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DGB-Zug-Teilnehmer erheben schwere Vorwürfe gegen Polizei

Schwere Vorwürfe gegen die Polizei erheben zwei Teilnehmer der DGB-Kundgebung am 1. Mai, die gestern im Rahmen einer Pressekonferenz der Partei „Die Linken” von Übergriffen der Einsatzkräfte gegen sie berichteten.

Einer der beiden will von Polizisten auf den Boden gedrückt und mit Fußtritten gegen den Kopf traktiert worden sein. Der Mann gab an, dass er anschließend auf die Polizeiwache im Hauptbahnhof gebracht und dort von Beamten beleidigt worden sei. Gegen ihn werde jetzt wegen schwerem Landfriedensbruch ermittelt, obwohl er den DGB-Zug nur vor den Neonazis habe schützen wollen. Tatsächlich zeigt Filmmaterial, das der WDR in Ausschnitten gesendet hat und der WAZ vorliegt, einen auf dem Boden liegenden Demonstranten, der von einem Polizisten in blauer Uniform getreten wird.

Der andere der beiden Betroffenen, die aus Angst vor weiteren Übergriffen der Neonazis namentlich nicht genannt werden wollen, erzählt, Polizeibeamte hätten ihn regelrecht zusammengeschlagen. In einem weiteren Fall habe ein Polizist Pfefferspray in das Gesicht einer Kundgebungsteilnehmerin gesprüht. „Unser Anwalt bereitet bereits eine Klage wegen Körperverletztung und Strafvereitelung im Amt vor”, so der "Linke"-OB-Kandidat Helmut Manz, ebenfalls Zeuge der Ausschreitungen am 1. Mai. Es könne nicht angehen, dass friedliche Kundgebungsteilnehmer, die sich mutig gegen die Rechtsradikalen gestellt hätten, auch um Frauen und Kinder zu schützen, nun ihrerseits belangt würden.

Die beiden Betroffenen berichten außerdem von einer Atmosphäre der Angst des nur wenige Augenblicke dauernden Überfalls der Rechten auf das Zug-Ende. Die herannahenden Neonazis seien von den Teilnehmern zunächst für linke Autonome gehalten worden, die sich der Kundgebung anschließen wollten. „Doch dann warfen die plötzlich Steine, Flaschen und Knallkörper auf uns”, berichtet einer der Männer. Man habe die Neonazis selbst in die Flucht geschlagen. Erst dann sei die Polizei gekommen.

Quelle: WAZ vom 14.05.09

Rat verabschiedet Resolution gegen Rechts

"Wie die Schweinegrippe"

Die Neonazi-Randale am 1. Mai lässt die sonst so lustvoll streitenden Dortmunder Kommunalpolitiker mit einer Stimme sprechen: Erstmals in seiner Geschichte verabschiedete das Stadtparlament am Donnerstag eine von allen Fraktionen getragene Resolution gegen Rechts.

Das zuvor von Oberbürgermeister und Frakionsspitzen beschlossene Papier (WAZ berichtete) ächtet die Übergriffe der Neonazis auf den DGB-Zug und dankt den Polizeibeamten, die „ohne Rücksicht auf ihre eigene Unversehrtheit dazu beigetragen haben, dass nichts Schlimmeres passiert ist”. Außerdem fordert der Rat den Polizeipräsidenten dringend auf, die geplante Neonazi-Demo am 5. September zu verbieten.

Nur die drei Vertreter der rechtspopulistischen DVU stimmten gegen das Papier - was den parteilosen Ratsherrn Detlef Münch, der ebenfalls für die Resolution votierte, zu einem derzeit naheliegenden Vergleich animierte: „Lasst uns die DVU im Rat so isolieren wie die Schweinegrippe.” Bis auf das danach ausbrechende Gezänk der DVU verlief die Debatte über Ursachen und Folgen der 1.Mai-Krawalle harmonisch. Alle Parteien waren sichtbar bemüht, jegliche Kontroverse darüber zu vermeiden. DGB-Chef Eberhard Weber und Polizeipräsident Hans Schulze - ihre Anwesenheit stellte ebenfalls eine Premiere im Dortmunder Rat dar - ließen die Ereignisse am Tag der Arbeit noch einmal Revue passieren. Weber erneuerte seine Kritik an Polizeiführung und NRW-Innenminister. Deren Einschätzung der Sicherheitslage sei naiv und dilletantisch gewesen. Schulze nannte es „müßig darüber zu spekulieren”, was man hätte vorhersehen können. Mit Blick auf die Verbotsforderung für den 5. September sagte der Polizeipräsident, das aggressive Verhalten am 1. Mai werde bei künftigen Versammlungen der Neonazis „angemessene Berücksichtigung” finden. Vor Pressevertretern sagte Schulze später, er sei zuversichtlich, den Aufmarsch gerichtsfest zu verbieten. Eine Rücktrittsforderung gegenüber Schulze sprach nur Linken-Fraktionschef Wolfgang Stamnitz aus: Es stelle sich die Frage nach der Eignung des Polizeipräsidenten.

