Pflegerin verklagt Seniorenheime
Angelika Vogel, jene Altenpflegerin, die im März über Missstände im städtischen Seniorenheim "Weiße Taube" öffentlich berichtet hatte und daraufhin die Kündigung erhielt, klagt gegen die städtische Seniorenheime gGmbH.
Dass es sich bei den Ausführungen Angelika Vogels nicht um die Hirngespinste einer überlasteten examinierten Pflegekraft handelt, machten die Reaktionen deutlich. Angehörige meldeten sich zu Wort, bestätigten die Vorwürfe der menschenverachtenden Verhältnisse in dem Heim, "keine Zuwendung für die Bewohner, kaum Essen". Auch Pflegekräfte wollten nicht schweigen. Mit dem Hinweis, sich nicht öffentlich äußern zu dürfen, weil sonst der Arbeitsplatz gefährdet sei, bekräftigten sie die Schilderungen über "zurückgehaltene Medikamente", über "durchnässte Betten" und über den allgemeinen Leistungsdruck. Und lobten Angelika Vogel für "ihren Mut".
Dass die städtische Heimaufsicht bei der Kontrolle des Städtischen Seniorenheims zum Schluss kam, alles sei richtig gelaufen, wunderte Vogel und viele Leser nicht. "Stadt überprüft Stadt. Da steht das Ergebnis fest", so der Tenor. Gestern sollte der Fall im Sozialausschuss behandelt werden. Und wurde kurzerhand in den nicht öffentlichen Teil verbannt.
Echt frech!
Die städtische Seniorenheime gGmbH und ihre Einrichtung "Weiße Taube" sollten gestern den Sozialausschuss beschäftigen. Martin Kaiser, Geschäftsführer der Seniorenheime, sollte den Mitgliedern und der Öffentlichkeit Rede und Antwort stehen. ...
... Zu heiklen Fragen. Zu Vorwürfen, bei denen es um Menschenwürde, halt- oder unhaltbare Pflegezustände geht.
Doch dazu kam es nicht. Denn trotz aller Nickeligkeiten, die die Fraktionen unter- und gegeneinander wortreich pflegen, herrschte in diesem Punkt Einigkeit: Das Thema Seniorenheime wurde kurzerhand - nachdem die Sitzung zwei Stunden beinahe inhaltsleer vor sich hingeplätschert war - in den nicht-öffentlichen Teil verbannt.
Dieses Signal ist eindeutig: Man hat etwas zu verbergen. Man mauschelt sich 'was zurecht und ist nicht daran interessiert, die Zustände zu verbessern.
Dieses ist ein Beispiel von vielen. Siehe Jugendhilfe, siehe "Fall Mengede". Stellung zu beziehen, Verantwortung zu übernehmen ist nicht jedermanns Sache. Rückgrat zu beweisen auch nicht. Der "Weißen Taube" hat man jedenfalls einen Bärendienst erwiesen.
Quelle: WR vom 08.04.08