Arbeitsgelegenheit im gesetzlich geforderten "öffentlichen Interesse" und systematisch betriebener Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Daseinsvorsorge zu behandeln. Auch die Dialektik zwischen gesetzlich geforderter "Zusätzlichkeit" und systematisch hergestellter Defizite im Volumen der Beschäftigung soll hier nicht diskutiert werden. Und schließlich soll auch der Widerspruch zwischen gesetzlich geforderter "Qualifizierung" für den allgemeinen Arbeitsmarkt in diesen Arbeitsgelegenheiten und offenkundiger Unfähigkeit des Systems, dies zu realisieren, hier nicht vertieft werden.
Im Gegensatz zu der Aussage des Dortmunder Oberbürgermeisters wird in den Arbeitsgelegenheiten real gearbeitet und selbstverständlich wird das Arbeitsergebnis verwertet. Hier soll auf zwei Aspekte aufmerksam gemacht werden:
- Die Arbeitsergebnisse:
Es ist sicher nicht zu hoch angesetzt, wenn als nicht gezahlter Lohn - für das Arbeiten in Schulen und Kitas, im Tief- und Grünbau, in der Stadtreinigung und in Stadtämtern, im Klinikum und in Seniorenheimen - generalisierend eingesetzt wird, was dem Lohn einer Hauswirtschafter/in entspricht. In der für die Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes ermittelten und für volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen benutzten Position "Hauswirtschafter/in" wurden zuletzt für 2001 abgerundet 7 Euro netto/Stunde ausgewiesen, brutto mehr als das Doppelte.vi Für die Berechnung des Werts der hier geleisteten Arbeit soll im weiteren der Nettolohn benutzt werden. (Wer in der Berechnung den Bruttolohn als korrekten Wert benutzen will, kann das nachfolgende Ergebnis einfach verdoppeln).
Bei Benutzung des Nettolohns als Berechnungsgrundlage stellt sich im ersten Halbjahr 2005 eine Lohnsumme von ca. 3,1 Millionen Euro dar, die die in den Gelegenheiten Arbeitenden wertmäßig eingebracht haben und die vom Konzern vereinnahmt wurden. Vereinfachend sind für die Berechnung bei den 863 eingerichteten Plätzen durchschnittlich 20 Stunden/Woche in 26 Wochen und 7 Euro/Stunde angesetzt worden. In der Erfassung des Arbeitsergebnisses wird auf alle Wertsteigerungen verzichtet, die über die verausgabte Arbeit im Arbeitsergebnis und in seiner weiteren Verwertung realisiert werden. Berücksichtigt wird auch nicht das Einsparen tariflich geregelter Arbeit in den Einsatzgebieten der Arbeitsgelegenheiten. Da Mehraufwandsentschädigung und symbolischer Minibeitrag zur Sozialversicherung aus Mitteln der ARGE übernommen werden und damit die Arbeitsleistung der Dienstverpflichteten kostenlos bereitgestellt wird, kann der "Konzern Stadt Dortmund" aus den Arbeitsergebnissen in Arbeitsgelegenheiten also aufs Jahr 2005 hochgerechnet mehr als 6 Millionen Euro Gewinn verbuchen. Sie werden im Haushalt der Stadt offiziell nicht vereinnahmt und ausgewiesen. Wo bleiben sie? - Die Träger
von Arbeitsgelegenheiten – hier der "Konzern Stadt Dortmund" – erhalten je eingerichtete Gelegenheit monatlich 500 Euro von der ARGE. Davon werden durchschnittlich 200 Euro für die Mehraufwandsentschädigung eingesetzt - den bekannten einen oder eineinhalben Euro pro Stunde. Neben diesen lediglich durchlaufenden Mitteln verbleiben damit 300 Euro beim Träger. Diese Mittel sollen nach der Vorgabe des Gesetzes "für Qualifizierungsmaßnahmen und für Verwaltungsaufgaben" eingesetzt werden. Hierzu sagte der Dortmunder OB am 30. Juni im Rat der Stadt: "Bis