Der Grüne Mario Krüger forderte ein Verbot des 5. Septembers als zwar „notwendiges Signal”, appellierte aber auch an die Zivilcourage aller Dortmunder: „In Mainz haben sich 3000 Bürger friedlich gegen eine Rechten-Demo gewehrt. Das ist mehr wert als alle Verbote."

Quelle: WAZ vom 14.05.09


Debatte im Rat: Polizeichef will rechte Demo verbieten

Der Angriff von Neonazis auf die Teilnehmer der Mai-Kundgebung soll keine Wiederholung finden:

Wie Polizeipräsident Hans Schulze gestern erklärte, sei er „zuversichtlich”, den für den 5. September geplanten Aufmarsch der Neonazis „gerichtsfest zu verbieten.” Sein Argumentationshebel: die „neue Qualität” der Übergriffe Rechtsextremer, die erstmals Gewalt gegen friedliche Demonstranten angewandt hätten. Er wolle warten, bis die Gerichte die Täter verurteilt hätten, „denn es müssen Straftaten vorliegen, wenn das Verbot wirksam sein soll”. Danach werde er entscheiden. Während der Ratssitzung hatte er den Vorwurf von DGB-Chef Eberhard Weber hören müssen, die „Sicherheitslage so dilettantisch wie naiv eingeschätzt zu haben”.

DGB-Chef nahm kein Blatt vor den Mund

DGB-Chef Eberhard Weber nahm kein Blatt vor den Mund. Sachlich, aber mit hochrotem Kopf, ließ er „die in dieser Republik einzigartigen Ereignisse” des 1. Mai Revue passieren. Schilderte, wie er die Polizei tags zuvor über einen Internet-Aufruf der rechten Szene zu „kreativen Aktionen” informiert habe - und donnerte Polizeipräsident Hans Schulze ins Ohr: „Die Polizeiführung hat die Sicherheitslage falsch eingeschätzt.”

Rechte Szene ständig gewachsen

Die rechte Szene in Dortmund sei ständig gewachsen. Einschüchterungsversuche, Schmierereien, Angriff auf Lokale und jetzt auf Gewerkschafter: „Sie sind in unseren Alltag eingedrungen.” Das Problem sei trotz vieler Warnungen „offensichtlich zu lange verharmlost worden.” Die Polizei sei bislang nicht in der Lage gewesen, die Szene in Dortmund und der Region offenzulegen. Genau das erwartet Weber aber für die Zukunft - und einen NRW-Innenminister Ingo Wolf (FDP), der nicht pauschal den Polizeieinsatz am 1. Mai lobt, „sondern differenziert vorgeht”, so der DGB-Boss mit Fingerzeig auf die anfangs zu kleine Zahl von Beamten, die sich in kurzärmeligen Hemden und ohne Schutz gegen die Rechten stemmten, bis Verstärkung kam.

Der mehrfach gescholtene Polizeipräsident (PP) Schulze räumte ein, man habe einen „ruhigen und friedlichen Veranstaltungstag” erwartet. Das änderte sich spätestens, als die Horde, Polizisten angreifend, vom Bahnhof zum Platz der Alten Synagoge trampelte, dem Versammlungsort der Maifeier. Als Schulze anmerkte, es sei müßig zu spekulieren, ob man den Aufmarsch hätte vorhersehen können, war auch dem Letzten im Ratssaal klar: Diese Diskussion will der PP vom Tisch haben. Dafür sprach er von „neuen Erkenntnissen”, die er gewonnnen habe - die eklatante Gewalt der Rechten. Das ist jene „neue Qualität”, mit der Schulze ein Verbot für den Aufmarsch am 5. September begründen will.

Resolution verabschiedet

Selbst auf die Gefahr, dass die Gerichte das Verbot kippen - „so viel Mut, ein Verbot auszusprechen, muss sein”, forderte Norbert Schilff (SPD). Dortmund sei zum Aufmarschgebiet junger Menschen geworden, die bildungsfern seien, keine Perspektive hätten und durch das Land gekarrt würden. In Dortmund dürfe es keinen Platz für Extremismus geben, wandte sich CDU-Fraktionschef Frank Hengstenberg gegen „rechte” und „linke Gewalt”. Die Resolution, die später (mit Ausnahme der DVU) geschlossen verabschiedet wurde, sei ein Signal - auch für die Gerichte. Grünen-Fraktionschef Mario Krüger regte im Falle eines Aufmarsches im September an, die Bürger mögen sich den Nazis wie in Mainz kraftvoll entgegenstemmen. Wolf Stamnitz (Linke) nannte die Resolution gegen Rechts ein ermutigendes Signal. Die Forderung nach einem Rücktritt des PP mochte er nicht wiederholen. Nur indirekt: „Ein Polizeipräsident, der sich überrumpeln lässt, hat die Frage nach seiner Eignung schon beantworten.

Quelle: WR vom 14.05.09

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