Projekt für Kinder wegen Nazi-Bedrohung
„Die Aggressivität bereitet uns Sorgen“, erklärte Polizeipräsident Hans Schulze mit Blick auf die rechtsextremen Autonomen Nationalisten (AN) in Dorstfeld. Diese hätten die Qualität und Intensität ihrer Arbeit verstärkt. Das Klima von Rechts werde immer schärfer.
Allein im letzten Jahr habe die Polizei zusätzlich 4000 Präsenzstunden geleistet. Nun wolle man parallel zu den repressiven Maßnahmen das Feld der Prävention abdecken - mit dem Projekt „Zivilcourage - stark und selbstbewusst in der Demokratie“.
Im Visier der Polizei Dortmund: die 8. Klassen des Reinoldus-/Schillergymnasiums (RSG), der Wilhelm-Röntgen-Realschule und der Martin-Luther-King-Gesamtschule. Lehrer und Schüler spürten am eigenen Leib, wie ernst und aggressiv die Bedrohung von Rechts ist.
Täglich werden die drei Schulen mit rechter Werbung überschüttet, Mit Schnipseln, auf denen auf rechte Internetseiten hingewiesen wird, mit Aufklebern aus dem rechten Spektrum zugepflastert. „Die stehen in den Pausen vor unserem Schulhof“, ist Ellen Kreis von der Martin-Luther-King-Gesamtschule, einer „Schule ohne Rassismus“, entsetzt. Zu Übergriffen sei es zum Glück bisher nicht gekommen. Es sei perfide, aber das bloße Herumstehen der Rechten stelle schon ein immenses Bedrohungspotenzial dar, eine Art von Einschüchterung gegenüber Lehrern und Schülern. Elternvertreter Volker Kurth (RSG) bringt es auf den Punkt: „Dorstfeld hat sich zu einem Brennpunkt entwickelt. Unsere Kinder werden bedroht.“
„Die sind auch bei uns auf der Schule“
Die 13- bis 15-jährigen Jugendlichen seien besonders leicht anzusprechen, erklärte Carl Kuhlmann (Wilhelm-Röntgen-Realschule). „Wir müssen das Thema bei der Wurzel anfassen, und das ist bei den Kindern. Und die sind bei uns auf der Schule.“ Wer das nicht sehe, der sei blind. Diese Schüler verhielten sich ruhig im Unterricht.
Wie Polizeioberrat Norbert Pöggeler, Leiter des Staatsschutzes, erklärte, wolle man mit den Unterrichtseinheiten das Selbstbewusstsein der Jugendlichen stärken, wolle sie dazu bringen, zum einen zu ihrer Überzeugung zu stehen, zum anderen für Werte einzutreten.
Das geschehe durch ein vierstündiges Zivilcourage-Training sowie durch eine zweistündige Aufklärung über politischen Extremismus. Dabei gebe man den Jugendlichen auch Verhaltensgrundlagen an die Hand, wie sie sich in einer Bedrohungslage verhalten sollen, ohne sich selbst zu gefährden. „Generell ist zu sagen, dass der, der wegsieht, den Täter stärkt“, so Pöggeler. „Wir glauben, dass die Jugendlichen nach den Einheiten besser aufgestellt sind“.
Interessierte Beobachter sind auch die Vertreter der Bezirksregierung aus Arnsberg. Wie Rudolf Hamburger betonte, befürworte man das Projekt nicht nur, sondern unterstütze es auch nachhaltig. „Da brennt es wirklich vor Ort“, so Hamburger. Man werde sehen, ob man auf das Projekt nicht auch an anderen Brennpunkten des Regierungsbezirkes zurückgreife.
Quelle: Der Westen vom 01.07.10