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JobCenterARGE Dortmund erhält Zuschlag für Bürgerarbeit

Die JobCenterARGE Dortmund konnte in Berlin mit dem Konzept zur Bürgerarbeit überzeugen. Lohn des Erfolgs: In den nächsten drei Jahren können bis zu 15,5 Millionen € zusätzliche Fördermittel nach Dortmund kommen.

„Dieser Erfolg ist auf die hervorragende Zusammenarbeit zwischen Stadt, Arbeitsagentur, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Personalrat zurückzuführen. Alle diese Institutionen haben die JobCenterARGE bei der Antragstellung unterstützt und waren vom Konzept überzeugt" so Ullrich Sierau, Oberbürgermeister der Stadt Dortmund. „Für mich gibt es zweierlei Gründe, sich über diesen Erfolg zu freuen: zum einen fließen bis zu 15,5 Millionen EURO zusätzliche Mittel nach Dortmund, zum anderen bedeutet Bürgerarbeit für die teilnehmenden Menschen drei Jahre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und somit Stabilität, Zukunftssicherung und mehr Lebensqualität."

Frank Neukirchen-Füsers, Geschäftsführer der JobCenterARGE Dortmund, benennt weitere positive Faktoren der Bürgerarbeit: „Schon jetzt ist klar, dass in den kommenden Jahren die Bundesmittel für aktive Arbeitsmarktpolitik zurückgefahren werden. Umso wichtiger ist es jetzt, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, den finanziellen Spielraum nach oben zu erweitern."

Bis zu 400 Stellen werden in der Bürgerarbeit ab 01. Februar 2011 zur Verfügung stehen. Bis dahin wird die JobCenterARGE Dortmund alle Bemühungen daran setzen, die für das Projekt in Frage kommenden ca. 1.200 Langzeitarbeitslosen durch engmaschige Beratung und Unterstützung in den Arbeitsmarkt zu integrieren.

Die Menschen, die auch nach intensivsten Bemühungen keine Stelle finden konnten, münden dann in die Bürgerarbeitsplätze ein. Projektpartner ist dabei die Stadt Dortmund, die die Bürgerarbeitsplätze an unterschiedlichen Stellen bereit stellt. Vorgesehen sind z.B. die Bereiche Schulhausmeister, Park-Ranger, Ordnungs- und Präsenzdienste und hauswirtschaftliche Hilfen in Kindertageseinrichtungen. Die Entlohnung erfolgt nach dem TVÖD, Arbeitgeber ist die Stadt Dortmund.

Die Bürgerarbeit selbst bietet neben einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis zusätzlich den attraktiven Bonus eines begleitenden Coachings. Der Jobcoach hilft bei individuellen Problemlagen, aber auch bei weiteren Bewerbungsaktivitäten.

„Die Teilhabe am Erwerbsleben wird das Selbstwertgefühl und die Motivation der Menschen in der Bürgerarbeit deutlich stärken" ist sich Frank Neukirchen-Füsers sicher.

Als Zielgruppe hat die JobCenterARGE die Gruppe der über vierzigjährigen Kunden ausgemacht, die mindestens 36 Monate arbeitslos sind. Diese werden in Kürze gezielt von den Arbeitsvermittlern angesprochen.

Quelle: Presseinformation der Arge Dortmund vom 16.07.10

Anmerkung der sofodo-Webredaktion:

Dass in den 3 Jahren keine Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt werden, verschweigt die Arge. Langzeitarbeitslose werden für 3 Jahre zur sog. Bürgerarbeit gezwungen um anschließend wieder Hartz-IV beantragen zu müssen.

 

Bürgerarbeit soll das Ende von Hartz IV besiegeln

Die Linkspartei nennt es „Zwangsarbeit zu Niedriglöhnen“. Arbeitsministerin von der Leyen dagegen will Bürgerarbeit nutzen, um Langzeitarbeitslosen wieder zu einem Job zu verhelfen. Gelsenkirchen und Dortmund greifen das Angebot begierig auf.

Im März hatte NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft schon einmal einen Vorstoß gewagt: Sie wollte Langzeitarbeitslosen gemeinnützige Arbeiten anbieten – „freiwillig, dauerhaft, sozialversicherungspflichtig und oberhalb von Ein-Euro-Jobs bezahlt“. Der Aufschrei war groß, der ehemalige Ministerpräsident Jürgen Rüttgers nannte den Vorschlag gar „zynisch“. Der Arbeitsminister von Sachsen-Anhalt empfahl das in seinem Land praktizierte Modell der Bürgerarbeit, bei dem niemand auf Dauer abgeschrieben werde. Davon ist anscheinend auch Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen überzeugt und hat das Modell nun auf die gesamte Republik ausgeweitet. Ab kommendem Januar sollen deutschlandweit etwa 34.000 Langzeitarbeitslose gemeinnützige Bürgerarbeit leisten.