Mitte Juni 2005 sind im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten Qualifizierungsaufwendungen von insgesamt ca. 60 T€ angefallen. Die Aufwendungen für Verwaltungsaufgaben und sonstige Aufwendungen können in der Gesamtheit noch nicht genau beziffert werden. Für die Dortmunder Dienste GmbH gilt, dass sie derzeit ihre Infrastruktur nach dem zu erwartenden künftigen Maßnahmeumfang der 'Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung' ausrichtet und die von der Arbeitsgemeinschaft im JobCenter Dortmund finanzierte Trägerpauschale zur Deckung ihrer künftigen Aufwendungen heranzieht und diese Trägerpauschale zur Finanzierung sonstiger Sachaufwendungen ausschöpft."vii
Der "Konzern Stadt Dortmund" hat im ersten Halbjahr 2005 für Qualifizierungsmaßnahmen und für Verwaltungsaufgaben ca. 1,5 Millionen Euro aus dem Bundeshaushalt erhalten, sofern die 863 Arbeitsgelegenheiten in den 6 Monaten voll ausgeschöpft wurden. Davon sind lediglich 60.000 Euro für Qualifizierungsmaßnahmen ausgegeben worden – das sind ganze 11,50 Euro pro Arbeitsgelegenheit und Monat! Diese Zahl lässt vermuten, dass der Konzern nur den niedrigsten Standard der gesetzlichen Vorgabe ausfüllt – Qualifizierung "im praktischen Bereich durch 'Training-on-the-job'". Es ist noch nicht untersucht, wie unterqualifiziert dieses Angebot für die oft ja bereits beruflich, zuweilen sogar mehrfach qualifizierten Menschen in Arbeitsgelegenheiten ist und wie dequalifizierend es sich für sie auswirkt.viii Die gesetzlich geforderte "individuelle Verbesserung des Zugangs zum allgemeinen Arbeitsmarkt" kann auf diese Weise jedenfalls nicht hergestellt werden. Eher scheint mit dem Einrichten der Arbeitsgelegenheiten generell die Absicht verbunden, herabstufende Zugänge zu Niedrigstlohnsektoren des Arbeitsmarkts ohne existenzsicherndes Einkommen zu öffnen und einzuüben.
Dem "Konzern Stadt Dortmund" verbleiben also aufs Jahr hochgerechnet ca. 3 Millionen Euro – wo bleiben sie? Der Oberbürgermeister weiß es: ".. die Dortmunder Dienste GmbH zieht die Trägerpauschale zur Deckung ihrer künftigen Aufwendungen heran und schöpft sie zur Finanzierung sonstiger Sachaufwendungen aus". Offenbar bleibt einiges "kleben". Das ist schlicht gesetzwidrig, weil die auf die konkreten Arbeitsgelegenheiten bezogene öffentliche Leistung nicht für die Förderung der in ihr dienstverpflichteten Menschen verwendet, sondern zweckentfremdet wird – für Sonstiges und für Künftiges. Dies ist auch nach bürgerlichem Gesetzbuch unzulässig – für "ungerechtfertigte Bereicherung" (§§ 812 ff BGB) dürfen die Arbeitsgelegenheiten nicht herhalten. Sie liegt schon dann vor, wenn "nur die Mehraufwandsentschädigung gezahlt wird".ix
Die "Dortmunder Dienste GmbH" – zur Zeit wird die Gesellschaft, die die Arbeitsgelegenheiten für den Konzern managt, noch als Betrieb im "Konzern Stadt Dortmund" geführt – kann also mit ca. 3 Millionen Euro jährliche Einnahmen rechnen, sofern die Zahl der Arbeitsgelegenheiten etwa gleich bleibt. Die Absicht, diese Zahl radikal zu erhöhen, ist allerdings bereits angekündigt. 2005 werden diese Mittel statt zur Förderung der Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsgelegenheiten rechtswidrig zum Aufbau und zur Entwicklung der Gesellschaft benutzt, deren geplante Herauslösung aus dem "Konzern Stadt Dortmund" bereits öffentlich diskutiert wird. Eine schöne Abfederung für ihre Privatisierung.
