Bürgerversammlung: Schlagabtausch um Saufraum
Der "Saufraum" in der Nordstadt bleibt umstritten. Betreutes Saufen hilft auch nicht weiter", musste sich Grünen-Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz bei einer Bürgerkonferenz anhören.
Die Initiative „Erlebenswertes Leben in der Nordstadt" will nach eigenen Angaben das Image des Stadtteils und des Nordmarktes mit „kompetentem Management” verbessern. Am Samstagnachmittag sollte in der Eagle Church in der Bornstraße ein Nutzungskonzept vorgestellt werden, bei der hierfür organisierten Bürgerkonferenz geriet jedoch einiges aus dem Ruder.
Zur Konferenz hatten sich etwa 70 Bürger eingefunden, darunter auch OB-Kandidat Joachim Pohlmann. Berthold Ebbing, Mitglied der Initiative, betonte bei der Begrüßung den Willen der Gruppe, für die nach eigenen Angaben etwa 30 Personen tätig sind, den Nordmarkt attraktiver zu gestalten. Konkrete Pläne blieben jedoch aus, da das entsprechende Powerpoint-Konzept nicht gezeigt werden konnte.
Ebbing wiederholte den Vorschlag, Prostituierte dazu anzuhalten, „erst am Arbeitsplatz ihre Arbeitskleidung an- und abzulegen", um Minderjährige zu schützen (WR berichtete). Andrea Hitzke, stellvertretende Leiterin der „Mitternachtsmission", wandte ein, dass keine entsprechenden Container zur Verfügung stünden und die Frauen aus Angst vor Diebstahl nicht viel mit sich tragen könnten. Grundsätzlich könne man aber versuchen, den Prostituierten die Ängste der Bürger nahe zu bringen.
Dann kam Ebbing auf den geplanten „Saufraum" zu sprechen. Während seine klare Ablehnung des Trinkraums für Alkoholiker noch auf Zustimmung stieß, löste seine Erklärung für die Situation am Nordmarkt - „Im Ruhrgebiet wird man schon mit ner Bierflasche groß" - heftiges Unverständnis aus. Ebbing nahm die Formulierung zurück, bekräftigte aber, dass man aus dem Nordmarkt einen Platz für alle Bürger machen müsse, der nicht nur „von Drogenabhängigen, Prostituierten und osteuropäischen Arbeitstouristen" genutzt werde.
Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz (Grüne) versuchte das Konzept des Trinkraums zu erläutern: „Das ist kein Saufraum, sondern ein komplexes Hilfsmittel, um Leute von der Straße zu holen.” Nach zwei Minuten wurde ihm das Mikrofon jedoch wieder entzogen. Stadtbezirksvorsitzende Marita Hetmeier (SPD) kritisierte diese Handlung der Organisatoren, machte jedoch deutlich, dass sie „betreutes Saufen nicht als Lösung" ansehe. Hierauf entstand wieder eine hitzige Diskussion. „Ihr wollt jeden, der euch nicht passt, vom Markt schmeißen”, so ein Besucher Richtung Ebbing und Erich Matzmohr, Gründer der Initiative. Andere Anwohner plädierten für ein strikteres Trinkverbot in direkter Nähe zu Schulen und Spielplätzen. Die häufig ausfallenden Mikrofone für die Sprechenden taten ihr Übriges zur gereizten Stimmung. So ging die Veranstaltung denn auch ohne Konsens, aber mit einem Hinweis auf eine weitere Bürgerkonferenz am 20. Februar auseinander. „Sehr konstruktiv war das leider nicht, wir haben uns nur gegenseitig die Schuld für Probleme zugeschoben”, konstatierte Ebbing. Man sei sich aber sicher, jene Bürger, die man erreichen wolle, angesprochen zu haben.
Quelle: WR vom 17.01.10