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Nordstadt: Der Saufraum kommt

Der erste Saufraum in Dortmund ist beschlossene Sache. Eine Jamaika-Mehrheit aus CDU, Grünen und FDP/Bürgerliste im Rat segnete am späten Donnerstagabend den zweijährigen Modellversuch ab. Der Trinkertreff soll Alkoholiker von Straßen und Plätzen holen, vor allem rund um den Nordmarkt.

Noch einmal versuchte die SPD, das Projekt zu kippen, zumindest zu schieben. Ordnungspolitisch liege man nicht weit auseinander, sagte Dirk Goosmann, sozial- und gesundheitspolitisch dagegen sehr. „Damit organisieren wir Verelendung”, mahnte Dr. Marita Hetmeier. Alkoholiker, die zum Entzug ins Krankenhaus kämen, könnten danach doch nicht wieder in den Saufraum geschickt werden. Geplante Betreuungsangebote dort seien zum Scheitern verurteilt. „Eine Schuldnerberatung mit 2,4 Promille ist nicht sinnvoll”, so Hetmeier.

Die CDU wollte nicht aufs Neue diskutieren. „Ich möchte heute abgestimmt wissen”, sagte Christiane Krause, ordnungspolitische Sprecherin. Es sei „schon so viel Geld und Kraft investiert worden” – jetzt brauche die Nordstadt „neue Lösungsansätze”. Die Aufgabe: „Das Kieler Modell nicht übernehmen, sondern auf Dortmund zuzuschneiden.”

Spielplatz Nordmarkt vom Tisch

Chancenlos blieb der SPD-Antrag, den Nordmarkt zum Spielplatz umzuwidmen. „Das macht wenig Sinn”, befand Dr. Thomas Reinbold von der Bürgerliste. Dann zögen Alkoholiker eben eine Straße weiter. „Da haben wir sie lieber im Trinkraum.” Und überhaupt: „Man kann nicht aus der ganzen Nordstadt einen Spielplatz machen”, so Krause.

Bemerkenswert: 24 Stunden vor dem Ratsvotum hatte die SPD in der Bezirksvertretung Innenstadt-Nord den Spielplatz-Antrag zurückgezogen – mit der Begründung, man habe „noch Beratungsbedarf”. Zugleich folgte die BV einstimmig dem Grünen-Antrag, einen Vertreter der Träger des Kieler Saufraums zur Berichterstattung einzuladen.

Gleich am Montag will Dezernent Wilhelm Steitz einen Termin vereinbaren. Jetzt gelte es, Zielgruppe und Ausstattung des Saufraums zu definieren. „Wir müssen die Schwerpunkte bestimmen und festlegen, wie viel oder wenig Hilfe, wie viel oder wenig Ordnung in das Konzept soll.” Anschließend könne man das Projekt ausschreiben. „Dann werden wir sehen, ob ein Träger Interesse zeigt”, so Steitz. Für den Fall, das keiner aufspringe, relativiert er das Kostengespenst. Der Trinkertreff benötige „einen Bruchteil dessen, was wir in den Drogenkonsumraum stecken”.

"Die Leute mitnehmen"

Bei der Standortsuche kündigt Steitz eine breite Bürgerbeteiligung an. „Wir müssen die Leute mitnehmen, die von der Einrichtung profitieren sollen. Sie muss akzeptiert sein. Wenn alle darauf warten, dass es scheitert, hat das Projekt keine Chance.”

Quelle: WR vom 19.02.10

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