Nachsätze
- Eigentlich hatte der "Konzern Stadt Dortmund" 1500 Arbeitsgelegenheiten einrichten wollen – das hätte fast eine Verdoppelung der verschwiegenen Einnahmen ergeben können. Dass bisher
nur
863 eingerichtet werden konnten, muss so gesehen ein schmerzhafter Verlust für den Stadtkämmerer und für den Geschäftsführer der "Dortmunder Dienste GmbH" sein. Der "Schweinsgalopp" des Oberbürgermeisters hat so nicht stattgefunden, aber es ist klarer geworden, warum er ihn hatte haben wollen. - Bei 863 Menschen in Arbeitsgelegenheiten beim "Konzern Stadt Dortmund" sind gerade 24 "in den allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. in Weiterbildungsmaßnahmen eingemündet".x Diese Quote wäre auch ganz ohne die Förderung erreicht worden, deren gesetzliche Zielvorgabe unübersehbar nicht erfüllt wird. Das Ergebnis rechtfertigt das Einrichten der Arbeitsgelegenheiten nicht. Als erkennbarer Zweck verbleiben materielle Entlastung und Bereicherung der Trägerin und ihrer geschäftsführenden "Dienste GmbH". In dieser Zielprojektion spielt der langzeitarbeitslose Mensch nur eine kalkulatorische Rolle.
- Die noch amtierende Bundesregierung hat die Bedingungen für Arbeitsgelegenheiten noch einmal ausgeweitet und eingeengt. Ausgeweitet auf den Personenkreis der über 58jährigen Langzeitarbeitslosen, denen in 50.000 einzurichtenden Arbeitsgelegenheiten maximal drei Jahre Gelegenheit zu arbeiten eingeräumt werden soll. Eingeengt auf 300 Euro Bundesmittel je Fall und Monat, maximal 150 Euro Mehraufwandsentschädigung für die Arbeitenden und nur noch 150 Euro für die kommunalen und "gemeinnützigen" Träger.xi Den Trägern wird nicht mehr zugemutet, etwas Kostenträchtiges für die Arbeitsgelegenheiten zu tun und die Qualifizierung kann hier entfallen, weil ein Transfer in den allgemeinen Arbeitsmarkt entgegen den gesetzlichen Vorgaben gar nicht mehr angestrebt wird. Dies zeigt die Richtung an.
Bei der "Verschlankung" öffentlicher Aufgabenerfüllung geht es nun nicht länger nur um die gewohnte Deregulierung als Privatisierung renditeträchtiger Bereiche, sondern als neue Qualität um die ordnungspolitische Regulierung der verbleibenden nicht hinreichend profitablen aber unverzichtbaren gesellschaftlichen Erfordernisse.
Fußnoten:
i) Vgl. Wolfgang Richter: Das "dortmund-project", in Werner Rügemer (Hrsg.): Die Berater, Bielefeld 2004
ii) Vgl. Wolfgang Richter: "Phoenix" – einst ein Name für Kohle und Stahl – heute eine Name für das Wässern und Fluten von Erinnerungen, in AMOS, kritische Blätter aus dem Ruhrgebiet, 3-2004
iii) Vgl. Protokoll der Sitzung des Stadtrats am 30.06.2005, Beantwortung von Anfragen, in: www.dortmund.de und kritisch kommentiert in: Linkes Bündnis Dortmund – Parteilose Linke, DKP und SDAJ (Hrsg.): Informationen und Positionen 07.05, Dortmund 2005, auch in: www.linkes-buendnis-dortmund.de
iv) Alle Textauszüge aus dem Sozialgesetzbuch II nach AG TuWas (Hrsg.): Leitfaden Alg II/Sozialhilfe, Frankfurt/Main 2005, Seite 20 ff., auch in: www.agtuwas.de
v) Vgl. Gisela Mohr, Universität Leipzig: Ein-Euro-Jobs und andere Aushilfsarbeiten rauben Arbeitslosen mehr Selbstbewusstsein als sie geben, vgl. www.heute.de
vi) Statistisches Bundesamt und BMFSFJ (Hrsg.): Wo bleibt die Zeit? Die Zeitverwendung der Bevölkerung in Deutschland 2001/2002, Wiesbaden 2003, Seite 11 ff. und in: www.destatis.de
vii) Vgl. Fußnote 1
viii) Vgl. Fußnote 3
ix) Vgl. Bertram Zwanziger: Rechtliche Rahmenbedingungen für "Ein-Euro-Jobs" in: Arbeit und Recht 1/2005, auch in: www.tacheles.de
x) Vgl. Fußnote 1
xi) Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit: Bund-Länder-Initiative zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit Älterer durch Förderung von bis zu dreijährigen Zusatzjobs, Juli 2005