Gelsenkirchen und Dortmund sind zwei Städte aus Nordrhein-Westfalen, deren Argen (Arbeitsgemeinschaften) sich in Berlin für das Modellprojekt beworben – und den Zuschlag bekommen haben. „Für mich gibt es zweierlei Gründe, sich über diesen Erfolg zu freuen: Zum einen fließen bis zu 15,5 Millionen Euro zusätzliche Mittel nach Dortmund, zum anderen bedeutet Bürgerarbeit für die teilnehmenden Menschen drei Jahre sozialversicherungspflichtige Beschäftigung und somit Stabilität, Zukunftssicherung und mehr Lebensqualität“, sagt der Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau.

400 Stellen in Dortmund, 150 in Gelsenkirchen

Bis zu 400 Bürgerarbeits-Stellen werden in Dortmund ab 1. Februar 2011 zur Verfügung stehen, in Gelsenkirchen sind es etwa 150. Doch profitieren können noch mehr Arbeitslosengeld-II-Empfänger. Denn vor der Bürgerarbeit steht erst einmal eine sechsmonatige Aktivierungsphase. Dazu spricht die JobCenterARGE Dortmund 1200 ihrer Kunden an, vorrangig Arbeitslose über 40 ohne Berufsabschluss. Das Integrationscenter für Arbeit Gelsenkirchen konzentriert sich auf 1000 Kunden, die alleinerziehend sind oder schon mehrfach erfolglos an Qualifikationsmaßnahmen teilgenommen haben.

„Mit ihnen werden wir ab sofort sehr genau gucken, wie wir sie im nächsten halben Jahr im regulären Arbeitsmarkt unterbringen können“ sagt der Geschäftsführer der Arge Gelsenkirchen, Reiner Lipka. „Das ist das vorrangige Ziel.“ Durch die Fördermittel aus Berlin werde eine intensivere Betreuung möglich. Scheitere die Jobsuche an fehlenden Qualifikationen oder persönlichen Defiziten, starte eine gezielte Förderung – zum Beispiel bei Computerkenntnissen, Sprachkompetenz oder auch dem äußeren Erscheinungsbild.

„Und erst wenn das alles nicht fruchtet, beginnt die Bürgerarbeit“, sagt Lipka. In Dortmund wie in Gelsenkirchen scheint aber noch nicht klar zu sein, nach welchen Kriterien die Teilnehmer ausgewählt werden, falls nach der Aktivierung mehr Bewerber als Bürgerarbeitsplätze vorhanden sind. Und auf die Frage, warum denn erst solch ein Modellprojekt den Anstoß zu einer engmaschigen Betreuung von Langzeitarbeitslosen gibt, antwortet Lipka: „In Gelsenkirchen haben wir 32.000 Menschen, die Arbeitslosengeld II beziehen – dagegen aber nur 120 persönliche Ansprechpartner. Der Betreuungsschlüssel ist einfach schlecht.“

Wie die Bürgerarbeit aussehen kann

Laub sammeln, Heimbewohnern Geschichten vorlesen, Essensausgabe bei Mittagstischen für Bedürftige – das alles können Aufgaben für die Bürgerarbeit ab dem kommenden Jahr sein. In Gelsenkirchen gehört auch der Quartiersservice dazu. „Wir haben Stadtteile, in denen viele alte Menschen ohne Auto leben. Dort können die Teilnehmer diese zu Arztbesuchen begleiten, Rezepte einlösen oder auch mal bei einem überfluteten Keller helfen“, sagt Lipka. „So erhöhen wir die Lebensqualität der alten Menschen und stärken gleichzeitig das Selbstwertgefühl der Teilnehmer.“ Wichtig sei dabei nur, dass die Bürgerarbeiten gemeinnützig seien und keine regulären Jobs gefährdeten oder gar vernichteten.

