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Parteien sehen Dortmunds Nordstadt am Abgrund

Gewalt, Drogen, Prostitution auf dem wohl größten Straßenstrich Westdeutschlands, 4000 Osteuropäer, die teils unter grausigen Verhältnissen hausen – Dortmunds Parteien sehen den Problemstadtteil Nordstadt am Abgrund

4000 Bulgaren und Rumänen leben teils in unbeschreiblichen Verhältnissen in der Nordstadt und versuchen – wie auch immer – ein paar Euros zu ergattern. Ein ganzer Stadtteil, der „Westdeutschlands größten Straßenstrich“ beherberge, stehe unmittelbar am Abgrund. Und Dortmunds Ordnungsdezernent sehe praktisch tatenlos zu. Das wirft die SPD Nord Wilhelm Steitz vor und fordert dessen Rücktritt.

Angst der Menschen, Ohnmacht der Behörden

Auch Dortmunds CDU Nord ist der Meinung, dass die Stadt ihren Norden aufgegeben habe. Die 68-jährige CDU-Nordstadt-Ikone Gerda Horitzky hatte öffentlich erklärt: „Zum ersten Mal in meinem Leben spüre ich Angst.“ Sie meinte die Angst vor Gestalten aus Osteuropa, vor der Beschaffungskriminalität, aber auch vor der Ohnmacht der Behörden.

Die Reviere würden zwischen Hafen und Borsigplatz unter bulgarischen Banden-Chefs abgesteckt, teils mit offener Gewalt, Schießereien und Messerstecherei. Drogengeschäfte fänden unter freiem Himmel am Schleswiger Platz statt, ohne dass die Polizei dies unterbinde. Leidtragende seien die Bewohner, die sich um ihre Kinder sorgen müssten, wenn Abhängige ihre Spritzen gleich am Schulspielplatz zurücklassen. Die SPD findet, dass der Ordnungsdezernent nicht die geeigneten Antworten auf die großen Herausforderungen parat hält.

Stadtbezirksvorsitzende Marita Hetmeier: „Mit Gästen geht er (Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz, Anm. d. Redaktion) gerne auf den Nordmarkt. Hier teilt er den überraschten Zuhörern mit, dass man gegen den Daueraufenthalt von ca. 60 bis 130 Menschen, die dort täglich Alkohol trinken, nichts tun kann.“ Gleichzeitig werde den Anwohnern die Gelegenheit zum Aufenthalt und den Gewerbetreibenden ihre Existenzgrundlage entzogen.

Steitz „kapituliert vor Auswüchsen der Kriminalität“

Wilhelm Steitz kapituliere vor den Auswüchsen der Kriminalität - ganz besonders gelte das für den Schleswiger Platz, der nach Ansicht der CDU und SPD regelrecht am Abgrund steht. Wenn 15 bis 20 Osteuropäer in einer Wohnung hausten, seien Ordnungsamt und Polizei machtlos, habe Steitz erklärt. Bislang wirkungslos seien auch die Maßnahmen gegenüber dem „Schwarzarbeiterstrich“ an der Mallinckrodtstraße, so Hetmeier, wie auch gegen den illegalen Autohandel dort.

Die Rezepte des grünen Ordnungsdezernenten gingen eindeutig in die falsche Richtung. Weder eine Steuer für die Prostitution, 6sechs Euro pro Tag, („Bockgebühr“, so die SPD), noch ein Sauffraum, noch der jetzt gewünschte Druckraum für vielleicht 1000 Heroinabhängige, die in der Nordstadt leben, seien geeignete Mittel, um das Problem in den Griff zu bekommen, so Marita Hetmeier.

„Wir brauchen in der Nordstadt Ordnungspolitiker“

Die SPD Nord fordert deshalb den Rücktritt von Steitz, „der nur Ruinen baut“. Die Interessen der Nordstadt-Bewohner seien lange genug verhöhnt worden. Hetmeier sehr deutlich: „Wir brauchen in der Nordstadt Ordnungspolitiker, die mit den vorhandenen Gesetzen konsequent den nötigen Verfolgungsdruck erzeugen.“

Quelle: Der Westen vom 30.08.10

Reaktionen auf Druckraum-Vorschlag

Die Forderung der Nordstadt-SPD nach Rücktritt von Ordnungsdezernent Wilhelm Steitz (Grüne) wegen der anhaltenden Probleme mit der Drogen-, Alkohol- und Schwarzarbeiter-Szene in der Nordstadt bleibt nicht ohne Antwort.

Damit habe sich die Nordstadt-SPD aus jeder ernstzunehmenden Debatte über die Zukunft der Nordstadt verabschiedet, meinen die Grünen im Rat.

„Nicht die inhaltliche Auseinandersetzung mit den Problemen, die es zweifellos in der Nordstadt gibt, und die sachliche Diskussion von Lösungsvorschlägen treibt die SPD um, sondern ein hilfloses Umsichschlagen, das die eigene Konzeptionslosigkeit nicht verschleiern kann“, stellt Fraktionssprecher Mario Krüger fest.

Verantwortung auch für die Nordstadt

„Die Probleme der Nordstadt sind nicht erst in der Amtszeit von Herrn Steitz entstanden und man fragt sich schon, was denn eigentlich in den 40 Jahren passiert ist, als die SPD die alleinige Verantwortung auch für die Nordstadt hatte?“

Für die Grünen stehe die Frage im Vordergrund, was der Nordstadt und den dort lebenden Menschen helfe. Dabei dürfe es keine Denkverbote geben, stellt Krüger mit Blick auf den von Steitz ins Gespräch gebrachten Drogenkonsumraum speziell für Drogensüchtige aus der Nordstadt fest.

Krüger: „Gefragt ist vielmehr eine sachliche Auseinandersetzung mit allen Betroffenen. Die Nordstadt-SPD ist dazu anscheinend derzeit nicht in der Lage.“ Auf eine sachliche Diskussion will sich indes die Fraktion FDP/Bürgerliste einlassen. Sie spricht sich gegen einen von Steitz vorgeschlagenen zweiten Drogenkonsumraum in der Nordstadt aus.

Verbesserung der Lebensumstände

Das würde die bisherigen Versuche einer Verbesserung der Lebensumstände konterkarieren und die Drogenkriminalität fördern. „Wir befürworten ein Vorgehen nach dem Grundsatz von Zuckerbrot und Peitsche durch repressive Tätigkeiten von Polizei und Ordnungsamt bei gleichzeitiger Nutzung von Beratungs- und Hilfsangeboten“, betont Ratsmitglied Kay-Christopher Becker (FDP).

Quelle: RN vom 01.09.2010

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