Wer trotz Aufforderung der Arge nicht mitmacht, dem droht die Kürzung seines Arbeitslosengeldes II. Die Linke kritisierte deshalb schon, mithilfe der Bürgerarbeit könne „jeder Erwerbslose erpresst werden, gegen seinen Willen nahezu in Vollzeit, unabhängig von der Qualifikation für seine bloße Existenz zu schuften“. Eine Kritik, die Reiner Lipka so nicht stehen lassen will. „Es gibt einfach Menschen, die sich anstrengen und trotzdem den strengen Anforderungen des Arbeitsmarktes nicht gerecht werden. Das Ganze wird noch dadurch erschwert, dass es trotz anziehender Konjunktur zu wenige Arbeitsplätze gibt.“

20 bis 30 Stunden in der Woche sollen die Teilnehmer gemeinnützig arbeiten – und das über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren. Während der Bürgerarbeit werden sie von einem sogenannten Job-Trainer begleitet, der unter anderem bei Problemen am Arbeitsplatz hilft oder Tipps zu erneuten Bewerbungen gibt. Denn ein Gefängnis soll die Bürgerarbeit nicht werden. „Der Teilnehmer kann jederzeit aus der Bürgerarbeit in einen regulären Job wechseln“, sagt Christian Scherney, Sprecher der Arge Dortmund. „Vor allem dann, wenn sich die persönlichen Voraussetzungen verbessert haben und er sich zum Beispiel wieder an einen geregelten Tagesablauf gewöhnt oder neue Qualifikationen erworben hat.“ Scheidet ein Teilnehmer aus dem Modellprojekt aus, kann ein anderer nachrücken.

Teilnehmer sollen von Hartz IV unabhängig werden

1080 Euro fließen pro Monat und Teilnehmer vom Arbeitsministerium in Richtung Arbeitgeber. In Dortmund ist es die Stadt, die die Bürgerarbeit anbietet. In Gelsenkirchen stellen karitative Einrichtungen die Teilnehmer ein, weil die Stadt wegen eines Einstellungs-Stopps die Aufgabe nicht selbst übernehmen darf. Bezahlt werden die Langzeitarbeitslosen in Dortmund nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, in Gelsenkirchen hängt der Lohn vom Träger ab. Ist dieser an Tarif- oder Mindestlöhne gebunden, müssen diese auch gezahlt werden – so sieht es das Modellprojekt vor. Ansonsten sei der Verdienst nicht vorgeschrieben, sagt Lipka.

Allerdings schießt die Stadt Gelsenkirchen an die Adresse des Arbeitgebers noch einmal 250 Euro dazu. Das ist das Geld, das die Stadt für Miete und Heizkosten der dann ehemaligen Hartz-IV-Empfänger spart, sobald die Bürgerarbeit beginnt. „Ziel ist es, dass die Teilnehmer durch ihre Bürgerarbeit soviel verdienen, dass sie eben nicht mehr auf Hartz IV angewiesen sind“, sagt Lipka.

Ob das speziell bei Familien klappt, weiß der Chef der Gelsenkirchener Arge allerdings noch nicht. Deshalb nimmt er diese besonders in den Blick. Wenn Vater und Mutter schon lange arbeitslos seien, bringe es nichts, nur einem eine Stelle zu vermitteln. „Wir müssen gucken, ob wir den anderen Familienmitgliedern zumindest Zusatzjobs anbieten können“, sagt Lipka. „Und wir müssen wahrscheinlich auch bei der Entwicklung einer neuen Tagesstruktur behilflich sein.“ Das könne heißen, gemeinsam zu klären, wann die Familie aufsteht, wer die Kinder zu Schule bringt oder dass der 19-Jährige ab 16 Uhr nicht an den Computer darf, weil der Vater nach seiner Fortbildung dort seine Hausaufgaben machen muss. „Und manchmal muss man ans überkommene Rollenverständnis“, sagt Lipka. „Wenn die Mutter arbeiten geht und der arbeitslose Vater auf dem Auto besteht, müssen wir auch das wieder gerade rücken.“


Bürgerarbeit und Ein-Euro-Jobs

Was sind die Unterschiede zwischen Bürgerarbeit und Ein-Euro-Jobs? Ein-Euro-Jobber erhalten keinen eigenen Lohn, stattdessen wird das Arbeitslosengeld II plus eine Aufwandsentschädigung von ein bis zwei Euro pro Stunde gezahlt. Teilnehmer am Modellprojekt Bürgerarbeit können bis zu drei Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden, während der Ein-Euro-Job in der Regel nach sechs Monaten wieder endet. Darüber hinaus werden beim Ein-Euro-Job keine Beiträge in die Sozialkassen fällig, ebenso wenig müssen die Hartz-IV-Empfänger - anders als bei der Bürgerarbeit - einen Arbeitsvertrag unterschreiben.

Quelle: Der Westen vom 21.07.2010

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